Auf dem Weg zu billigerem Solarstrom; Innovationspreis für Fraunhofer IISB und SolarWorld
Gemeinsam haben Forscher des Fraunhofer IISB Erlangen, des Fraunhofer THM Freiberg und der SolarWorld AG herausgefunden, wie sie durch den Einsatz von Magnetfeldern bei der industriellen Produktion von Siliziumkristallen für die Photovoltaik spezielle Materialfehler vermeiden können. Diese Materialfehler seien schädlich für die Anwendung der Kristalle zur Erzeugung von Solarstrom, berichten die Projektpartner in einer Pressemitteilung. Für die gemeinsame Forschung und Entwicklung wurde den Forschern am 15. Oktober 2009 der Georg Waeber Innovationspreis 2009 des Förderkreises für die Mikroelektronik e.V. verliehen.
Die Photovoltaik basiere heute und auch in Zukunft auf kristallinen Siliziumsolarzellen, heißt es in der Pressemitteilung. Für deren Herstellung würden kostengünstige Siliziumkristalle mit maßgeschneiderten Eigenschaften benötigt, aus denen dünne Scheiben („Wafer“) für die Solarzellenfertigung geschnitten werden.
Materialfehler können den Wirkungsgrad von Solarzellen verschlechtern
Die Siliziumkristalle, genannt Blöcke, entstehen durch kontrollierte Kristallisation aus der rund 1.500°C heißen Siliziumschmelze. Ein wichtiges Wirtschaftlichkeitskriterium bei der Kristallisation der Siliziumblöcke sei die Wafer-Ausbeute pro Block. Diese werde neben anderen Faktoren durch den Gehalt an Kohlenstoff- und Stickstoff-Verunreinigungen im Silizium bestimmt. Während des Erstarrungsprozesses des Siliziumblocks könnten durch die Wechselwirkung des Siliziums mit Einbauten der Ofenanlagen und dem Tiegelmaterial Materialfehler in Form von Siliziumcarbid- und Siliziumnitrid-Ausscheidungen entstehen. Diese seien aufgrund ihrer gegenüber Silizium größeren Härte problematisch für die anschließenden Sägeprozesse. Zudem könnten sie aufgrund der Bildung von Kurzschlussströmen den Wirkungsgrad der Solarzellen verschlechtern. Diese Bereiche müssten aussortiert werden und minderten somit die Wafer-Ausbeute pro Block.
Hier setzt das Fraunhofer-Institut für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB an: Es forscht an seinem Hauptstandort in Erlangen sowie in seiner Außenstelle, dem Fraunhofer-Technologiezentrum für Halbleitermaterialien THM in Freiberg, im Auftrag des Industriepartners SolarWorld AG an einer Optimierung des Kristallisationsprozesses im Hinblick auf eine Vermeidung der Ausscheidungsbildung zur Erhöhung der Wafer-Ausbeute pro Block. Aufgabe war es, ein tiefgehendes Verständnis für die Mechanismen der Bildung dieser schädlichen Kristallfehler zu erarbeiten. Damit seien die wissenschaftlichen Voraussetzungen geschaffen worden, um durch verfahrenstechnische Maßnahmen die unerwünschten Ausscheidungen bei der industriellen Fertigung von multikristallinen Siliziumkristallen zu reduzieren beziehungsweise ganz zu vermeiden.
„Totwasserzonen“ in der Silizium-Schmelze
Gemeinsam haben die Forscher von Fraunhofer und Industrie durch grundlegende experimentelle und theoretische Untersuchungen herausgefunden, dass eine „gut gerührte“ Schmelze diese Ausscheidungsbildung verhindert. „Wir haben schon zu Beginn der Forschungsarbeiten vermutet, dass die Strömung in der Schmelze sehr wichtig für die Bildung der Materialfehler ist. In Zonen geringer Strömungsgeschwindigkeit im Bereich des fest-flüssig Phasenübergangs bei der Erstarrung des Siliziums können sich Verunreinigungen aufstauen und dann zu den Ausscheidungen im festen Silizium führen. Durch unsere Kristallisationsversuche im Labormaßstab und durch Computersimulation konnten wir diese Vermutung bestätigen“, erläutert Dr. Jochen Friedrich vom Fraunhofer IISB. „Der Hebel, an dem wir ansetzen mussten, war also, diese ‚Totwasserzonen‘ in der Schmelze zu vermeiden. Dafür brauchten wir eine technische Lösung, die sich ohne größeren Aufwand auf die großen Produktionsanlagen umsetzen lässt“, ergänzt Dr. Bernhard Freudenberg von der Solarworld AG.
Um diese Bedingungen in der industriellen Produktion zu erreichen, entwickelten die Forscher die Idee, optimierte Magnetfelder zur Beeinflussung der Strömung in der Siliziumschmelze zu nutzen. Mit Unterstützung von Computersimulation und speziellen Messtechniken seien die Produktionsanlagen so optimiert worden, dass die Totwasserzonen während der Kristallisation vermieden und die Ausbeute deutlich gesteigert werden konnte. Die damit einhergehende Kostenreduktion sei eine wichtige Voraussetzung dafür, dass sich das Wachstum der Photovoltaik auch in den nächsten Jahren fortsetzt.
Stellvertretend für die Forschungsteams am Fraunhofer IISB und THM sowie bei der SolarWorld AG, die zu diesen Entwicklungen maßgeblich beigetragen haben, wurden mit dem Georg Waeber Innovationspreis 2009 ausgezeichnet: Dr. Bernhard Freudenberg, Direktor Wafertechnologie bei der SolarWorld Innovations GmbH in Freiberg, einer hundertprozentigen Tochter der SolarWorld AG, und Dr. Jochen Friedrich, Leiter der Abteilung Kristallzüchtung des Fraunhofer IISB in Erlangen und Leiter des Fraunhofer THM in Freiberg. Die vom Förderkreis für die Mikroelektronik e.V. ausgeschriebene Auszeichnung wurde am 15. Oktober 2009 im Rahmen der Jahrestagung des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB an die Preisträger überreicht. Die Arbeiten zur elektromagnetischen Beeinflussung der Schmelzbadbewegung wurden gemeinsam von der Deutschen Solar AG als Antragsteller und dem Fraunhofer THM als Unterauftragnehmer im Rahmen des Projektes KOWÄSTO durchgeführt. Fortgeführt wurden die Untersuchungen im Rahmen des HiQuaSil-Projektes durch beide Einrichtungen als Verbundpartner. Beide Vorhaben wurden zum einen vom Europäischen Regional-Entwicklungs-Fond (ERDF) und zum anderen vom Wirtschafts- und Arbeitsministerium des Landes Sachsen gefördert.
19.10.2009 | Quelle: Fraunhofer-Institut für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH