Köhler: „Vorrang für Arbeit lässt sich mit Umweltschutz hervorragend verbinden“

Der mit 500.000 Euro höchst dotierte Umweltpreis Europas ist am 16.10.2005 zum 13. Mal vergeben worden. Bundespräsident Horst Köhler überreichte in Lübeck den Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU, Osnabrück) an den Wissenschaftler, Ökologen und Umweltbildungsexperten Prof. Dr. Berndt Heydemann (75, Nieklitz, Mecklenburg-Vorpommern) und den Physiker, Forscher und Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme […]

Der mit 500.000 Euro höchst dotierte Umweltpreis Europas ist am 16.10.2005 zum 13. Mal vergeben worden. Bundespräsident Horst Köhler überreichte in Lübeck den Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU, Osnabrück) an den Wissenschaftler, Ökologen und Umweltbildungsexperten Prof. Dr. Berndt Heydemann (75, Nieklitz, Mecklenburg-Vorpommern) und den Physiker, Forscher und Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg, Prof. Dr. Joachim Luther (64). „Umweltschutz ist und bleibt ein Megathema. Ich bin der festen Überzeugung, dass der Schlüssel zur Zukunft unseres Landes in einer nachhaltigen Entwicklung liegt,“ betonte Deutschlands Staatsoberhaupt.
 
Mit dem Preis würdigt die DBU Heydemanns wissenschaftlichen Leistungen im Naturschutz und als Pionier der Bionik. Luthers Engagement sei zu verdanken, dass Deutschland heute weltweit eine der führenden Nationen in der Sonnenenergienutzung sei. Mit dem Ehrenpreis für sein Lebenswerk wurde der Kameramann, Regisseur, Produzent, Autor und Tierfilmer Professor Heinz Sielmann (88, Duderstadt) geehrt.

„Der Klimawandel ist nicht ferne Zukunft, er ist Realität“

Vor rund 1.500 Festgästen betonte Köhler in Lübeck, es habe den Anschein, die ökologische Frage sei nach vier Jahrzehnten weltumspannender Debatten vom großen Menschheitsproblem zum Spezialthema geschrumpft. Der Umweltpolitik blase seit einiger Zeit der Wind ins Gesicht. Doch ihm erscheine gewiss, „dass die wahren umweltpolitischen Herausforderungen uns erst noch bevorstehen“. Das Worldwatch-Institut zähle Umweltveränderungen wie den Klimawandel zu den größten Risiken für die Sicherheit in der Welt. Extreme Wettersituationen nähmen deutlich zu. Tausende von Menschen fielen ihnen weltweit zum Opfer. Köhler: „Der Klimawandel ist nicht ferne Zukunft, er ist Realität.“ Deshalb müssten die Industriestaaten auch „endlich alles unternehmen“, um ihre Verpflichtung aus dem Kyoto-Protokoll einzuhalten. Das sei nicht nur ein Gebot der ökologischen, sondern auch der ökonomischen Vernunft. Denn wenn einige Entwicklungsländer mittlerweile 80 Prozent ihrer Devisen nur für Energieimporte ausgäben, „fehlt's dann schließlich einfach an Mitteln für die so dringliche Armutsbekämpfung“.

Der Weg müsse weg führen vom Öl hin zu weniger Energieverbrauch, einer wirkungsvolleren Energieausnutzung und einem Ausbau erneuerbarer Energien, so Köhler. Auch das habe neben der ökologischen eine ökonomische Dimension. Erstmals seit zehn Jahren sei Deutschland wieder Weltmeister beim Export von Umweltschutzgütern. Fast 1,5 Millionen Erwerbstätige seien im Umweltschutz beschäftigt. Das sei eine halbe Million mehr als noch 1994. Im Umweltschutz arbeiteten heute mehr Menschen als in der Automobilindustrie. Köhler: „Vorrang für Arbeit lässt sich also mit Umweltschutz hervorragend verbinden.“ Das verlange freilich Anstrengung und unermüdliche Innovation. Die deutschen Hersteller von Windkraftanlagen, Wärmeschutzverglasung, Solartechnik und Gasturbinen gehörten zur Weltspitze. Erfolgreiche Unternehmer suchten eben den Wettbewerb und wollten international die Besten sein – auch in der Umweltschutztechnologie. Köhler: „Ich bin fest davon überzeugt: Umwelt, Wirtschaft und Arbeit gehören zusammen. Umweltschutz hilft, Kosten zu senken, Umweltschutz schafft Arbeitsplätze, Umweltschutz sichert unsere natürlichen Lebensgrundlagen. Kurzum: Umweltschutz ist nicht Mode, sondern modern.“

