Klimaforscher Graßl verteidigt Bali-Konferenz gegen Kritik an CO2-Bilanz und nennt die wichtigsten Zukunftsaufgaben
Allein durch die Anreise der Teilnehmer werde die Weltklimakonferenz vom 3. bis 10. Dezember 2007 auf der indonesischen Insel Bali das Klima mit einigen zehntausend Tonnen CO2 zusätzlich belasten, berichtet das Greenpeace Magazin in einer Pressemitteilung. Doch Hartmut Graßl, Deutschlands renommiertester Klimaforscher, nimmt die Veranstaltung im Interview mit dem Greenpeace Magazin vehement in Schutz: “Solche Massenauftriebe sind einfach notwendig”, sagte der emeritierte Direktor des Hamburger Max-Planck-Instituts für Meteorologie und frühere Chef des Weltklimaforschungsprogramms der UN.
“Über die Champions League regt sich auch keiner auf”
Weil das Klimaproblem nur im globalen Maßstab zu lösen sei, “müssen sich die Entscheidungsträger treffen und die erforderlichen Maßnahmen verabreden, das geht nicht anders”, so Graßl. Zudem sei die Kritik an der CO2-Bilanz der Bali-Konferenz unfair: “Wenn in der Champions League Endspiel ist, jetten Zehntausende hin, zum Beispiel nach Barcelona. Warum regt sich darüber keiner auf?”
Schmelzen des Grönlandeises wäre das Aus für fast alle Megastädte dieser Welt
Nachdem der menschliche Einfluss aufs Klima bewiesen sei, müsse sich die Klimaforschung nun weiteren fundamentalen Problemen stellen, betonte Graßl im Greenpeace Magazin. Der 67-jährige Atmosphären-Physiker zählt dazu die Frage, welche Temperaturerhöhung ein unumkehrbares Abschmelzen des Grönlandeises auslöst. “Ein solches Ereignis wäre das Aus für fast alle Megastädte dieser Welt, die ja an den Küsten liegen”, sagte Graßl. Zwar lasse die Eisschmelze den Meeresspiegel so weit vielleicht erst im Jahr 2400 ansteigen. “Aber es kann eben sein, dass wir schon 2040 die Schwelle überschreiten, jenseits der die Dinge unabwendbar würden”, warnt Graßl.
Als weiteres Thema nannte Graßl dem Greenpeace Magazin die Ermittlung möglicher Extremwerte. Bislang sei vor allem der mittlere Temperaturanstieg erforscht worden. “Doch welche Extreme sind möglich, wogegen müssen wir uns wappnen?” Schließlich müsse sich die Klimawissenschaft ihre regionalen Vorhersagen, etwa bei der Verteilung der Niederschlagsmengen, verbessern.
Obwohl der Klimawandel immer bedrohlichere Dimensionen annehme, bleibt Hartmut Graßl jedoch optimistisch. Dem Greenpeace Magazin sagte er: “Ich habe den Eindruck, dass die Menschen, wenn sie die Gefahr wirklich erkannt haben, auch handeln. Der Punkt ist momentan erreicht.”
Das vollständige Interview ist erschienen in der neuen Ausgabe des Greenpeace Magazins, das seit Freitag, 30. November, auf dem Markt ist.
01.12.2007 | Quelle: Greenpeace Magazin | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH