stern: Ex-Wirtschaftsminister Müller fordert neue Zechen und Kokereien im Ruhrgebiet

Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister und jetzige Chef des RAG-Konzerns, Werner Müller, hat ein Umdenken bei der Kohle gefordert. In einem Interview mit dem Hamburger Magazin stern sagte er, Deutschland brauche neue Zechen, um die Versorgung der heimischen Industrie mit Rohstoffen und Energie zu sichern.   „Die Preise für Koksimporte sind explodiert. Deutschland besitzt eine Milliarde Tonnen […]

Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister und jetzige Chef des RAG-Konzerns, Werner Müller, hat ein Umdenken bei der Kohle gefordert. In einem Interview mit dem Hamburger Magazin stern sagte er, Deutschland brauche neue Zechen, um die Versorgung der heimischen Industrie mit Rohstoffen und Energie zu sichern.   „Die Preise für Koksimporte sind explodiert. Deutschland besitzt eine Milliarde Tonnen gute Kokskohle. Da stellt sich die Frage nach neuen Kokskohle-Zechen und Kokereien, um wieder unabhängig vom immer knapperen Weltmarkt zu werden“, so der Chef des RAG-Konzerns.

Die Preise für Koks zur Stahlherstellung seien im Frühjahr zeitweise auf bis zu 450 Dollar angestiegen und lägen momentan zwischen 250 und 300 Dollar, heißt es in der Pressemitteilung des stern. Zu diesen Preisen könne deutsche Kohle ohne Subventionen gefördert werden, betont Müller: „Wenn die Kokspreise 15 Jahre lang auf dem Weltmarkt so teuer blieben, wäre eine neue Zeche plus Kokerei staatsfrei sehr profitabel.“ Diese Garantie könne die Wirtschaft aber nicht geben. „Deswegen sind wir bereit, eine neue Kokskohlenzeche zu bauen, wenn es eine Risikoteilung gibt.“ Sonst gehe es mit dem Standort Deutschland bergab, warnt Müller. „Wenn das so weitergeht, werden viele Stahlhersteller dahin abwandern, wo der Koks ist: nach Asien. Der Trend zur Deindustrialisierung Europas kann durch die Koksknappheit enorm beschleunigt werden“, sagte der RAG-Chef im stern-Interview.

Werbekampagne für die Kohle geplant

Am 19.September will Müller zusammen mit dem designierten BDI-Präsidenten Jürgen Thumann eine Werbekampagne für die Kohle starten. „Das strategische Ziel müsste sein: 100 Prozent Selbstversorgung mit Koks und 15 bis 20 Prozent Anteil an der deutschen Stromerzeugung. Dafür bräuchten wir insgesamt rund 30 Millionen Tonnen Kohle im Jahr – mehr, als wir jetzt fördern“, so Müller zum stern. Als ersten Schritt hat sich Müller laut stern mit einigen Stahlkonzernen auf eine 300 Millionen teure Erweiterung der Kokerei Prosper in Bottrop geeinigt. Nach stern-Informationen sind an dem Konsortium ThyssenKrupp, die Stahlwerke Bremen, Peine-Salzgitter und der österreichische Stahlkonzern Voest-Alpine beteiligt. Die Kohlesubventionen könnten laut stern schon in diesem Jahr um viele Millionen geringer ausfallen und den Etat von Finanzminister Hans Eichel entlasten. Müller: „Bleiben die Preise hoch, sinken die staatlichen Kohlehilfen unter Plan und entlasten die Haushalte.“

16.09.2004   Quelle: stern, G+J

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