Happy Birthday, Einspeisevergütungen!
Zum 10. Geburtstag des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion über Einspeisevergütungen für Strom aus regenerativen Energiequellen in den USA blickt Craig Morris zurück auf die weltweite Erfolgsgeschichte der Einspeisetarife für Ökostrom.
Vor zehn Jahren hat Deutschland sein Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verabschiedet. Es trat am 1. April 2000 in Kraft und sicherte seither die Rentabilität von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien. Bis dahin waren die Vergütungen an den Strompreis gebunden, und üblicherweise galt dieser eine Preis für alle Anlagen zur Erzeugung von Stroms aus erneuerbaren Quellen – diese Politik ist heute noch in Teilen Nordamerikas üblich, wo Politiker und Befürworter der Erneuerbaren noch nicht ganz verstanden haben, was die derzeitigen deutschen Einspeisevergütungen so erfolgreich macht.
Einspeisetarife in rund 50 Ländern weltweit
Während die Nordamerikaner noch immer mit ihrer Vergütungspolitik kämpfen, haben sich Einspeisevergütungen praktisch auf der ganzen Welt durchgesetzt. Laut Miguel Mendonça vom World Future Council werden etwa 50 Länder weltweit bis Jahresende Einspeisevergütungen haben. Und mehr noch, keine andere Politik war annähernd so erfolgreich bei der Entwicklung von Anlagen zur Nutzung regenerativer Energien wie diese. Eine überwältigende Anzahl unabhängiger Studien bestätigt, dass Einspeisevergütungen die effektivste und kostengünstigste Art sind, die Entwicklung der erneuerbaren Energien in großem Maßstab durchzusetzen – angefangen bei Sir Nicholas Stern in seiner "Review on the economics of Climate Change" bis hin zur Internationalen Solarenergie-Vereinigung (International Solar Energy Society; ISES). Und die Zahl solcher Studien steigt, wie die "Policy Principles and Recommended Best Pracitices for Solar Feed-in Tariffs" der SEMI PV Group zeigt.
Kostengünstig? Die deutsche Regierung hat wiederholt Daten veröffentlicht, die zeigen, dass die Aufwendungen für Einspeisevergütungen weit unter den Kosten liegen, die durch geringere Stromimporte, niedrigere CO2-Emissionen und Steuereinnahmen aus dem heimischen Markt eingespart werden. Im Februar 2020 hat der Chef von Masdar PV geschätzt, dass den 4,8 Milliarden Euro für Einspeisevergütungen im Jahr 2009 stattliche 6,4 Milliarden Euro Einsparungen gegenüber stehen.
Stromverbraucher werden Stromerzeuger
Wie funktionieren also Einspeisevergütungen? Kürzlich traf ich bei einem Besuch in Washington DC einen Rechtsanwalt, der sich mit der Ausarbeitung von Renewable Portfolio Standards (Quotenregelungen) in einigen US-Staaten befasst. Er fragte mich, wie ich Einspeisevergütungen in einem Satz beschreiben würde. Ich sagte ihm, ich könne das in einem Wort: Demokratie. Dieses Wort zog natürlich eine recht lange Diskussion nach sich, mit folgendem Ergebnis: Einspeisevergütungen ermöglichen normalen Bürgern, ein einträgliches Geschäft mit der Stromerzeugung auf Augenhöhe mit großen öffentlichen oder privaten Stromversorgungsunternehmen. Mit anderen Worten: Stromverbraucher werden Stromerzeuger. Es hat lange gebraucht, um zu erklären, warum der Bundesverband der Energieverbraucher Einspeisevergütungen unterstützt, obwohl sie die Endpreise für Strom leicht erhöhen. Dennoch ist der Bundesverband froh darüber, weil die Verbraucher, die er vertritt, als Stromproduzenten Gewinne erzielen können.
Kosten auf alle Stromverbraucher im Land verteilt
Das ist die Folge der Einspeisevergütungen, aber diese Erklärung sagt uns immer noch nicht, wie sie funktionieren. Das ist recht einfach und in zwei Sätzen zu beschreiben: Die Regierung berechnet die Vergütung für eine Kilowattstunde Strom, die aus einer regenerativen Energiequelle (Biomasse, Wind, Sonne) und einer bestimmten Anlage erzeugt wird (Strom aus größeren Anlagen kostet in der Regel etwas weniger als aus kleineren), und zwar so viel, wie notwendig ist, um solchen Stromerzeugern eine vernünftige Rendite zu sichern. Dann zwingt sie die Netzbetreiber, diesen Preis für den gesamten regenerativ erzeugten Strom zu bezahlen und die Kosten auf alle Stromverbraucher im Land (nicht nur auf die Nutzer dieses jeweiligen Netzes) umzulegen.
