Aktion WÄRME VON DER SONNE: ein Kaleidoskop der Solar-Akteure
Es war ein Abend der Kontraste. Franz Alt, gekleidet ganz in Weiß, malte mit polternder Stimme Schreckensszenarien von einem verwüsteten Planeten. Und verwies auf Arbeits- und Wachstumschancen, die nicht genützt würden. "Der Stoff kostet nichts", rief er aus. Und "Ist es nicht Grund genug, damit nicht nur Geld zu sparen, sondern auch noch zu verdienen?" appellierte er, doch endlich die Solarenergie zu nutzen. Die über 80 Gäste, die zu seinem Vortrag am 3. Juli in das Rohrberger Pfarrhaus im thüringischen Eichsfeld gekommen waren, lauschten gebannt.
Pfarrer Ipolt hingegen, Gastgeber an diesem Abend und standesgemäß in schwarzer Soutane, ist mehr ein Mann der leisen Worte. Schon 1985 habe die Deutsche Bischofskonferenz dazu aufgerufen, dass auch die Kirchengemeinden einen Beitrag zur Erhaltung der Lebens-grundlagen leisten – und zwar in unserem Land und nicht irgendwo, betonte er in seiner Ansprache. Im Eichsfeld werde dies getan, mit "unscheinbar kleinen Anfängen" wie der Solarstromanlage auf der Burgwalder Kirche und dem gerade sanierten Pfarrhaus. "Etwas Neues machen", darauf käme es an, und vor allen Dingen "so handeln, dass die nachfolgenden Generationen auch noch leben können."
Die Schöpfung bewahren
So unterschiedlich die beiden auch sein mögen – der eine reist als Journalist und Autor um die Welt und übt gern öffentlich Kritik an den heutigen Kirchen, der andere wirkt lokal in seinen vier Gemeinden und ist katholischer Pfarrer mit Leib und Seele – eines verbindet sie auf jeden Fall: der Wille, durch das Engagement für die erneuerbaren Energien einen Beitrag zur Bewahrung der Schöpfung zu leisten."Wer die Schöpfung lieben gelernt hat, will sie bewahren", sagt Franz Alt. Und Pfarrer Ipolt zitiert aus der Bibel: "Gebraucht die Erde, aber beutet sie nicht aus."
Franz Alt und Michael Ipolt haben ihre Gründe, und diese haben auch die zahlreichen anderen Verfechter der Energiewende, die sich in diesem Sommer an der Aktion WÄRME VON DER SONNE beteiligen. Ipolt ist Koordinator einer von 30 Solarinitiativen, die in der bundesweiten Solarwärme-Kampagne des Bundesverbands Solarindustrie (BSi) und des Bundesumweltministeriums (BMU) mitwirken.
Ein Kaleidoskop der Solar-Akteure
Hinter dem Wort "Solarinitiative", das spontan an rein ehrenamtlich tätige Solarvereine denken lässt, verbergen sich Aktionsbündnisse, welche die ganze Bandbreite der Solartechnik widerspiegeln. Da gibt es Heizungsbauer und Solarfirmen, Dachdecker, Innungen, Lehrer, Schüler, Bürgermeister, Landräte, Energieagenturen, Banken, Architekten, Stadtwerke und viele mehr. Den Auslöser für das gemeinsame Engagement aber haben häufig ehrenamtlich Tätige gegeben, die mit gleich Gesinnten Solar- und Umweltvereine gegründet haben. "Ich mach‘ das für meine Kinder." – "Den Solarvirus habe ich mir während des Studiums eingefangen." – "Ich war beeindruckt, wie junge Menschen sich für so eine gute Sache engagieren." – "Wenn man von einer Idee überzeugt ist, gibt es kein Zurück mehr", so nur einige Stimmen.
Stellvertretend für die vielen Aktiven, die seit Jahren und Jahrzehnten in Vorträgen und auf Schulungen, auf Solarfesten, Exkursionen und in anderen Veranstaltungen über die erneuerbaren Energien informieren, seien hier drei vorgestellt: Pfarrer Ipolt aus Thüringen, Dr. Stephan Bakan vom Klimaschutzfonds Wedel bei Hamburg und Paul Frener aus Kirchzarten im Hochschwarzwald.
"Schwerter zu Pflugscharren" treibt Blüten
Für Michael Ipolt war die Bewegung "Schwerter zu Pflugscharren" der Auslöser. "Wie können wir Frieden bewahren mit der Natur und den Menschen", erinnert er sich an die zentrale Frage des ökumenischen Prozesses, der sich in den achtziger Jahren von Gemeinden aus über ganz Deutschland und Europa erstreckte. "In der DDR ging es ja nicht öffentlich, aber im Kirchenumfeld haben wir uns damit beschäftigt", sagt Ipolt. Umweltgruppen seien der damaligen Staatsführung ein Dorn im Auge gewesen, was ihn aber nicht davon abgehalten habe, mit einem aufgenähten Sticker seine Gesinnung zu zeigen.
Als die Wende dann kam, habe er sich da "richtig reingehängt". Seit neun Jahren – nach Stationen in Jena, Dingelstädt und Erfurt – betreut der 47-Jährige nun vier Gemeinden im Eichsfeld im ehemaligen Sperrgebiet an der Grenze zu Niedersachsen und Hessen.
Solare Pilotprojekte in Thüringen
"Als in Burgwalde die Kirche neu eingedeckt werden musste, hat der alte Gedanke wieder Blüten getrieben". Und so kam es, dass Ipolt mit Fördergeldern aus dem Programm der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) für Kirchendächer im Jahr 2000 auf der Burgwalder Kirche eine Photovoltaikanlage mit 5,4 kWp Spitzenleistung bauen ließ. In Thüringen ist St. Georg noch heute die einzige Kirche, die mit ihren 300 Jahren die denkmalpflegerische Erlaubnis bekam, die Sonne anzuzapfen. Doch damit nicht genug. Als die Heizungsanlage im Pfarrkindergarten des 270 Seelendorfes Burgwalde ausgetauscht werden musste, konnte Ipolt den Kirchenvorstand für eine kombinierte Solar- und Holzpelletsheizung gewinnen. Dafür bekam die Gemeinde Fördergelder des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft in Erfurt. Denn eines ist dem ebenso gläubigen wie realistischen Menschen Ipolt klar: "Das Ganze will auch finanziert werden."
"Das ist gut, dass Ihr was macht"
Auf den Kindergarten folgte die Sanierung des Pfarrhauses, bei dem die Wärmedämmung im Mittelpunkt stand. Das Konzept hierfür entwickelte Architekt Matthias Rüppel, den Ipolt mit seinem Solarengagement angesteckt hat. Neben mehreren Handwerksbetrieben gehört er zu dem lokalen "Wärme von der Sonne"-Team. Seit April, insbesondere aber zur 950-Jahr-Feier der Ortschaft Rohrberg im Juli, haben sie zahlreiche Solarwärme-Veranstaltungen durchgeführt. "Das ist gut, dass Ihr was macht", hört Ipolt häufiger und freut sich, dass bereits mehrere Anlagen geplant werden. Er selbst hat gerade die erste nachgeführte Photovoltaikanlage in der Region eingeweiht. In der idyllischen Gartenanlage hinter dem Pfarrhaus demonstriert das Sonnensegel mit 1,2 kW Leistung nun den Inselbetrieb von Photovoltaikanlagen und liefert Strom für Licht und Brunnen.
Mehr-Parteien-Bündnis im Wedeler Klimaschutzfonds
Rund 300 Kilometer weiter, in Wedel an der Elbe, ist Dr. Stephan Bakan vom Klimaschutzfonds e.V. aktiv. Als nördlichste der 30 Solarinitiativen hat sein Verein die Aktion "Wärme von der Sonne" nach Schleswig-Holstein geholt. 1996 wurde dieser mit dem Ziel gegründet, "die Notwendigkeit der erneuerbaren Energien und deren Nutzung in das Bewusststein der Wedeler Bevölkerung zu bringen".Zu ihren Erfolgen zählen eine Solarstromanlage auf dem Rathaus, Solarbaukästen für den Physikunterricht, eine Klimaschutz-Leseecke in der Stadtbücherei und ein privates Förderprogramm. Seit 2003 ist der gebürtige Österreicher Bakan, der am Max-Planck-Institut für Klimaforschung tätig ist, 1. Vorsitzender des Vereins, Dr. Hartwig Ihlenfeld sein Stellvertreter und Michael Kissig Schatzmeister.
Gemeinsam bilden sie ein "Vier-Parteien-Bündnis" aus SPD, Grünen, CDU und FDP."Wir haben schnell geguckt, wo wir miteinander können und uns darauf konzentriert", lobt der 54-jährige Bakan die gute Zusammenarbeit.
Für ihn selbst steht fest: "Wenn uns wissenschaftliche Aussagen bestätigen, dass der Mensch das Klima so verändert, dass es katastrophale Auswirkungen hat, dann müssen wir auf allen Ebenen etwas tun, auch im privaten Umfeld." Sein Freizeit-Engagement betrachtet der Diplom-Physiker als moralische Verpflichtung: "Viele können nicht. Aber die, die laufen können, müssen laufen."
Dolmetschen für die Sonne im Schwarzwald
Im Süden der Republik hat Paul Frener die Kampagne in das Dreisamtal im Hochschwarzwald geholt. "Umweltschutz war schon immer meine Motivation, seit ich zurückdenken kann", sagt der 56-Jährige und erinnert an die vielen Aktiven im Freiburger Raum. Renommierte Einrichtungen wie das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme seien daraus entstanden.
Ihm selbst ist vor vielen Jahren eine Kommunikationslücke aufgefallen. "Ich war damals auf dem Bau tätig und habe festgestellt: Da gibt es die, die sich damit beschäftigen und wunderbare Pläne haben. Und dann gibt es die, die bauen. Dazwischen herrschte Totenstille." Diese wollte er beseitigen und vermittelt seit nunmehr 30 Jahren als "Dolmetscher" für die Sonne zwischen beiden Parteien.
Als "motivierende Beratung und sehr umsetzungsorientiert" bezeichnet der gelernte Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechniker die Öffentlichkeitsarbeit, die er und seine Mitstreiter betreiben. 1991 gründete er den Förderverein für Energiesparen und Solarenergie-Nutzung mit heute 70 Mitgliedern. Außerdem rief er die Zeitschrift "Die SolarRegion" ins Leben, die heutige Mitgliederzeitschrift des fesa e.V. Daneben ist er laufend in Beratungen und Vorträgen aktiv.
"Der Infobedarf ist immer noch da", weiß Paul Frener und freut sich über die großen Fortschritte, die in der Zwischenzeit erzielt wurden.
Detaillierte Informationen über die 30 Initiativen sowie Arbeitsmaterialien gibt es unter www.waerme-von-der-sonne.de. Zur 2. RegioSolar-Bundeskonferenz am 4./5. November in Fürstenfeldbruck bei München sind alle Akteure und Interessierten herzlich eingeladen (www.regiosolar.de).