Joachim Luther: 2050 wird Deutschland mehr als 50 Prozent des Energieverbrauchs über erneuerbare Energien decken

Prof. Luther betonte bei dem Festakt, seine Konzentrierung auf Solarenergie sei durch die Kernenergiebewegung an den Universitäten entstanden: „Da wurden wir als Hochschullehrer natürlich gefragt: Was macht man dann? Denn man kann ja nicht nur gegen etwas sein.“ So habe er als Physiker angefangen, ganz systematisch über Energieversorgung und Sonnenenergie nachzudenken. Je mehr der Öl- und Energiehunger allgemein anwachse, desto mehr nähmen die Konflikte darum zu, die auch heute schon zu beobachten seien. Sonnenenergie habe fast jeder. Wenn man diese Technologie weiterentwickele, „dann wird das sicherlich unsere Welt auch sicherer machen.“ Seine persönliche Vision sei, „dass wir im Jahr 2050 in Hochtechnologieländern wie Deutschland mehr als 50 Prozent unseres gesamten Energieverbrauchs über erneuerbare Energien decken.“ Seine feste Überzeugung sei, dass dabei die Sonnenenergie den entscheidenden Beitrag liefern werde, weil man Sonnenenergie ideal auf Gebäuden einsetzen könne und das auch heute schon tue.

Trittin: keine Mehrheit für ökologische Rolle rückwärts

Bundesumweltminister Jürgen Trittin stellte in seiner Rede heraus, die Umweltverbände dürften nicht nur in Sonntagsreden gewürdigt werden. Ihnen müssten auch Rechte für den Alltag gegeben werden, wie das etwa mit dem neuen Bundesnaturschutzgesetz geschehen sei. Die Förderung von Naturschutz und Umweltverbänden dürfe nicht gegen Null gefahren werden. Naturschutz sei nämlich mehr als der Versuch, die Natur in Reservate einzusperren und für Menschen möglichst unzugänglich zu machen. Trittin sprach sich aber auch für eine weitere konsequente Nutzung der erneuerbaren Energien aus, durch deren Föderung in den letzten Jahren 70 Millionen Tonnen Treibhausgase eingespart worden seien. Ökologische und ökonomische Herausforderungen fielen zusammen. Deshalb müsse es in den kommenden 15 Jahren gelingen, ein Viertel Strom, Wärme, Treibstoff und Chemie aus erneuerbaren Quellen zu gewinnen, um den Klimawandel zu bremsen und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands als Industriestandort zu erhalten. Schon heute werde mehr Energie aus erneuerbaren Quellen gewonnen als aus konventionellen. Die Atomkraft habe heute einen Anteil an der Energieversorgung von 5,7 Prozent mit fallender Tendenz, die erneuerbaren Energien machten 6,4 Prozent aus mit steigender Tendenz. Zuversichtlich zeigte sich deshalb der Umweltminister, dass es für eine „ökologische Rolle rückwärts in Deutschland parteiübergreifend keine Mehrheit“ gebe. Umweltpolitik sei moderne Industriepolitik. Sie sichere Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit und helfe modernen Technologien zum Durchbruch.

18.10.2005   Quelle: DBU   Solarserver.de   © EEM Energy & Environment Media GmbH

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