Wir zahlen also für weniger effektive Anlagen mehr und garantieren Gewinne – was der freien Wirtschaft ein Dorn im Auge sein muss. Und ich würde dem auch zustimmen, bis auf Folgendes: Die restliche Energiebranche hat sich schon immer über garantierte Gewinne und die Förderung weniger effizienter Systeme gefreut. Einspeisevergütungen tun jetzt nichts anderes, als erneuerbare Energien in dieses Schema mit einzubeziehen.
Letzten Monat las ich, wie in Deutschland Biogas an Erdgasanbieter verkauft werden könnte. Da der Erdgaspreis schwankt, der Biogaspreis jedoch durch die feste Vergütung stabil ist, haben die Betreiber der Erdgasnetze vorgeschlagen, die Verluste an ihren Kundenstamm weiterzugeben, wenn sie einen Mix aus Erd- und Biogas zu einem Preis leicht unter dem von Biogas verkaufen müssen – aber jetzt kommt’s: Wenn sie den Mix gewinnbringend verkaufen könnten, würden sie das ganze Geld behalten.
Nicht anders ist es in allen anderen Energiebranchen und Ländern. Das US-Stromnetz wurde nach dem Konzept natürlicher Monopole aufgebaut; es ist nicht sehr sinnvoll, für ein Gebiet mehrere Stromunternehmen mit konkurrierenden Netzen zu haben. Daher wurden Stromunternehmen in den USA lange Zeit reguliert, um Preisbetrug zu verhindern, aber gleichzeitig wird ihnen tatsächlich auch ein Gewinn garantiert (vgl. "Power Struggle: the hundred-year war over electricity" von Rudolph und Ridley).
Einspeisevergütungen eröffnen jedem diese Möglichkeit: kleinen und großen Unternehmen, Gemeinschaften und Hausbesitzern. Dennoch gibt es einen Paradigmenwechsel: Der Gewinn berechnet sich nicht mehr nach dem Investor, sondern nach der Art der Stromerzeugung. In den USA wird Stromunternehmen ein Gewinn garantiert (und sie stehen nicht im Wettbewerb zueinander), aber Gas muss mit Kohle und Kernkraft konkurrieren – insofern ist die Vergütungssicherheit für Solarenergie, Windenergie und Energie aus Biomasse durch die Einspeisevergütungen ein neuer Ansatz. Aber Einspeisevergütungen passen gut zu der Art, wie wir die Profite von Stromproduzenten in der Vergangenheit immer gesichert haben.
Ineffiziente Systeme fördern?
Sollen wir ineffiziente Systeme fördern? Nun, die Kohlenstoff-Abscheidung und -Speicherung (CCS) mindert ebenfalls die Effizienz von Kohlekraftwerken, und dennoch drängen wir darauf. Zudem steckt die US-Regierung weiterhin Milliarden in die Kohleindustrie – 3,4 Milliarden Dollar allein im Konjunkturprogramm über zehn Jahre – obwohl die Kohlebranche jetzt schon seit etwa 200 Jahren Gewinne erzielt. Peabody Energy, das größte private Kohleunternehmen in den USA (es behauptet von sich, zehn Prozent des US-Stromes zu erzeugen), hat 2009 ein Ergebnis vor Steuern von 1,29 Milliarden auf Einkünfte von 6,01 Milliarden US-Dollar erzielt. Ich bin kein Volkswirt, aber das sieht für mich nach 22 Prozent Gewinn aus. (Wenn das so ist, verstehen Sie jetzt, warum traditionelle Stromunternehmen kein Interesse an Erneuerbaren haben, wo der Gewinn selbst mit Einspeisevergütungen unter zehn Prozent liegt.) Noch wichtiger: diese Gewinne eines einzigen Unternehmens sind etwa viermal höher als das Fördergeld für die gesamte Kohlebranche in einem Jahr.
Warum fördern wir sie dann überhaupt? Dasselbe gilt für die Ölindustrie und Kernkraft – aber ich erspare Ihnen Einzelheiten. Genau jene Unternehmen, die gegen garantierte Gewinne für die regenerative Stromerzeugung sind, erzielen schon viel höhere Erträge auf dem derzeitigen Markt und werden dennoch gefördert. Diese Leute könnten die Kohlenstoff-Abscheidung und -Speicherung und andere Maßnahmen von ihrem Taschengeld bezahlen, und dennoch wird CCS eventuell nicht funktionieren.
Einspeisevergütungen: der beste Weg, mehr regenerative Stromerzeuger zu bekommen
Wir wissen schon, dass – und wie – viele Arten der regenerativen Stromerzeugung funktionieren. Dabei ist Windkraft die billigste, aber auch die wechselhafteste, und Solarenergie (auch wechselhaft, aber ihre Spitzenleistung deckt sich zumindest mit den Verbrauchsspitzen am frühen Nachmittag) die teuerste, obwohl die Preise für Solarstromerzeugung weiterhin sinken, und kein Ende ist in Sicht. Wir wissen auch schon, welches der beste Weg ist, mehr dieser Stromerzeuger zu bekommen: Einspeisevergütungen. Zumindest wissen das die meisten von uns: von Slowenien bis zu den Niederlanden in Europa, über Argentinien und Brasilien in Südamerika bis zu China und Indien in Asien und Algerien und Kenia in Afrika – und ab 1. April 2010 auch Großbritannien.
