Neue Sarasin-Studie: Biokraftstoffe nicht immer ökologisch und sozial verträglich
Der deutsche Bundestag hat sich dafür entschieden, biologische Kraftstoffe ab August zu besteuern. Kritiker fürchten um die Zukunftsfähigkeit der biologischen Alternativen zu Diesel und Benzin. Aus Sicht der Bank Sarasin sind jedoch zwei der populärsten Biokraftstoffe nicht immer so ökologisch und sozial verträglich, wie ihr Name vermuten lässt: Biodiesel und Bioethanol. Gerade billige Soja- und Palmölimporte aus Entwicklungs- und Schwellenländern wiesen teils erhebliche Risiken auf, heißt es in einer Pressemitteilung der Bank. In einer Studie zur Nachhaltigkeit von Biokraftstoffen stellt die Bank Sarasin fest, dass auch aus Pflanzen gewonnene Diesel- und Ethanol-Kraftstoffe Mensch und Umwelt belasten können.
Hohe Ölpreise machen den biologischen Tiger im Tank attraktiv
Vor allem die hohen Ölpreise der letzten Monate haben dazu geführt, dass der Bedarf an alternativen Biokraftstoffen stark gestiegen ist. Aus diesem Grunde werden Biodiesel und Bioethanol in Deutschland, in anderen EU-Ländern sowie in den USA und Brasilien stark gefördert. „Wir beobachten seit einiger Zeit, dass die Aktienkurse der Unternehmen aus der Biokraftstoffbranche aufgrund der hohen Branchenerwartungen von Investoren deutlich gestiegen sind“, erläutert Matthias Fawer-Wasser, Nachhaltigkeitsanalyst bei der Bank Sarasin & Cie AG, Basel.
Teilweise erhebliche Umweltbelastung sowie kritische Arbeits- und Sozialbedingungen
Trotz des Ziels der Europäischen Kommission, bis zum Jahr 2010 insgesamt 5,75 Prozent des Treibstoffverbrauchs mit Biodiesel und Bioethanol abzudecken, bleibt die Bank Sarasin skeptisch. „Wir sehen die Zukunft der Industrie nüchtern, da deren Entwicklung rasch an natürliche Grenzen stoßen wird“, so Fawer-Wasser. Biodiesel wird aus Pflanzenöl gewonnen, Bioethanol entsteht durch die Vergärung zucker- und stärkehaltiger Pflanzen. Beide Kraftstoffe sind prinzipiell dazu geeignet, Kohlenstoffdioxid-Emissionen zu reduzieren, die Energieabhängigkeit von anderen Ländern zu verringern sowie die heimische Landwirtschaft zu fördern. In ihrer neuen Studie „Biokraftstoffe – erdölfreie Fahrt in die Zukunft?“ hat die Bank Sarasin festgestellt, dass Bioethanol aufgrund der breiteren Rohstoffbasis, der höheren Hektarausbeute sowie der besseren Kohlenstoffdioxidbilanz aus nachhaltiger Sicht besser abschneidet als Biodiesel. Mit der Produktion von Biokraftstoffen aus Pflanzen gehe aber eine teilweise erhebliche Umweltbelastung durch den Rohstoffanbau einher. Dazu kämen in Entwicklungs- und Schwellenländern teils kritische Arbeits- und Sozialbedingungen hinzu. Insgesamt sei die für Energiepflanzen frei verfügbare Landfläche ohnehin begrenzt. Oft stehe dieser Anbau deshalb in direkter Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion.
Effektivere Technologien in der Produktion erforderlich
Die Bank Sarasin hat daher bei ihrer Nachhaltigkeitsanalyse im Rahmen der Studie besonders optimierte Pflanzensorten und neue Technologien zur effektiveren Herstellung von Biokraftstoffen der zweiten Generation positiv bewertet. „Bei der Ethanol-Produktion helfen beispielsweise neue, enzymatische Verfahren, auch aus der Zellulose von Stroh und Stängeln der Pflanzen Bioethanol zu gewinnen“, erklärt Fawer-Wasser, Autor der Studie. Darüber hinaus handelten diejenigen Produzenten nachhaltiger, die ihre Rohstoffe aus lokalen Anbaugebieten mit kurzen Transportwegen beziehen. Ein Bezug aus Entwicklungs- und Schwellenländern müsse mit einem klaren ökologischen und sozialen Anforderungskatalog an die Produktion einhergehen. Etliche Biokraftstoffproduzenten bemühten sich mittlerweile sowohl um den Einsatz neuer Technologien, als auch um einen regionalen Einkauf und Sozial- und Umweltstandards in der Produktion. Sie versuchten, den derzeitigen Anteil von Biokraftstoffen am globalen Rohölverbrauch von 0,8 Prozent in den kommenden Jahren stark auszubauen. „Wenn es aber keine technologischen Entwicklungen für eine bessere Nutzung der Biomasse gibt, sehen wir für den umwelt- und sozialverträglichen Einsatz von Biokraftstoffen in der EU und den USA eine Grenze von etwa fünf Prozent des derzeitigen Benzin- und Dieselverbrauchs“, fasst Matthias Fawer-Wasser die Ergebnisse der Studie zusammen. „Eine zweite Generation von Biokraftstoffen wie Cellulose-Ethanol oder Biogas bewertet die Bank Sarasin aus nachhaltiger Sicht allgemein besser, da die Ausbeute pro Hektar größer ist und eine Vielzahl von Pflanzen zur Produktion verwendet werden können“, so Fawer-Wasser. Für eine dauerhaft positive Entwicklung am Finanzmarkt werde daher langfristig entscheidend sein, ob die Produzenten von Biokraftstoffen Nachhaltigkeitskriterien für die Beschaffung und Herstellung berücksichtigen. Denn nur so sei das 'Bio' im Namen der Kraftstoffe wirklich gerechtfertigt.
28.07.2006 Quelle: Bank Sarasin & Cie AG Solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH