Emissionshandel: Umweltverbände kritisieren Sonderregelungen für Braunkohlekraftwerke
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der World Wide Fund For Nature (WWF) und Greenpeace haben den Gesetzentwurf von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel zur Zuteilung der Kohlendioxid-Emissionsrechte für den Zeitraum von 2008 bis 2012 kritisiert. Neben der Tatsache, dass die Emissionsrechte kostenlos verteilt würden und die Minderungsziele für die Energieversorger und Industrie viel zu niedrig seien, bemängelten die Verbände die vielen Privilegien für Kohlekraftwerke. Insbesondere die Sonderregelungen für die Braunkohlenkraftwerke Neurath in Nordrhein-Westfalen und Boxberg in Sachsen sind den Verbänden ein Dorn im Auge.
BUND, Greenpeace und WWF: Zuteilung von CO2-Zertifikaten auf sieben Jahre beschränken
Neu sei, dass das vom Stromversorger Vattenfall geplante Kraftwerk in Boxberg mit 675 Megawatt Leistung zu den bisher vorgesehenen Emissionsrechten für 3,8 Millionen Tonnen im Jahr zusätzlich Rechte für Kohlendioxid-Emissionen in Höhe von 1,5 Millionen Tonnen erhalte. Dies sei im nach Brüssel gemeldeten Nationalen Allokationsplan zur Verteilung der Emissionsrechte nicht enthalten, kritisieren die Umweltverbände in ihrer gemeinsamen Pressemitteilung. Gegenüber einem gleich leistungsfähigen und effizienten Gaskraftwerk werde die Boxberger Anlage so 14 Jahre lang mit insgesamt über 800 Millionen Euro subventioniert. Das im Bau befindliche RWE-Kraftwerk Neurath mit 2.100 Megawatt Leistung wolle die Bundesregierung 18 Jahre lang von der Pflicht zur Emissionsminderung ausnehmen. Mit diesen Sonderregelungen würden in beiden Fällen über das Jahr 2030 hinaus Fortschritte im Klimaschutz blockiert, so die Verbände. Auch die in der Regel 14 Jahre lang garantierte Zuteilung von CO2-Zertifikaten für neue Kraftwerke wollen BUND, Greenpeace und WWF auf sieben Jahre beschränken.
WWF: Gabriel hat die Weichen beim Emissionshandel prinzipiell falsch gestellt
„Der Emissionshandel darf nicht zum Einfallstor für die Sonderinteressen einzelner Kraftwerksbetreiber werden. Mit diesem Lex Vattenfall und Lex RWE sollen zwei extrem klimaschädliche Braunkohlekraftwerke auf Kosten der Allgemeinheit subventioniert werden. Wenn Sigmar Gabriel das zulässt, verstößt er gegen Deutschlands Klimaschutzziele“, kommentiert die BUND-Vorsitzende Angelika Zahrnt. Regine Günther, Leiterin der Energie- und Klimaabteilung des WWF ergänzt: „Es ist befremdlich, dass ausgerechnet Umweltminister Gabriel entgegen dem Parteienkonsens von CDU, FDP, Grünen und Teilen der SPD gegen die Versteigerung der Zertifikate Front macht. Gabriel hat die Weichen beim Emissionshandel prinzipiell falsch gestellt. Die Zuteilung von CO2-Zertifikaten für neue Kraftwerke muss unabhängig vom Brennstoff erfolgen. Bisher missbraucht die Bundesregierung den Emissionshandel als Förderinstrument zum Bau klimaschädlicher Kohlekraftwerke.“ Greenpeace-Geschäftsführerin Brigitte Behrens meldet Zweifel an: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Deutsche Bundestag ein Gesetz verabschiedet, mit dem Milliarden an RWE und Co. verschenkt werden. Milliarden, die wir so dringend brauchen für Umweltschutz, Soziales, Bildung und Forschung.“
Zehn Prozent der Emissionsrechte sollen bereits ab 2008 versteigert werden
Die Umweltverbände begrüßten, dass das Bundesumweltministerium den Weg für eine vollständige Versteigerung der Emissionsrechte ab 2013 frei machen wolle. Zehn Prozent der Emissionsrechte müssten jedoch bereits ab 2008 versteigert werden. Die Verbände fordern, dass die EU-Kommission das deutsche Zuteilungsgesetz ablehnt. Falls Umweltminister Gabriel in seinem Gesetzentwurf die Emissionsrechte nicht reduziere, müsse der Bundestag den Emissionshandel zu einem wirksamen Klimaschutzinstrument machen.
Die Stellungnahme der Umweltverbände zum Entwurf des Zuteilungsgesetzes gibt es im Internet unter: www.bund.net/klimaschutz
31.10.2006 Quelle: BUND, WWF, Greenpeace Solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH