Axel Berg kommentiert Desertec: Wir brauchen intelligente Netze – in Europa und für München!

„Das letzte Woche in München vorgestellte Projekt Desertec ist visionär: Es will ein transkontinentales Gleichstrom-Netz aufbauen und die Erneuerbare-Energien-Kraftwerkskapazitäten massiv aufstocken, um damit die Grundlast der Stromversorgung mit Erneuerbarer Energie abzudecken. So würden Kohle- und Atomkraftwerke langfristig überflüssig. Es wäre ein Meilenstein für den Klimaschutz gesetzt“, so der SPD-Bundestagsabgeordnete für den Münchner Norden, Dr. Axel […]

„Das letzte Woche in München vorgestellte Projekt Desertec ist visionär: Es will ein transkontinentales Gleichstrom-Netz aufbauen und die Erneuerbare-Energien-Kraftwerkskapazitäten massiv aufstocken, um damit die Grundlast der Stromversorgung mit Erneuerbarer Energie abzudecken. So würden Kohle- und Atomkraftwerke langfristig überflüssig. Es wäre ein Meilenstein für den Klimaschutz gesetzt“, so der SPD-Bundestagsabgeordnete für den Münchner Norden, Dr. Axel Berg, Vorsitzender der energiewerk Stiftung (München). „Das Projekt Desertec hat jedoch Konstruktionsfehler. Das Konzept muss an maßgeblichen Stellen modifiziert und ergänzt werden“, kommentiert Berg.
Zunächst sollte die Grundidee des Projekts, die auf einen Entwurf von Gregor Czisch zurückgehe, modifiziert werden. Das Herzstück des Entwurfs ist ein so genanntes „Supernetz“, ein kontinentales Hochspannungs-Gleichstrom-Verbundnetz (HGÜ-Netz), das ganz Europa mit Nordafrika und dem Nahen Osten verbindet und einen beinahe verlustfreien kontinentalen Energietransport ermöglicht. Darin eingebunden sind Windkraftwerke in den windreichen Gebieten Nordwesteuropas und Marokkos, Wasserkraft aus Norwegen und den Alpenländern sowie Solarthermie- und Photovoltaik-Kraftwerke in den Mittelmeeranrainerstaaten und dem Nahen Osten. Sie sollen entsprechend den jeweils optimalen Standortfaktoren angeschlossen werden.

Virtuelles Kraftwerk soll alle Standorte und Kraftwerksarten verbinden
Auf diese Weise soll ein kontinentaler Kraftwerkspool entstehen, der gerade wegen der Tatsache, dass die Erzeugungsrisiken durch ein transkontinentales Energieangebot verteilt sind, grundlastfähig ist und zur Versorgungssicherheit beiträgt. Damit würden Kohle- und Atomkraftwerke ersetzbar, betont Berg. „Leider setzt Desertec allein auf eine einzige Kraftwerksart (Solarthermie) an einem einzigen Großstandort (Maghreb-Staaten). Konsequent wäre, wenn man das gesamte transkontinentale Erneuerbare-Energien-Grundlastsystem als ein einziges, virtuelles Kraftwerk versteht, das alle Erneuerbare-Energien-Kraftwerkstandorte und -Kraftwerksarten miteinander vernetzt. Durch einen optimalen Kraftwerkspool lassen sich so mögliche Risiken und Kosten minimieren. Hier schlagen wir vor, das Desertec-Projekt entsprechend zu modifizieren“, so Berg.

Intelligente Netze und Zähler zum Stromsparen plus dezentrale Strom-Einspeisung aus Blockheizkraftwerken, Biogas- und Photovoltaik-Anlagen
Letztlich werde jedoch entscheidend sein, auch die Nachfrageseite, also das Konsumentenverhalten, zu berücksichtigen. Der Stromverbrauch müsse und könne deutlich zurückgefahren werden. Hierfür sei eine dezentrale Energieversorgung die beste Option, die das Grundlastangebot aus dem europäischen Supernetz durch eine dezentrale, nachfrageorientierte Lösung für Verbrauchsspitzen ergänzt. In München z. B. sei der durchschnittliche Stromverbrauch in den frühen Abendstunden etwa doppelt so hoch als mitten in der Nacht, wofür eigens Gaskraftwerke vorgehalten werden müssten.
„Um solche Lastspitzen zu glätten, schlagen wir ein lokales, hoch effizientes Stromnetzwerk für München, ein intelligentes Netz (‚Smart Grid‘) vor. Es ist nachfrageorientiert insofern, als Geräte des Verbrauchers sich nur einschalten, wenn sowohl das Stromangebot hoch und auch der Strompreis günstig ist. Dafür brauchen wir flächendeckend eingeführte intelligente Stromzähler, wie es sie z.B. in Italien schon längst gibt. Sie können dem Verbraucher den aktuellen Strompreis anzeigen und über den preisoptimierten Verbrauch die Stromkosten senken“, erläutert Berg. „Wir begrüßen es sehr, dass die Einführung des intelligenten Stromzählers ab 1. Januar 2010 in Neubauten und nach großen Sanierungsmaßnahmen verpflichtend ist. Wir fordern, dass München hier eine Vorreiterrolle spielt und intelligente Stromzähler für sein gesamtes Versorgungsgebiet einführt.“
„Wir brauchen – ergänzend – ein Strompreisregime des Versorgers, das durch zeitabhängig gestaffelte Preise etc. zu einem flexibleren Konsumverhalten der Stromkunden führt. Wir brauchen außerdem intelligente elektrische Geräte, die ihren Stromverbrauch je nach Lastlage im Netz automatisch variieren. Wir brauchen des Weiteren intelligente, dezentrale Strom-Einspeisungen (etwa durch Blockheizkraftwerke, Biogas- und Photovoltaik-Anlagen), die entsprechend dem Bedarf über das intelligente Netz zugeschaltet werden. So können die gewaltigen Investitionen für ein transkontinentales Verbundnetz mit Erneuerbaren Energien durch lokale Initiativen ergänzt und effizient gemacht werden. Dezentrale Energie und Großtechnologie müssen kein Widerspruch sein“, fasst Berg zusammen.

27.07.2009 | Quelle: Dr. Axel Berg MdB | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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