DUH: Sicherheitsmängel im AKW Brunsbüttel gravierender als in Forsmark

Seit Jahren forderten Experten vergeblich die Anpassung der mangelhaften Notstromversorgung des Atomkraftwerks Brunsbüttel an moderne Standards, kritisiert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) in einer Pressemitteilung. Die Betreiber Vattenfall und E.ON würden die Nachrüstung verweigern und forderten gleichzeitig eine Laufzeitverlängerung, so die DUH. Nach dem Störfall im schwedischen AKW Forsmark veröffentlicht die Deutsche Umwelthilfe interne Einzelheiten und […]

Seit Jahren forderten Experten vergeblich die Anpassung der mangelhaften Notstromversorgung des Atomkraftwerks Brunsbüttel an moderne Standards, kritisiert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) in einer Pressemitteilung. Die Betreiber Vattenfall und E.ON würden die Nachrüstung verweigern und forderten gleichzeitig eine Laufzeitverlängerung, so die DUH. Nach dem Störfall im schwedischen AKW Forsmark veröffentlicht die Deutsche Umwelthilfe interne Einzelheiten und verlangt die vorzeitige Stilllegung des Atomkraftwerks Brunsbüttel oder eine grundlegende Nachrüstung bis zur regulären Abschaltung entsprechend dem Atomausstiegsgesetz.  Unter allen deutschen Atomkraftwerken verfüge der Siedewasserreaktor Brunsbüttel über das gegen Betriebsstörungen anfälligste Sicherheitsleitsystem, heißt es in der DUH-Pressemitteilung. Die Notstromversorgung sei auf Betriebsstörungen schlechter vorbereitet als der schwedische Reaktor in Forsmark, in dem sich am 25. Juli ein schwerer Störfall ereignete. Darauf weise die Deutsche Umwelthilfe (DUH) nach intensivem Studium zahlreicher interner Unterlagen hin, die von der Reaktorsicherheitskommission der Bundesregierung, der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) in Köln, von Technikern des Kraftwerks und der schleswig-holsteinischen Aufsichtsbehörde stammten.

DUH-Bundesgeschäftsführer Resch: „Auf kritische Störfall-Situationen ist der Brunsbüttel-Reaktor erkennbar schlechter vorbereitet als der in Forsmark“

Aus Protokollen und Sachverständigen-Gutachten gehe hervor, dass die deutschen Aufsichtsbehören die Brunsbrüttel-Betreiber Vattenfall und E.ON seit 2002 vergeblich zu einer grundlegenden Modernisierung der Notstromversorgung des Reaktors gedrängt hätten. Auslöser seien gravierende Mängel in der Sicherheitsleittechnik des Reaktors gewesen, die erst im Zusammenhang mit der Inbetriebnahme eines neuen Simulators zur Schulung der Betriebsmannschaften erkannt worden seien und die zuvor über Jahrzehnte niemand bemerkt hatte. Daraus hätte sich ergeben, dass schwere Störfälle wie in Forsmark von der komplexen und defizitären Sicherheitselektrik in Brunsbüttel möglicherweise nicht hätten bewältigt werden können, warnt die DUH. „Die Behauptung der Betreiber, ein Störfall wie in Schweden sei in deutschen Reaktoren nicht möglich, ist definitiv falsch“, sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. „Möglicherweise würde er im Detail anders ablaufen als in Forsmark, aber auf kritische Störfall-Situationen ist der Brunsbüttel-Reaktor erkennbar schlechter vorbereitet als der in Forsmark“, so Resch weiter.

Die DUH zitiert den Fachausschuss „Elektrische Einrichtungen“ der Reaktorsicherheitskommission (RSK) der Bundesregierung. Dieser kam nach Untersuchungen in den Jahren 2002 und 2003 „zu dem Ergebnis, dass auch nach Herstellung des Soll-Zustandes (Erfüllung der sicherheitstechnischen Anforderungen) ein Anlagenkonzept im KKB vorliegt, welches hinsichtlich einiger Auslegungsmerkmale, z. B. Abstimmung des Schaltkonzeptes zwischen Verfahrenstechnik und Energieversorgung, Unabhängigkeit der Teilsysteme und Einfachheit der Leittechnikfunktionen, nicht mehr dem Stand von Wissenschaft und Technik entspricht.“ Nicht einmal eine – theoretisch mögliche – Nachrüstung mit modernster Leittechnik könne die Sicherheitsdefizite „heilen“, weil „dies die Defizite im Anlagenkonzept hinsichtlich des Aufbaus der Notstromversorgung nicht ausgleicht“, urteilte die RSK abschließend.

„Selbst dieses vernichtende Urteil hat nicht verhindern können, dass der Reaktor Brunsbüttel im März 2003 wieder in Betrieb genommen wurde“, sagte Gerd Rosenkranz, der Leiter Politik der DUH. Rosenkranz berichtete, dass über die Übertragbarkeit der Abläufe in Forsmark und Brunsbüttel im Gegensatz zur öffentlichen Wahrnehmung auch intern noch kein endgültiges Urteil vorliege. Zwar hätten die Gutachter der Kieler Aufsichtsbehörde in der vergangenen Woche gegenüber Bundesumweltminister Gabriel für die Kraftwerke Brokdorf und Krümmel Entwarnung gegeben, nicht aber für Brunsbüttel.

DUH: Diskussion über eine Laufzeitverlängerung für Brunsbüttel und andere Altreaktoren in Deutschland sofort einstellen

DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch forderte die Reaktorbetreiber Vattenfall und E.ON auf, „die Diskussion über eine Laufzeitverlängerung für Brunsbüttel und andere Altreaktoren in Deutschland sofort einzustellen. Das Kraftwerk Brunsbüttel ist auf Störfälle schlechter vorbereitet als der Pannenreaktor in Schweden. Die Alternative kann nur sein: Umfangreiche Nachrüstung und Stilllegung entsprechend der Vereinbarung zum Atomausstieg oder vorzeitige Abschaltung des Siedewasserreaktors.“ Bei normaler Auslastung muss der Brunsbüttel-Reaktor entsprechend der Atomausstiegsvereinbarung im Jahr 2009 abgeschaltet werden.

17.08.2006   Quelle: Deutsche Umwelthilfe e.V.   Solarserver.de   © EEM Energy & Environment Media GmbH

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