Stromnetze 2.0: „Smart Grids“ verknüpfen Solar-, Wind und Bioenergie

Sonne, Wind, Biomasse – immer mehr Strom wird aus erneuerbaren Quellen gewonnen. Kommunikationstechnologien ermöglichen den Aufbau intelligenter Netze – den „Smart Grids“. Damit lassen sich stark schwankenden Einspeisungen managen sowie Erzeuger und Verbraucher enger miteinander verknüpfen. Auf der Hannover Messe präsentierten Forscher der Fraunhofer-Allianz Energie Entwicklungen für „Smart Grids“. Riesige Windparks, glänzende Photovoltaik-Anlagen auf Häusern, […]

Sonne, Wind, Biomasse – immer mehr Strom wird aus erneuerbaren Quellen gewonnen. Kommunikationstechnologien ermöglichen den Aufbau intelligenter Netze – den „Smart Grids“. Damit lassen sich stark schwankenden Einspeisungen managen sowie Erzeuger und Verbraucher enger miteinander verknüpfen. Auf der Hannover Messe präsentierten Forscher der Fraunhofer-Allianz Energie Entwicklungen für „Smart Grids“. Riesige Windparks, glänzende Photovoltaik-Anlagen auf Häusern, Fabriken oder Bauernhöfen – es ist unübersehbar, Deutschland setzt mehr und mehr auf Energie aus Wind, Sonne und Co.
Im vergangenen Jahr deckten erneuerbare Energien bereits 16 Prozent des gesamten Stromverbrauchs in Deutschland – Tendenz steigend. Doch die Energiegewinnung aus Wind und Sonne hat einen Nachteil: Je nach Wetterlage und Jahreszeit schwankt die Stromerzeugung stark. Haushalte und Industrie brauchen jedoch eine zuverlässige Energieversorgung. Die Integration dezentraler und stark fluktuierender Quellen erfordert ein intelligentes Stromnetz, das Energie-Erzeuger, -Speicher und -Verbraucher miteinander verbindet und so eine effiziente und zuverlässige Stromversorgung sicherstellt.

Stetig wachsende Zahl dezentraler Einspeisungen
„Der traditionelle Energiefluss geht von den Großkraftwerken, die nahe an Primärenergiequellen gebaut wurden, zu den Endverbrauchern. In den vergangenen Jahren haben sich die Anforderungen jedoch gewandelt: Die vollzogene Marktöffnung für Strom und die stetig wachsende Anzahl dezentraler Einspeisungen erfordern veränderte elektrische Energieversorgungssysteme“, beschreibt Dr.-Ing. Peter Bretschneider vom Fraunhofer-Anwendungszentrum AST in Ilmenau die aktuelle Situation. „Das Stromnetz muss eine möglichst flexible Plattform für den freien Energiehandel für alle Marktteilnehmer bieten, stark fluktuierende und nur schlecht prognostizierbare regenerative Einspeisungen aufnehmen und auch bei großen Belastungen zuverlässig arbeiten“. Diese gestiegenen Anforderungen lassen sich nur mit dem Einsatz von modernen Informations- und Kommunikationssystemen meistern.
Im „IuK-Energie-Labor“ untersuchen Fraunhofer-Forscher Lösungen für „Smart Grids“. Das Labor stellt eine Testfeldumgebung zur Verfügung, die alle Ebenen komplexer Energiesysteme, vom Privathaushalt über dezentrale regenerative Einspeisungen, Übertragungsnetzbetreiber bis hin zum strombörslichen Handel berücksichtigt. „Bisher floss der Strom immer nur in eine Richtung – vom Kraftwerk zum Verbraucher -, in Zukunft muss das Netz einen bidirektionalen Stromfluss gewährleisten können“, nennt Bretschneider eine wesentliche Herausforderung. Hierfür entwickeln die Forscher u.a. die notwendigen reglungstechnischen Algorithmen.

Virtuelle Kraftwerke
Um die Stromeinspeisungen von dezentralen Erzeugern besser zu managen, werden Photovoltaik-Anlagen, kleine Wasserkraftwerke, Windkraft- und Biogasanlagen zu virtuellen Kraftwerken zusammengeschlossen, die als zentrale Kraftwerke im Gesamtnetz agieren. „Diese virtuellen Kraftwerke ermöglichen einen ökonomisch und ökologische optimalen Betrieb, parallel zu den konventionellen Kraftwerken“, erläutert Bretschneider. Damit erneuerbare Energien jedoch ihr ganzes Potenzial entfalten zu können, werden darüber hinaus auch leistungsfähige Stromspeicher benötigt. Wie solche Speicher aussehen könnten und wie sie sich intelligent ins Stromnetz integrieren lassen, untersuchen Fraunhofer-Forscher.

Intelligente Stromzähler
Auch die Rolle der Verbraucher ändert sich in „Smart Grids“. Strom wird bislang zu festen Tarifen angeboten. Künftig müssen die Energieversorger differenzierte Tarife anbieten, die effizientes Verhalten belohnen. Doch Stromkunden können Energie nur dann effizienter nutzen, wenn sie genau wissen, wann sie wie viel Strom verbrauchen, wie teuer er aktuell ist, und ob der Gebrauch von Öko- Strom auch wirtschaftlich interessant ist. Deshalb setzen Fraunhofer- Forscher im Projekt „RESIDENS – Effizientere Energienutzung durch systemtechnische Integration des privaten Endabnehmers“ auf den Einsatz elektronischer Stromzähler. Diese Smart Meter messen den Verbrauch und speichern die Daten.
Von den intelligenten Stromzählern profitieren Stromanbieter und
Kunden: Dank der Smart Meter lässt sich jeden Monat der tatsächliche Verbrauch abrechnen, und der Kunde spart Geld, wenn er zum Beispiel nur in Nebenzeiten die Waschmaschine startet. „Die Stromanbieter können so Anreize zur Verschiebung der Stromnutzung weg von Spitzenlastzeiten schaffen“, sagt Bretschneider.

Leuchtturmprojekt „E-Energie“
Wie ein intelligentes Stromnetz in der Praxis aussehen könnte, untersuchen das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg und das Fraunhofer AST in dem Forschungsvorhaben „eTelligence“, einem Teilprojekt des Leuchtturmprojekts „E-Energie“
der Bundesregierung. Ziel ist es, ein halbes Dutzend Blockheizkraftwerke in Cuxhaven so ins Netz einzubinden, dass der Energieversorger EWE in Oldenburg damit Engpässe bei der Einspeisung erneuerbarer Energien ausgleichen kann. Eine Idee der Forscher: Überschüssige Energie wird in einem Schwimmbad gespeichert. Das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS in Erlangen entwickelt im E-Energy-Teilprojekt „Smart Watts“ ein intelligentes Steuerungssystem: Dieses Kommunikations-Gateway ist modular mit dem Stromzähler verbunden und übermittelt Preissignale vom Energieversorger bis ins Wohnzimmer des Kunden.

Das Stromnetz der Zukunft ist nicht mehr nur ein Geflecht aus Strommasten und Leitungen, sondern koordiniert Einspeiser sowie Verbraucher über IT-Systeme und sorgt für einen gleichmäßigeren Lastverlauf, der Verbrauchsspitzen vermeidet.
Weitere Informationen unter: www.energie.fraunhofer.de

27.04.2010 | Quelle: Fraunhofer-Anwendungszentrum für Systemtechnik AST | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

Beliebte Artikel

Schließen