Fortschritte bei Schlüsseltechnologien für Tiefe Geothermie

Bohranlage für tiefe Geothermie - Bohren ist eine Schlüsseltechnologie für die tiefe Erdwärme.Foto: RGtimeline / stock.adobe.com
Bohrung zur Erschließung von Tiefer Geothermie (Symbolbild)
Die Geothermie hätte das Potenzial, einen wesentlichen Teil der Wärme für Ballungsräume zu liefern. Doch bisher tat sich wenig. Eine Studie von Acatech liefert ein Potenzial-Update und geht dabei auch auf weiterentwickelte Schlüsseltechnologien ein.

Mit dem Titel „Geothermische Technologien in Ballungsräumen: ein Beitrag zur Wärmewende und zum Klimaschutz“ klingt die Studie der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (Acatech) zunächst wenig spektakulär. Viele Inhalte sind lange bekannt: die wesentliche Rolle der Wärmeversorgung für die Energiewende, der geringe Anteil erneuerbarer Wärme, das grundsätzlich hohe Potenzial der Geothermie, Wärme zu stabilen Preisen rund ums Jahr zu liefern. Doch es gibt auch einige Neuigkeiten bei den Schlüsseltechnologien der Geothermie wie Bohren, Wärmepumpen und Informationen über den Untergrund.

Neue Bohrtechniken, neue Wärmepumpen, besserer Zugang zu Daten

Trotz der physikalisch guten Voraussetzungen ist die Rolle der Geothermie für die Wärmeversorgung in Deutschland minimal. Von 800 TWh Niedertemperaturwärme in Deutschland stammen laut der Acatech-Pressemitteilung lediglich 10 TWh aus Geothermie, was noch sehr optimistisch formuliert ist. Denn diese Zahl beinhaltet vor allem großen Anteil oberflächennaher Geothermie. Die tiefe hydrothermale Geothermie lieferte in Deutschland im Jahr 2021 nur etwa 1,4 TWh Wärme, liest man in der Studie. Acatech begründet den bisher geringen Stellenwert der Geothermie mit zu billigen fossilen Brennstoffen, zu wenige Wissen und wenig Akzeptanz für die Eingriffe in den geologischen Untergrund.

Neben all diesen „Standardproblemen“ der Energiewende, mit denen alle erneuerbaren Technologien kämpfen, gibt es nun etwas neues „Die technologische Entwicklung der vergangenen zehn Jahre begünstigt die Voraussetzungen für einen wirtschaftlichen Ausbau und Betrieb der Geothermie deutlich – angefangen beim kostenintensivsten Faktor, dem Bohrprozess“, so Acatech. Neue Bohrverfahren sollen die Geothermie wirtschaftlicher, effizienter und sicherer machen. Seismische Risiken seien somit bei sachgemäßer Durchführung „zu vernachlässigen“. Zudem seien die neuen Werkstoffe beständiger gegen Korrosion und ließen sich dadurch länger verwenden.

Für die Nutzung von Geothermie gibt es laut der Studie neben der Bohrtechnologie noch zwei wesentliche Erfolgsfaktoren: die möglichst genaue Kenntnis des Untergrunds und Wärmepumpen. Alle drei Schlüsseltechnologien hätten in den vergangenen zehn Jahren erhebliche Fortschritte gemacht.

In der geologischen Erkundung seien Informationen und Daten über den Untergrund wesentlich leichter zugänglich geworden. Zudem hätten verschiedene Projekte existierende Informationen aufbereitet, ausgewertet und der Allgemeinheit zugänglich gemacht. Das neue Geologiedaten-Gesetz werde langfristig auch den Zugang zu bisher vertraulichen Daten der Kohlenwasserstoffindustrie und des Bergbaus ermöglichen. Speziell für Ballungsräume seien neue Erkundungstechnologien entwickelt worden, die wesentlich präzisere Aussagen über das zu erschließende Reservoir ermöglichen sollen.

Wärmepumpen sind nötig, um zum Beispiel die immensen Potenziale in Norddeutschland zu erschließen. Dort liegen die bekannten wasserdurchlässigen Schichten oft recht hoch, sodass sie keine ausreichenden Temperaturen für die direkte Nutzung liefern. Neue Großwärmepumpen und mittlerweile auch spezielle Hochtemperatur-Wärmepumpen könnten Wärmenetze unterschiedlicher Temperaturniveaus effizient zusammenführen. Bis zu 200 Grad Celsius seien möglich. Damit könne Geothermie zukünftig auch für manche Industrien zu einer wirtschaftlichen Alternative werden. Als Beispiele nennt Acatech die Niedertemperaturbedarfe der Lebensmittel- oder auch die Chemiebranche.

München als Blaupause für Geothermie in Ballungsräumen

Die Studie stellt auf 64 Seiten die Chancen von Tiefer Geothermie für Wärmenetze in Ballungsräumen dar. Das Fazit: Würden nur zehn Prozent des natürlichen Geothermie-Potenzials wirtschaftlich nutzbar gemacht, könnte die Geothermie einen Beitrag von 20 Prozent des gesamten deutschen Wärmemarkts leisten. „Damit könnten kleinere Kommunen und auch Großstädte zu einem signifikanten Anteil mit klimaneutraler Wärme versorgt werden, die unabhängig von Jahreszeiten oder Wetter zuverlässig zur Verfügung steht“, ergänzt Rolf Emmermann.

Dabei geht die Studie insbesondere auf den Großraum München als Blaupause für Umstieg auf geothermische Wärmeversorgung ein. Bis 2040 soll dort die Fernwärme durch hydrothermale tiefe Geothermie vollständig CO2-neutral geliefert werden. Als erste bayerische Kommune hat München gemäß dem Wärmeplanungsgesetz im Mai 2024 einen Wärmeplan veröffentlicht. Der Ausbau und die Optimierung von Wärmenetzen spielen darin eine wichtige Rolle spielt. Der Großraum München ist seit vielen Jahren der „Hotspot“ der Geothermie in Deutschland. Der Untergrund ist gut bekannt und gut wasserdurchlässig.

Doch schon seit einigen Jahren nimmt die Technologie auch in anderen Regionen Fahrt auf. Der Solarserver berichtete zum Beispiel über Geothermie in Norddeutschland und den Masterplan für Geothermie in Nordrhein-Westfalen.

Zusätzlich beinhaltet die Studie auch politische Empfehlungen für eine nationale Geothermie-Strategie. Diese solle die Impulse aus dem „Eckpunktepapier für eine Erdwärmekampagne“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) ergänzen. Als Maßnahmen benennt Acatech öffentliche Programme, die Untergründe erkunden und daraus erschließbare lokale Potenziale ableiten. Neben Förderungen soll auch eine staatliche Risikoabsicherung den Geothermie-Ausbau unterstützen. Ein enges Einbeziehen der Öffentlichkeit schon in der Planungsphase könne Vorbehalte abbauen, die Akzeptanz erhöhen und Projekte beschleunigen.

Zur Studie geht es hier. Am 9. Juli um 18:30 findet außerdem ein Webinar zur Studie statt.

Quelle: Acatech | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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