Agora Energiewende: Abgaben und Umlagen auf Energie verhindern Erfolg der Energiewende
„Diese Unwucht ist unbeabsichtigt im Laufe der letzten 15 Jahre entstanden, kann aber so nicht bleiben. Denn sie bestraft klimafreundlichen Energieverbrauch und belohnt klimaschädliches Verhalten“, kritisiert Dr. Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende.
„In einem Land, das sich eine kosteneffiziente Energiewende auf die Fahnen geschrieben hat, muss es natürlich genau andersherum sein: Die Preise sollten klimaschädlichen CO2-Verbrauch belasten. Das System der Abgaben und Umlagen auf Energiepreise muss daher dringend vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Für die nächste Bundesregierung wird das eine zentrale Aufgabe im Klimaschutz.“
Grundlagenstudie präsentiert Lösungsansätze
In einer Grundlagenstudie hat Agora Energiewende das gegenwärtige System von Abgaben und Umlagen auf Energiepreise detailliert untersuchen lassen und Lösungsansätze vorgelegt, mit denen die Erhebung der Aufschläge so reformiert werden kann, dass sie für mehr Klimaschutz wirken. „Das ist auch Voraussetzung für die Sektorkopplung, also das Zusammenwachsen der Energiesektoren Strom, Wärme und Verkehr“, sagt Graichen. „Wenn die Abgaben und Umlagen auf Strom, Wärme und Verkehr dauerhaft so falsch justiert bleiben, dann kann die umfassende Energiewende nicht gelingen.“
Zu den Lösungsansätzen gehört unter anderem, einen Teil der EEG-Umlage vom Strompreis in den Bundeshaushalt oder in einen Fonds zu verlagern. Dabei geht es u. a. darum, die Stromverbraucher von den Kosten für die Technologieentwicklung der Photovoltaik oder der EEG-Ausnahmen für die Industrie zu entlasten.
Heizöl, Erdgas, Diesel und Benzin günstiger als vor fünf Jahren
Eine weitere Option besteht darin, Abgaben auf Heizöl, Erdgas und Kraftstoffe künftig entsprechend der Klimaschädlichkeit dieser Energieträger zu erheben. So sind Heizöl, Erdgas, Diesel und Benzin in Deutschland billiger als im europäischen Mittel – und heute deutlich günstiger als vor fünf Jahren. „Während bei Strom in den vergangenen Jahren die Energiewende über EEG-Umlage, KWK-Umlage und steigende Netzentgelte finanziert wurde, sind bei Heizöl, Erdgas, Benzin und Diesel die Effekte der Ökosteuer-Reform von Anfang des Jahrtausends inzwischen vollständig verpufft“, sagt Graichen.
Das System der Abgaben und Umlagen behandle nicht nur die Energieträger extrem unterschiedlich, es erschwere speziell im Stromsystem auch noch den bestmöglichen Ausgleich von Angebot und Nachfrage: Da die Summe von Abgaben und Umlagen auf den Strompreis der Verbraucher die Großhandelspreise an der Strombörse bei weitem übertreffen, gebe es für Verbraucher keinen Anreiz, in Zeiten von sehr niedrigen oder sogar negativen Strompreisen die Stromnachfrage zu erhöhen. „Genau das ist in einem Stromsystem mit viel Wind- und Solarstrom jedoch nötig“, sagt Graichen.
Abgaben und Umlagen könnten mit den Börsenstrompreisen variieren
Ein Lösungsansatz bestehe darin, die Höhe der Abgaben und Umlagen mit den Börsenstrompreisen zu variieren, damit die Preissignale deutlicher bei den Stromverbrauchern ankommen. Alternativ könnten – etwa für die Netznutzung – Grundpreise eingeführt beziehungsweise gestärkt werden.
„Die Studie zeigt, dass die Umgestaltung des Systems von Abgaben und Umlagen auf die Energiepreise eine komplexe Aufgabe ist. Sie hat das Potenzial zur nächsten Großbaustelle in der Energiewende“, sagt Graichen. „Wir müssen diese Herausforderungen aber anpacken, weil die Unwucht sonst so groß werden kann, dass an einen klimafreundlichen Umbau des Energiesystems nicht mehr zu denken ist.“
Die Grundlagenstudie steht auf www.agora-energiewende.de zum Download bereit.
10.04.2017 | Quelle: Agora Energiewende | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH