Hermann Scheer kritisiert IEA-„World Energy Outlook“
„Der neue Weltenergieausblick 2004 der Internationalen Energieagentur (IEA) verspricht nichts Neues für die Zukunft der Weltenergieversorgung – obwohl die Rahmenbedingungen sich drastisch verändert haben und „business as usual“ mit dem derzeitigen Energieverbrauchsmuster zu einer ökonomischen, ökologischen und einer Sicherheitskatastrophe führt.“ Mit diesen Worten kommentiert Dr. Hermann Scheer, Vorsitzender des Weltrats für Erneuerbare Energien (WCRE), den „World Energy Outlook 2004“ der IEA. Die IEA erwarte, dass auf der Basis der jetzigen politischen Rahmenbedingungen der Energieverbrauch 2030 um 60% höher als 2004 sein werde, so Scheer. Der immense Energiebedarf solle durch einen unverändert dominanten Anteil von 85% fossiler Energie befriedigt werden, von deren Ressourcen man erwarte, dass sie „mehr als adäquat seien um den Bedarf bis 2030 und weit darüber hinaus zu decken.“ Um dies zu erreichen schlage der Weltenergieausblick vor, 16 Billionen Dollar bis 2030 zu investieren- 568 Milliarden jährlich – besonders in den Stromsektor und in den Entwicklungsländern. Zwei Drittel dieses gestiegenen Energiebedarfes werden durch Entwicklungsländer verursacht werden, in denen heute der größte Anteil derjenigen 1,6 Milliarden Menschen lebt, der keinen Zugang zu Elektrizität hat.
Fossile Energiequellen lösen nicht das Problem der Armut
Jedoch sei es ein großes Rätsel, wie diese unglaublich hohe Summen meist öffentlicher Gelder in die Beibehaltung und Erweiterung des jetzigen Systems fossiler Energien zu investieren, helfen werden, Armut, ökologische Katastrophen und Energieabhängigkeit zu reduzieren, so Scheer. Der Salim-Report der Weltbank über die Förder- und Bergbauindustrie habe kürzlich unzweifelhaft festgestellt, dass eine weitere Verlängerung des Abbaus und der Nutzung fossiler Energie ganz und gar nicht zu einer Linderung der Armut beitragen werde. Es sei beschämend zu sehen, dass der Weltenergieausblick den Erneuerbare Energien keinerlei wichtige Rolle für die Zukunft der Energieversorgung in bereits versorgten und unversorgten Gebieten zuspreche – zumindest bis 2030.
Statt die Gesellschaften und Entscheidungsträger zu mahnen, ihre finanziellen Ressourcen umzuleiten, weg von einem hochkapitalintensiven zentralisierten fossilen Energiesystem hin zu einer lokalen, umfangreichen und dezentralisierten Nutzung von Erneuerbaren Energien, bestärke der Weltenergieausblick diese darin, die Welt in eine fossile und nukleare Falle zu führen, warnt Scheer. Je früher die Investitionen getätigt würden, um erneuerbare Energien in großem Maßstab zu nutzen, um so geringer seien die Kosten, um sich von einem hoch entwickelten Energieproduktions-, Verteilungs- und Verbrauchssystem zu lösen. Denn dieses werde nutzlos, sobald fossile und nukleare Energiequellen in naher Zukunft ihr Fördermaximum erreicht haben und der Klimawandel nicht mehr nur ein Problem armer Entwicklungsländer sei. Dieser könne dann auch eine ökonomische Bedrohung für Industriestaaten darstellen und die sozialen Spannungen über die Verteilung der wenigen verbleibenden Energieressourcen würden untragbar. „Der Weltenergieausblick hat wieder einmal gezeigt, dass es sich hierbei mehr um einen Blick in die Zukunft mit der Perspektive der Vergangenheit als einen verheißungsvollen Ausblick für ein nachhaltiges Weltenergiesystem handelt“, fasst Scheer zusammen.
Ein englischsprachige Zusammenfassung des „World Energy Outlook 2004“ kann als PDF-Dokument (10.S.) heruntergeladen werden unter
http://library.iea.org/dbtw-wpd/textbase/npsum/WEO2004SUM.pdf
09.11.2004 Quelle: World Council for Renewable Energy (WCRE) Solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH