Forscher beobachten den Ursprung der Solarenergie erstmals im Moment ihrer Freisetzung

Mit dem Borexino-Detektor im italienischen Gran-Sasso-Untergrundlabor konnten Physiker Max-Planck-Instituts für Kernphysik (Heidelberg) die beim Verschmelzen zweier Wasserstoffkerne im Sonneninneren entstehenden Neutrinos direkt und in Echtzeit beobachten.

Damit ist es zum ersten Mal in der Geschichte der Solar-Forschung gelungen, die Sonnenenergie im Moment ihrer Freisetzung zu messen. Diese Reaktion ist der erste Schritt der Kernfusion in Sternen wie unserer Sonne.

Die Sonne wird die Erde weiterhin zuverlässig mit Energie versorgen
Weil die so genannten Neutrinos mit anderer Materie kaum in Wechselwirkung treten und sich deshalb frei bewegen können, verlassen sie das Sonneninnere wenige Sekunden nach ihrer Erzeugung. Sonnenneutrinos aus dem primären Fusionsprozess konnten die Wissenschaftler der Borexino-Kollaboration nun erstmals direkt messen.
In den früheren radiochemischen Experimenten GALLEX und SAGE wurden zwar auch solare Neutrinos aus der Wasserstofffusion beobachtet, allerdings konnte damals nicht deren Energie gemessen werden und somit keine Information gewonnen werden, aus welchen der Fusionsreaktionen die Neutrinos stammen. Borexino, das auch die Energie der Neutrinos bestimmen kann, hat seit seiner Inbetriebnahme 2007 schon Neutrinos aus den anderen Reaktionen des Fusionszyklus nachgewiesen.
Das Ergebnis der jetzigen Borexino-Messung ist beruhigend: Ein Vergleich mit der Strahlungsenergie der Sonnenoberfläche zeigt, dass die Energiefreisetzung im Sonneninneren seit mindestens 100.000 Jahren unverändert ist und im Einklang mit aktuellen theoretischen Sonnenmodellen steht. Die Sonne wird die Erde also weiterhin zuverlässig mit Energie versorgen.

Borexino-Experiment misst das Energiespektrum von der Sonne ankommender Neutrinos
Da Neutrinos Materie nahezu ungehindert durchdringen, sind zu ihrem Nachweis große und empfindliche Detektoren sowie lange Messzeiten erforderlich. Neutrinos aus der für die Sonnenenergie entscheidenden Kernreaktion zu messen, ist besonders schwierig, weil diese wesentlich weniger Energie haben als alle anderen Sonnenneutrinos.
Die jetzt veröffentlichte Beobachtung konnte nur gelingen, weil der Borexino-Detektor einer der radioaktiv reinsten Plätze auf der ganzen Erde ist. Dies wurde durch aufwändige Reinigung der Detektormaterialien erreicht. Dazu kommt eine mehrschichtige Abschirmung, um Störungen durch andere kosmische Teilchen extrem zu reduzieren. Nachgewiesen werden die Neutrinos in Borexino über ihre elastische Streuung an Elektronen in rund 300 Tonnen Szintillatorflüssigkeit. Mehr als 2000 hochempfindliche Lichtsensoren registrieren das dabei entstehende Szintillationslicht.
Das Borexino-Experiment ist im italienischen Gran-Sasso-Untergrundlabor rund 1400 Meter unter der Erde installiert und misst das Energiespektrum ankommender Neutrinos von der Sonne, aus dem Inneren der Erde oder von entfernten Kernreaktoren.
Borexino ist eine Kooperation von Wissenschaftlern aus Italien, Deutschland, Frankreich, Polen, den USA und Russland. Aus Deutschland sind Gruppen von der Technischen Universität München, dem Max-Planck-Institut für Kernphysik Heidelberg (MPIK), von den Universitäten Mainz und Hamburg und von der Technischen Universität Dresden beteiligt. In den kommenden vier Jahren sollen die bisherigen Messungen weiter verbessert und neue Neutrino-Beobachtungen durchgeführt werden, die für die Teilchen- und Astrophysik von großer Bedeutung sein werden.

29.08.2014 | Quelle: Max-Planck-Institut für Kernphysik; Bild: Borexino-Kollaboration | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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