Sind nicht die USA auch ohne Einspeisevergütungen führend in der Solar- und Windenergie? In der Solarenergie nicht – Ende 2008 waren in den USA etwa 25 Prozent weniger PV-Anlagen installiert als im kleinen, wolkigen Baden-Württemberg (das etwa so groß und wahrscheinlich auch so sonnig ist wie Connecticut), und Bayern hat sogar noch mehr Solarstromanlagen als Baden-Württemberg. Bei der Windenergie sind die USA der klare Weltführer, jedoch nur bei der absolut installierten Leistung. Was den prozentualen Anteil an der gesamten Stromproduktion angeht, können die USA in den nächsten Jahrzehnten noch nicht mit Ländern wie Deutschland oder Dänemark mithalten. Die USA erzeugen derzeit 1,5 Prozent ihres Stroms aus Windkraft, im Vergleich zu etwa 7,5 Prozent in Deutschland und 20 Prozent in Dänemark. Das US-Ziel liegt derzeit bei 20 Prozent Windkraft bis 2030.
Aber es gibt noch etwas, das den US-Markt für erneuerbare Energien grundlegend anders macht. Fast alle diese Windräder gehören großen Stromunternehmen, und nicht Bürgern. Windparks mit einer Leistung von mehreren hundert Megawatt werden in den USA errichtet und gehören in der Regel einem einzigen Unternehmen, wie beispielsweise die Horse Hollow Projects oder Shepherds Flat, das das weltgrößte Windkraftwerk sein wird. Genauso verhält es sich bei Solarkraftwerken: Die US-Stromgesellschaften planen einzelne Kraftwerke mit Hunderten Megawatt Leistung. Die US-Politik schließt den kleinen Bürger bislang aus.
Inzwischen sind in Deutschland die meisten großen Onshore-Windparks in geteiltem Besitz; die Anteile gehören einigen Unternehmen und vielen Bürgern. Und der Löwenanteil der installierten Photovoltaik-Leistung ist auf unzählige kleine Dachanlagen verteilt, die von den Hausbesitzern selbst finanziert werden. Die Einspeisevergütung garantiert ihnen eine 5- bis 7-prozentige Rendite, wenn ihre Anlagen richtig installiert und gewartet werden. Wenn Sie in den USA leben, versuchen Sie einmal, eine Solaranlage auf ihrem Haus zu installieren und daraus auch noch Gewinn zu erzielen. Wenn das nicht geht, fragen Sie nach Einspeisevergütungen!
Wenn Sie in Kalifornien sind, sagt man Ihnen vielleicht, dass es die gibt. Auf eine Art stimmt das auch, aber sie sind etwa so gestaltet wie die in Deutschland in den 90er-Jahren, und die haben sich als ineffektiv für Solaranlagen erwiesen. Die Vergütung war an die Strompreise gebunden und nicht an die einzelnen Arten der Herstellung angepasst. Der Fehler wurde an anderer Stelle wiederholt, wie beispielsweise in New Brunswick/Kanada.
Vor zehn Jahren erkannte Deutschland bereits die Fehler bei diesem Ansatz und erneuerte seine Politik erheblich, mit eigenen Vergütungen für Solarenergie ohne 100.000-Dächer-Programm seit 2004. Seither haben Dutzende anderer Länder ihre Politik optimiert. Einige haben Einspeisevergütungen für kleine Windkraftanlagen eingeführt, die Deutschland erst kürzlich dazugenommen hat. Frankreich mag Indach-Konstruktionen lieber als Aufdachanlagen. Die vielleicht wichtigste Änderung war jedoch die Berücksichtigung der Inflation, gerade in diesen Tagen, wo Regierungen versucht sein könnten, ihre Schulden mit hohen Inflationsraten zu begleichen.
Die Entwicklung der Einspeisevergütungen ist keineswegs vorbei, und sie werden in absehbarer Zeit weiterhin für den Erfolg erneuerbarer Energien ausschlaggebend sein. Manche glauben noch immer, dass keine Förderpolitik mehr nötig sein wird, sobald Netzparität erreicht ist – der Zeitpunkt, an dem Solarstrom gleich viel kostet wie Strom aus der Steckdose. Man darf aber nicht vergessen, dass die Vergütungen für Biomasse, Windenergie usw. immer unter dem konventionellen Strompreis lagen. Wenn also Solarstrom erst einmal billiger als konventionell erzeugter Strom ist, brauchen wir erst recht speziell zugeschnittene Einspeisevergütungen, um eine angemessene Rendite zu sichern und eine Überförderung zu verhindern – so wie es die US-Regulierungsbehörden immer noch mit ihren Strommonopolisten tun.