Gülle vergolden: Landwirte entdecken erneuerbare Energien

Das Gelände rund um die drei kreisrunden Großtanks ist frisch asphaltiert. Noch lärmen ein paar Baufahrzeuge. Karsten Hamdorf geht in die Generatorhalle, überprüft die Maschine, kontrolliert das Steuerpult. Die Atmosphäre auf dem Hof in Wakendorf bei Lübeck gleicht eher der eines kleinen Industriegebiets. Tanks statt Ställe, Generatorbrummen statt Schweinegrunzen: Auf diesem Bauernhof ist längst nichts […]

Das Gelände rund um die drei kreisrunden Großtanks ist frisch asphaltiert. Noch lärmen ein paar Baufahrzeuge. Karsten Hamdorf geht in die Generatorhalle, überprüft die Maschine, kontrolliert das Steuerpult. Die Atmosphäre auf dem Hof in Wakendorf bei Lübeck gleicht eher der eines kleinen Industriegebiets. Tanks statt Ställe, Generatorbrummen statt Schweinegrunzen: Auf diesem Bauernhof ist längst nichts mehr so, wie es früher einmal war. Statt auf klassischen Ackerbau und Viehzucht setzt Bauer Hamdorf heute konsequent auf die Chancen steigender Energiepreise. Seit Jahresbeginn produziert er Wärme und Strom.
Seitdem käme gewiss niemand mehr auf den Gedanken, hier idyllische Ferien auf dem Bauernhof verbringen zu wollen. „Das ist noch immer eine große Baustelle“, sagt der 49-Jährige. Er verfolgt keine traditionell-bäuerlichen Ziele, sondern zukunftsorientiert-wirtschaftliche. Mit dem Bau der 370-KW-Biogas-Anlage, die knapp drei Millionen Kilowattstunden im Jahr liefern wird, ist er in das Energiegeschäft eingestiegen.
Einkünfte aus der Energieproduktion sicherer als Agrarpreise
Biogas boomt. Rund 3.500 Biogasanlagen gibt es derzeit in Deutschland. Finanzierte die staatliche KfW Förderbank im Jahr 2004 erst 17 solcher Anlagen und ein Jahr später 85, waren es 2006 bereits 404. Immer mehr Bauern stellen ihre Produktion auf Energieerzeugung um: Sie bauen energiereiche Pflanzen an, die sie in Biogasanlagen verstromen und verkaufen die Kilowattstunden – dank hoher Einspeisevergütung für Strom aus regenerativen Energiequellen – zu lukrativen Konditionen. Anders als die schwankenden Agrarpreise sind die Einkünfte aus der Energieproduktion wegen der fixierten Einspeisevergütung besser kalkulierbar.

Strom und Wärme aus Mais und Gülle
Seit 2004 befasst sich Hamdorf mit dem Projekt. Den Anlass, nach Alternativen zu suchen, gab der damals sehr niedrige Getreidepreis. „Ich glaube, in der Energieerzeugung sind dauerhaft bessere Preise zu erzielen“, sagt Hamdorf. Heute baut er Mais an und kauft welchen dazu, um ihn mit der Gülle in den Tanks unter permanentem Rühren immer stärker zum Gären zu bringen. Das Gas wird verbrannt und verstromt. Mit der anfallenden Wärme heizt er seine Wohnung sowie einige Mietwohnungen in der Nachbarschaft. Die Investition von rund einer Million Euro soll sich in rund zehn Jahren rechnen, auch weil er eine günstige Finanzierung gefunden hat. Die maßgeschneiderte Kombination von Krediten aus drei KfW-Programmen bescherte ihm Zinsen zwischen 2,85 und 4,55 Prozent. „Durch so niedrige Zinsen bei Laufzeiten von bis zu 20 Jahren bleibt für mich das Risiko überschaubar“, sagt Hamdorf.

Strom vom Gutshof
Erneuerbare Energien sind für Landwirte zur echten Alternative geworden – auch für Großbetriebe. Der Land- und Forstbetrieb des Freiherrn Karl-Hubertus von Beverfoerde beispielsweise umfasst 2.000 Hektar Wald und 250 Hektar Acker. „Wir machen Holz, Getreide, Mais und betreiben Schweinemast – das ganze Programm“, sagt Rentmeister Ludger Elias. Eine reichhaltige Palette hat das Gut mit zehn Mitarbeitern in Ostbevern bei Münster auch im Bereich erneuerbarer Energiequellen vorzuweisen: Neben einer kleinen Wasserkraftanlage, die Strom für das Netz produziert, verarbeitet eine Holzhackschnitzelanlage Resthölzer, mit denen geheizt werden kann. „Damit ersetzen wir 400.000 Liter Heizöl im Jahr“, sagt der 48-jährige Elias.
Seit Jahresbeginn ist zudem eine 370-KW-Biogasanlage am Netz. „Wir haben überlegt, wie wir unseren Betrieb zukunftssicher machen können“, sagt Elias über die Investition. Zwei Gülle-Bottiche – je sechs Meter hoch und bis zu dreißig Meter im Durchmesser, ein Technikgebäude und einige Mais-Silos sind gebaut worden. Mehr als eine Million Euro aus dem ERP-Umweltprogramm und dem Umweltprogramm der KfW Förderbank wurden investiert. „Das Angebot lag etwa einen halben Prozentpunkt unter anderen Angeboten“, sagt Elias, der schon bisherige Investitionen mit KfW-Krediten finanziert hat.
Eine Begleiterscheinung des neuen Geschäftsfelds auf dem Land ist das höhere Qualifikationsniveau der Arbeit. „Die Arbeit ist technischer, die Mitarbeiter sind versierter geworden“, sagt Elias. Arbeiten auf dem Bauernhof hat einen neuen Reiz. Bauer Hamdorf knüpft daran die Hoffnung, den Familienbetrieb an den Sohn übergeben zu können. „Er verfolgt die Bauarbeiten jedenfalls mit Interesse“, sagt der 49-Jährige.

18.08.2007 | Quelle: KfW Bankengruppe | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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