Umwelt-Halbzeit bei Rot-Grün: Verbände fordern konsequente ökologische Reformen
Fortschritte bei erneuerbaren Energien und der Ausrichtung von Agrarsubventionen, Rückschläge beim Klimaschutz und völlige Fehlanzeige einer ökologischen Verkehrspolitik – so bilanzieren die Umweltverbände BUND, Greenpeace, NABU, WWF und DNR die Arbeit der Bundesregierung zur Halbzeit ihrer 2. Amtsperiode. Ökologische Inkompetenz bei CDU/CSU und FDP und die zeitweilige Konjunktur von Umweltthemen beim Jahrhunderthochwasser 2002 hätten vor zwei Jahren entscheidend zum erneuten Wahlsieg von Rot-Grün beigetragen, heißt es in der gemeinsamen Presseerklärung der Verbände. Daraus resultierende Chancen seien jedoch von der rot-grünen Koalition weitgehend ungenutzt geblieben. Die Bundesregierung müsse für die zweite Hälfte ihrer Amtszeit einen neuen Anlauf bei dringend notwendigen ökologischen Reformen machen.
Die Umweltverbände kritisieren vor allem, dass in Konflikten zwischen verschiedenen Ressorts und zwischen Bundesregierung beziehungsweise Bundestag und Bundesrat der Umweltschutz zumeist das Nachsehen habe. Beispiele dafür sind der weitgehend gescheiterte Abbau ökologisch schädlicher Subventionen, der Streit um den Emissionshandel und die Auseinandersetzungen um Formen der artgerechten Nutztierhaltung.
Kritik an Clement
„Es ist der Bundesregierung bisher nicht gelungen, soziale und steuerpolitische Reformen mit ökologischen Fragen zu verknüpfen. Nachhaltige Finanzen, Innovation und Umweltschutz gehören jedoch zusammen!“, betont die BUND-Vorsitzende Angelika Zahrnt. Wirtschaftsminister Clement vernachlässige ökologische Aspekte in der Chemie- und Energiepolitik. Gleiches gelte für Verkehrsminister Stolpe bei den Investitionen in Straße oder Schiene. Wenn sich diese Herangehensweise nicht ändere, werde Deutschland seine Nachhaltigkeitsziele niemals erreichen, warnt die BUND-Vorsitzende. Ökologische Finanzreformen sind nach Ansicht des BUND besonders geeignet, um neue Arbeitsplätze zu schaffen, die Lohnnebenkosten zu senken und öffentliche Etats zu sanieren. Subventionen wie die Eigenheimzulage, die das Zersiedeln fördere, fehlende Steuern im Flugverkehr und die Dieselsteuerermäßigung schädigten hingegen Umwelt und Natur.
Förderung erneuerbarer Energien vorbildlich
Greenpeace lobt die Förderung Erneuerbarer Energien in Deutschland: „Weltweit gibt es kein Gesetz, das erneuerbare Energien so stark fördert und zehntausende Arbeitsplätze schafft“, erklärt Kampagnen-Geschäftsführer Roland Hipp. Für verfehlt hält die Umweltorganisation aber die Kohle- und Atompolitik sowie die Regulierung des Strommarktes: „Rot-Grün hat einfach zugesehen, wie die Energiekonzerne ihre Monopole bei den Stromnetzen missbrauchen. Überhöhte Netzgebühren treiben den Strompreis hoch, die Verbraucher werden abgezockt“, so Hipp. Greenpeace sieht auch die Suche nach einem geeigneten Endlager für Atommüll gescheitert, obwohl sie Bestandteil der Koalitionsvereinbarung ist. Die Regierung folge fast immer dem Willen der Atomkonzerne und schaffe mit jedem Atomtransport nach Gorleben weitere Fakten für ein unsicheres Endlager.
Klimapolitik: Nachbessern notwendig
Die klimapolitische Bilanz von Rot-Grün fällt nach Einschätzung des WWF eher durchwachsen aus. WWF-Geschäftsführer Peter Prokosch kritisiert besonders das „enttäuschende Ergebnis“ beim Emissionshandel. Der nationale Allokationsplan entspreche weder in seinen Zielen bei der Emissionsminderung, noch in seiner Struktur den Ansprüchen der Zukunftsfähigkeit. „Während man mit den Ausgestaltungsregeln des Emissionshandels die großen Verschmutzer laufen lässt, wird den kleinen Leuten beim Klimaschutz die Zeche aufgebrummt,“ so Prokosch. Hier müsse beim zweiten nationalen Allokationsplan dringend nachgebessert werden.
DNR sucht den roten Faden der Nachhaltigkeit
DNR-Präsident Hubert Weinzierl bewertet die Umweltpolitik der Bundesregierung so: „Trotz einiger guter Ansätze bei der Förderung erneuerbarer Energien und in der Agrarwende ist es der Bundesregierung nicht gelungen, den Gedanken der Nachhaltigkeit als Querschnittsthema in alle Politikbereiche zu integrieren. Der rote Faden der Nachhaltigkeit, von dem der Bundeskanzler gern spricht, wird überhaupt nicht erkennbar.“ Nicht nachhaltig sei vor allem die Stromerzeugung und –nutzung hauptsächlich auf der Basis fossiler Energien. Das bis 2020 anvisierte 40-prozentige CO2-Minderungsziel sei so nicht erreichbar. Notwendig seien drastische Energieeinsparungen, die Steigerung der Energieeffizienz z.B. durch Kraft-Wärme-Koppelung, ein energetisches Altbausanierungsprogramm sowie der entschlossene weitere Ausbau erneuerbarer Energien.
17.09.2004 Quelle: BUND