CCS: Hoher Energiebedarf und fragliche Akzeptanz

CO2-Speicher und Abscheideanlage.Foto: Oliver Ristau
Die CO2-Abspeicherung - hier beim Müllkraftwerk Hofor in Kopenhagen - ist enorm energieaufwändig.
In Deutschland sollen Pipelines und Lagerstätten Kohlendioxid aus Carbon Capture and Storage Projekten (CCS) aufnehmen. Doch der Energieaufwand für die Technologie ist enorm, wie ein Besuch in Dänemark zeigt. Deutschlands nördlicher Nachbar ist das erste Land in der EU, das CO2-Speicher erschließt.

Photovoltaik und Windenergie haben erst einmal wenig mit CCS und CO2-Abscheidung zu tun. Im dänischen Aalborg ist das anders. Dort will mit dem Zementwerk der mit zwei Millionen Tonnen im Jahr größte CO2-Einzelemittent in Dänemark Solar- und Windstrom für die Abscheidung des Klimagases aus dem Rauchgas gewinnen. „Wie könnten rund 76.000 Megawattstunden aus geplanten Wind- und PV-Anlagen nutzen“, sagt Sören Lausen, Nachhaltigkeitsmanager von Portland Aalborg. Der hybride Energiepark soll in unmittelbarer Nachbarschaft zum Zementwerk am Limfjord entstehen. Zur Wahrheit gehört aber auch: „Durch die CO2-Abscheidung wird sich der Stromverbrauch des gesamten Zementwerks mindestens verdoppeln“, so Lausen. Der Grünstrom werde kaum die Hälfte des zusätzlichen Bedarfs decken.

Auch wenn Lausen auf ein elektrisches Abscheideverfahren setzt, dessen Details er nicht verraten will. Bei der industriell bisher üblichen Methode, der Aminwäsche, ist der Energiebedarf ebenfalls enorm. Dabei „waschen“ Amine – Derivate des Ammoniaks – das CO2 aus dem Abgas. „Wir müssen mindestens 20 Prozent der erzeugten Energie für die CO2-Abscheidung verwenden“, sagt Jakob Simonsen, Chef der größten Müllverbrennungsanlage in Kopenhagen, die Strom und Wärme aus kommunalen Abfällen erzeugt und vor Ort ein CCS-Pilotprojekt unterhält. Die Kosten für jede Tonne CO2 liegen damit „irgendwo zwischen 100 und 200 Euro“.

Die EU hat im vergangenen Februar mit der Verabschiedung des Net Zero Industry Act den Weg für CCS und die CO2-Abscheidung frei gemacht. Der Begriff CCS (Carbon Capture and Storage) steht für Technologien zum Auffangen und Speichern von Kohlendioxid. Die Gemeinschaft solle bis 2030 in der Lage sein, 50 Millionen Tonnen im Jahr im Erdreich zu speichern. 2050 könnte es laut Brüssel zehnmal so viel sein. Woher die Energie zu Abscheidung herkommen soll, ist aber unklar. Laut dem Thinktank Bellona rechnen die meisten EU-Energieszenarien den CCS-Bedarf bisher nicht ein.

Dänemark will CO2 importieren

Niemand treibt in der EU das Thema so stark voran wie Dänemark. Das Land hat sowohl off- als auch onshore große potentielle Lagerstätten identifiziert: Diese könnten 22 Milliarden Tonnen CO2 aufnehmen, so Dänemarks geologische Gesellschaft GEUS. Zum Vergleich: Deutschland stieß 2023 knapp 675 Millionen Tonnen aus. Dänemark ist auch das erste EU-Land, das 2023 eine Lizenz für ein kommerzielles CCS-Projekt an den Energieversorger Orsted vergeben hat.

Orsted will das CO2 von zwei Biomassekraftwerken, die Stroh und Holzhackschnitzel verbrennen, aus dem Abgas abscheiden und auffangen. Schiffe sollen das verflüssigte CO2 ab 2026 zu einer Lagerstätte in der norwegischen Nordsee transportieren: insgesamt 430.000 Tonnen pro Jahr. Eine Milliarde Euro steuert die Dänische Energieagentur über einen Fonds bei. Außerdem verkauft Orsted die CO2-Emissionen an den Softwarekonzern Microsoft, der sich diese auf seine eigene Klimabilanz anrechnet.

Für Deutschland und andere Nationen möchte sich Dänemark als Exporthub für CO2 empfehlen. Und Deutschland ist interessiert, wie der Besuch einer Delegation von Regierungs- und Wirtschaftsvertretern Ende Juni zeigte.

Ende Mai hatte die Bundesregierung einen Gesetzentwurf für eine Novelle des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes vorgelegt. Das Ziel: die Sektoren zu dekarbonisieren, bei denen CO2 aus Verbrennungsprozessen immanent anfällt wie die Glas-, Zement- und Abfallindustrie. Fossile Kraftwerke und andere Sektoren sollen diese Option aber nicht erhalten.

CCS in Deutschland auch onshore möglich

Zwar will der Bund die Speicherung von CCS auf Bundesgebiet nur offshore erlauben. Aufgrund von Rückmeldungen der Bundesländer habe die Regierung aber entschieden, für diese eine Öffnungsklausel einzuführen, erklärte Beate Baron vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Diese sehe die Option vor, dass die Länder auf eigenen Wunsch Lagerstätten für CO2 an Land erschließen können. Der Zeitraum zur Realisierung von Speichervorhaben dürfte laut Baron sieben bis zehn Jahre betragen.

Das könnte zum Beispiel im Südwesten Deutschlands auf Interesse stoßen. Dort verfolgen Zementproduzenten die Idee einer gemeinsamen CO2-Abscheidung. „Anders schaffen wir keine signifikante Reduzierung des CO2-Ausstoßes“, sagt ein Branchenvertreter. Die Wirtschaft sei neben dem Abtransport per Pipeline auch offen für eine regionale Speicherlösung, heißt es beim Gasnetzbetreiber Bayerngas.

Auch CO2-Pipeline soll kommen

Neben der Speicherung befasst sich die Kabinettsvorlage auch mit der Regulierung für eine CO2-Pipeline, die durch Erleichterungen bei der Genehmigung vorranging behandelt werden soll.

Doch bisher ist völlig offen, wie in Deutschland die Öffentlichkeit auf die CCS-Pläne reagieren wird. Denn noch sind die dort weitgehend unbekannt. In Dänemark zählen Akzeptanzmaßnahmen nach Auskunft des Umweltministeriums zu den „entscheidenden Faktoren“ für die Realisierung von CCS. Das sagt die im Umweltministerium für CCS verantwortliche Katrine Thomsen. So habe die Regierung die lokalen Behörden potentiell geeigneter Regionen im Vorfeld kontaktiert. Fünf Regionen hätten entsprechend Zustimmung signalisiert. „Nur dort treiben wir CCS onshore voran“, versichert Thomsen.

Autor: Oliver Ristau © Solarthemen Media GmbH

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