Bank Sarasin: „Möglicher Regierungswechsel lässt erneuerbare Energien kalt“
Seit die Bundesregierung im Mai Neuwahlen ankündigte, versuchen Regierung und Opposition sich mit Aussagen über die künftige Politik zu profilieren. Ein Streitpunkt auf der Agenda sind erneuerbare Energien. Dabei handle es sich aber um eine Scheindebatte, denn der Wahlausgang dürfte sich kurzfristig kaum negativ auf die Weiterentwicklung der Branche auswirken, bereichtet die Bank Sarasin in einer Pressemitteilung. Aus Sicht der auf nachhaltige Geldanlagen spezialisierten Bank sind die langfristigen Wachstumsperspektiven intakt. Die tatsächliche Herausforderung der Solarenergiebranche bestehe derzeit im Siliziummangel, der das Wachstum bremse. Zudem boomten die Aktienkurse von Unternehmen, die vom steigenden Ölpreis profitieren – einer nachhaltigen Entwicklung jedoch entgegenstehen.
Suche nach Energie-Alternativen gewinnt an Bedeutung
Sowohl CDU/CSU als auch die FDP befürworten in ihren Wahlprogrammen zur Bundestagswahl eine Beibehaltung der Kernenergie zur Stromversorgung. Angesichts des explodierenden Ölpreises und begrenzter Ressourcen werde sie als Lösung der Energiekrise angepriesen, so die Bank Sarasin. Eine gleichzeitige Abkehr von den zukunftsweisenden Technologien der erneuerbaren Energien sei jedoch mehr als unwahrscheinlich. Denn in der gegenwärtigen Situation gewinne auch die Suche nach Alternativen an Bedeutung. Deutschland habe sich überdies im Rahmen einer EU-Verordnung verpflichtet, bis zum Ende dieses Jahrzehnts 12,5 Prozent seines Stroms aus erneuerbaren Energien zu erzeugen. Der wirtschaftliche Erfolg der Erneuerbaren trage ein übriges dazu bei, die Branche gegen vorschnelle Gesetzesänderungen zu schützen.
Kritik am Erneuerbare-Energien-Gesetz unbegründet
Die Opposition aus Union und FDP kritisiere besonders die Einspeisevergütung im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Diese habe aber maßgeblich dazu beigetragen, dass erneuerbare Energien in Deutschland in den vergangenen Jahren enorm gewachsen und zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor geworden sind, so die Bank Sarasin. Die Branche beschäftige rund 130.000 Menschen, viele davon in Ostdeutschland. In den vergangenen zehn Jahren habe sich beipielsweise die installierte Photovoltaikleistung in Deutschland auf über 300 Megawatt verhundertfacht. Wie 2004 von der Bank Sarasin in ihrer jährlichen Studie zur Solarwirtschaft prognostiziert, überstieg im Juni dieses Jahres die installierte Solarstromleistung die Grenze von einem Gigawatt (GW). Mit einem Anteil von zurzeit 0,12 Prozent an der gesamten Stromerzeugung habe die Solarenergie weiterhin ein enormes Potenzial. Die Windkraft befinde sich mittlerweile bereits an der Rentabilitätsschwelle und trage sechs Prozent zur Stromversorgung bei.
Aufgrund dieser Erfolge werde das deutsche EEG-Modell mittlerweile in etlichen europäischen Ländern wie Spanien, Portugal und Österreich eingesetzt. Eine vorzeitige Änderung in Deutschland würde die EU-Zielsetzung gefährden, bis 2010 den Anteil von Strom aus erneuerbaren Quellen auf 12,5 Prozent zu erhöhen. In Deutschland betrug dieser Anteil laut Bank Sarasin im vergangenen Jahr mit rund 55 Terawattstunden bereits zehn Prozent. Die genannten positiven Entwicklungen seien bis zuletzt auch für Anleger gewinnbringend gewesen, die in die Branche investiert haben. Denn vom angespannten Energiemarkt profitierten neben den „klassischen“ Energiewerten wie Ölkonzernen auch Werte aus dem Bereich alternative Energiequellen.
Siliziummangel größtes Problem
Die Bundestagswahl, seien sich Branchenvertreter und Analysten einig, werde nicht für das momentane Hauptrisiko der erneuerbaren Energien gehalten. Die Bank Sarasin habe bereits im vergangenen Herbst in ihrer Studie zur Solarwirtschaft festgestellt, dass vor allem die Lieferengpässe beim wichtigen Rohstoff Silizium für ein gebremstes Wachstum in den kommenden zwei bis drei Jahren sorgen würden. Kostete ein Kilogramm Solarsilizium 2003 noch rund 25 US-Dollar, geht die Bank für 2006 von bis zu 50 US-Dollar aus. Derzeit arbeite die Branche an neuen Technologien, um die benötigte Siliziummenge bei der Herstellung von Solarzellen zu reduzieren. Die Kapazitäten für solares Silizium würden zwar zügig ausgebaut, ein Ende des Engpasses sei aber frühestens 2008/2009 in Sicht. Positiv sei, dass diese Wachstumsbremse vor einer Überhitzung des Marktes schütze.
Weiterhin positive Entwicklung der erneuerbaren Energien am Kapitalmarkt
Die Branche selbst reagiert laut Bank Sarasin gelassen: Nach dem Ende Juli vorgelegtem Geschäftsklimaindex der Solarwirtschaft für das zweite Quartal beurteilten 67 Prozent der Unternehmen ihre Lage „sehr gut“ oder „eher gut“. Dieser Optimismus lasse sich auch mit einem Blick an die Börse belegen: So verbuchten die Aktien großer Solarunternehmen wie SolarWorld, Conergy und Solon auch nach Ankündigung der Neuwahlen bis zuletzt hohe Kursgewinne. Erfolgreiche Börsengänge wie jener der Solar Millennium AG würden dies zusätzlich unterstreichen. Die Bank Sarasin geht daher davon aus, dass sich Kapitalanlagen im Sektor erneuerbare Energien weiterhin positiv entwickeln werden. Unter den mittlerweile über 350 nachhaltigen Publikumsfonds in Europa hätten sich besonders solche gut entwickelt, die wie der Sarasin New Energy Fund speziell in erneuerbare Energien investieren. Der Fonds habe in den ersten sieben Monaten des Jahres um knapp 26 Prozent zugelegt.
Bewusstsein für die langfristige Bedeutung alternativer Energiequellen schärfen
„Die Herausforderung der kommenden Monate wird nun darin liegen, bei Privatanlegern das Bewusstsein für die langfristige Bedeutung alternativer Energiequellen zu schärfen“, heißt es in der Pressemitteilung. Verknappte Ressourcen sowie ein gestiegener Ölpreis dürften nicht dazu führen, dass man einseitig auf sie setze – auch und vor allem nicht auf dem Kapitalmarkt. „Um einen nachhaltigen, das heißt dauerhaft tragfähigen Umgang mit der Umwelt und ihren Ressourcen zu erreichen, bleiben bis auf weiteres die erneuerbaren Energien die einzige Option“, so die Bank Sarasin.
06.09.2005 Quelle: Bank Sarasin & Cie AG Solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH