Klimagipfel: positives Echo der Politik, Verbände vermissen Substanz
In einer dramatischen Verhandlungsrunde ist doch noch ein Durchbruch des Klimagipfels in Bali gelungen, kommentiert die Nord-Süd-Initiative Germanwatch. „Die Lokomotive, die Ende 2009 zu einem weitreichenden weltweiten Klimaschutzabkommen führen soll, hat Fahrt aufgenommen“, kommentierte Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. „Die vier Räder der Lokomotive sind die Pakete zur Treibhausgasverringerung, zur Anpassung, zur Technologiekooperation und zur Finanzierung.“ In Bali wurden jetzt zwar noch keine ausreichenden Reduktionsziele vereinbart aber immerhin: Für die Industrieländer ist eine Spannbreite von 25 bis 40 Prozent Reduktion bis 2020 gegenüber 1990 als Verhandlungsgrundlage vereinbart worden. „Die Bali-Roadmap plus eine neue Regierung in den USA könnten dazu führen, dass 2009 die zur Großgefahrenabwehr notwendigen Ziele vereinbart werden“ ergänzt Klaus Milke, Vorsitzender von Germanwatch.
Bundeskanzlerin Merkel begrüßt Ergebnis als großen Erfolg
„Das Ergebnis der Klimaschutzkonferenz auf Bali ist ein großer Erfolg, weil es den Weg für die eigentlichen Verhandlungen über wirksame Maßnahmen zum Klimaschutz und für verbindliche Ziele zur Verringerung der Treibhausgas-Emissionen frei macht“, sagte Angela Merkel am 15.12.2007. „Natürlich wird der Weg zu einem Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Abkommen noch steinig werden. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass sich das Mandat von Bali schon bald als wegweisend und weichenstellend erweisen wird – ähnlich wie es das Mandat von Berlin in den neunziger Jahren trotz anfänglicher Kritik getan hat“, so Merkel weiter. Das Mandat von Berlin habe seinerzeit den Weg zum Kyoto-Abkommen geebnet und Bali werde zu einem bindenden und international verpflichtenden Nachfolgeabkommen führen, betont die Bundeskanzlerin.
„Bundesumweltminister Gabriel hat auf Bali gemeinsam mit den anderen europäischen Delegationen hervorragend verhandelt und leidenschaftlich für ein neues Klimaschutzmandat gekämpft. Die geschlossene Haltung der Europäer war eine wesentliche Grundlage des guten Ergebnisses; ohne sie wäre der Erfolg von Bali nicht möglich gewesen“, fasst Merkel zusammen.
Gabriel wertet Kompromiss von Bali als großen Fortschritt
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel sieht den Ausgang der Klimaschutzkonferenz auf Bali als „mühsam errungenen, aber tragfähigen Kompromiss mit substantiellen Festlegungen“. „Das Ergebnis von Bali ist weniger, als Deutschland und die EU sich gewünscht hätten. Aber es ist weitaus besser, als angesichts der schwierigen Ausgangslage und der unterschiedlichen Interessen zu erwarten war“, sagte Gabriel nach Beendigung der zweiwöchigen Klimakonferenz. „Das Signal von Bali lautet: Die Staatengemeinschaft will in den kommenden zwei Jahren ein Nachfolgeabkommen zum Kyoto-Protokoll aushandeln. Und: Sowohl Industrieländer als auch Entwicklungsländer wollen ihre Anstrengungen für den Klimaschutz verstärken. Gemessen daran, wie festgefahren die Situation noch auf dem letzten Klimagipfel in Nairobi war, ist Bali ein großer Fortschritt.“
„Es ist ein Riesenfortschritt, dass in Bali die Entwicklungsländer, die weit weniger zu den Ursachen des Klimawandels beigetragen haben, erstmals zugestimmt haben, ihrerseits weitergehende Maßnahmen zur Senkung des Treibhausgas-Ausstoßes zu ergreifen. Auch diese Maßnahmen werden in der Erklärung von Bali mit den Attributen messbar, dokumentierbar und nachprüfbar versehen. Dass die Entwicklungsländer dabei technologisch und finanziell unterstützt werden wollen, ist eine Selbstverständlichkeit.
EUROSOLAR: Weltklimaschutz braucht neue politische Handlungsansätze
„Die Konferenz in Bali hat erneut gezeigt, dass Verhandlungen mit dem Ziel eines alle Länder umfassenden Globalvertrags für Klimaschutz allenfalls auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner eines Minimalkompromisses enden können. So aber kann die organisierte Pyromanie der Verbrennung fossiler Energie nicht beendet werden“, kommentiert der Bundestagsabgeordnete Dr. Hermann Scheer, Präsident von EUROSOLAR und Vorsitzender des Weltrats für Erneuerbare Energien (WCRE). „Damit aber bleiben die Resultate stets weit hinter der tatsächlich gegebenen Herausforderung und die Weltzivilisation droht den Wettlauf mit der Zeit zu verlieren. Schnelle und umfassend angelegte Schritte zur Energiewende einzuleiten und dafür zugleich einen Weltkonsens aller Regierungen zu erreichen, kommt einer Quadratur des Kreises gleich. Das ist die Erfahrung, die sich auch in Bali wieder bestätigt hat“, so Scheer.
Nötig sei eine internationale Allianz wirklich aktionsbereiter Staaten, eine „coalition of the willing“ gegen den „laufenden Weltkrieg gegen die Natur“, die mit gutem Beispiel vorangehe und damit eine weltweit ausstrahlende technologische Revolution zur Nutzung erneuerbarer Energien auslöst. „Einer solchen Dynamik wird sich keiner mehr entziehen können“, betont Scheer.
Greenpeace: Scheitern verhindert, aber zu wenig Substanz
Dem Beschluss der UN-Klimakonferenz von Bali fehlen die wichtigen Minderungs-Ziele für den Ausstoß von Treibhausgasen, welche die Wissenschaft und die Verantwortung für die Menschheit fordern, erklärte Greenpeace zum Ende der Konferenz. „Die USA hätten die Konferenz beinahe entgleisen lassen. In einer dramatischen Sitzung mit offener Kritik an ihrer Haltung mussten die USA einlenken. Dennoch verhinderte die Bush-Regierung im Abschlussdokument den Hinweis auf die drastischen Emissionssenkungen, die notwendig sind, um den Klimawandel zu stoppen. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse des UN-Weltklimarats IPCC sind im Hauptdokument zu einer Fußnote degradiert worden“, heißt es in der Greenpeace-Pressemitteilung. Die deutsche Bundesregierung habe mit ihrem Beschluss eines 40-Prozent-Ziels ein Beispiel gegeben. Sie habe in Bali eine wichtige und überzeugende Rolle gespielt. Andere Industriestaaten müssten nun mit Reduktionszielen von mindestens 30 Prozent folgen, fordert Greenpeace. „Die Industriestaaten müssen darauf vertrauen, dass bald eine neue US-Regierung im Amt sein wird, die die internationale Klimapolitik unterstützen wird“, erklärte Greenpeace Klima-Experte Tobias Münchmeyer.
WWF: konkretes Datum für das neue Klimaschutzabkommen positiv fehlende Einigung über Reduktionsverpflichtungen für die Industrieländer enttäuschend
„Der Gipfel hat gezeigt, dass die Kluft zwischen Wissen und tatsächlichem Handeln in der Klimapolitik noch immer groß ist“, kommentiert Regine Günther Leiterin des Bereichs Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF Deutschland. „Die internationale Staatengemeinschaft hatte bis zur letzten Minute die USA als Klotz am Bein, deshalb ist man leider nicht weitergekommen.“ Positiv ist für den WWF, dass man sich mit 2009 auf ein konkretes Datum geeinigt habe, bis wann das neue Klimaschutzabkommen stehen müsse. Dadurch steige der politische Druck, die Verhandlungen in den kommenden zwei Jahren zu einem Ende zu führen. Mit dem Mandat von Bali stehe ein politischer Rahmen, der die Richtung vorgebe. Dies sei ein Bekenntnis der internationalen Staatengemeinschaft, dass der Klimawandel nur gemeinsam zu bewältigen sei.
Enttäuschend sei hingegen, dass man sich nicht auf konkrete Reduktionsverpflichtungen für die Industrieländer festgelegt habe. Dies sei wieder einmal am Widerstand der USA gescheitert. Auch bei der Frage, ob die Treibhausgasemissionen, wie vom Weltklimarat (IPCC) empfohlen, spätestens ab 2015 weltweit drastisch sinken müssen, spielten die USA, gestützt von Russland, Japan und Kanada eine laut WWF eine destruktive Rolle. „Die USA haben alle Anstrengungen unternommen, das Balimandat zu verwässern. Immerhin gibt das Mandat dem nächsten Präsidenten der USA die Möglichkeit, einen wirkungsvollen Beitrag im globalen Kampf gegen den Klimawandel zu leisten“, kommentiert Günther. Deutschland habe auf dem Gipfel eine sehr positive Rolle gespielt, erkennt der WWF an.
MISEREOR: Nur Hoffnung, aber kein Sieg für die Anliegen der Armen
Als unzureichend wertet das katholische Entwicklungshilfswerk MISEREOR die Ergebnisse der Klimakonferenz auf Bali. „Im jetzt verabschiedeten Bali-Fahrplan bleibt die feste Vereinbarung über die Reduktion der Treibhausgase kaum sichtbar in einer Fußnote und im Nebel wissenschaftlicher Verweise verborgen“, moniert der Abteilungsleiter Entwicklungspolitik, Dr. Bernd Bornhorst. „Angesichts der Dramatik des Klimawandels und der schon jetzt spürbaren Auswirkungen für die Menschen im Süden ist das den Betroffenen nicht zu vermitteln und verursacht Wut und Angst vor der Zukunft“, so Bornhorst.
Der Aktionsplan enthalte aber auch Bausteine einer gerechteren Klimaschutzpolitik, die in die richtige Richtung weisen, meinte Bornhorst. Hierzu zähle insbesondere die Selbstverpflichtung der Industriestaaten, die Entwicklungsländer dabei zu unterstützen, die negativen Folgen des Klimawandels zu bewältigen und den Zugang zu – und die eigene Entwicklung von – neuen, klimafreundlichen Technologien zur Minderung von Treibhausgasen zu erleichtern. Zudem sei in Parallelverhandlungen eine Einigung über die Struktur eines Anpassungsfonds erzielt worden, so dass dieser seine Arbeit aufnehmen könne. „Damit ist deutlich geworden, dass die Industriestaaten ihre Verantwortung für den Klimawandel wahrnehmen und anerkennen, dass sie finanzielle und technische Beiträge leisten müssen. Allerdings reichen die derzeit zur Verfügung stehenden Mittel bei weitem nicht aus, um die notwendigen Anpassungsmaßnahmen zu finanzieren.“, betont Bornhorst. „Die Industrieländer sollten sich deshalb zukünftig verpflichten, entsprechend ihres historischen Beitrages zum Klimawandel Zahlungen für Anpassungsmaßnahmen in Entwicklungsländer zu leisten“, fordert der MISEREOR Abteilungsleiter.
17.12.2007 | Quelle: Germanwatch; Presse- und Informationsamt der Bundesregierung; BMU; Greenpeace; WWF; EUROSOLAR; MISEREOR | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH