Bayerische Solarinitiativen fordern Beteiligung am Energiegipfel

In einem offenen Brief an den Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Dr. Peter Ramsauer, fordert die Arbeitsgemeinschaft bayerischer Solarinitiativen, zu dem "Energiegipfel", der Bundeskanzlerin im April auch Vertreter von Solarinitiativen einzuladen.

Im Rahmen des Jahrestreffens der bayerischen Initiativen habe Dr. Ramsauer deutlich gemacht, dass ihm die erneuerbaren Energien am Herzen liegen und auch den Ministerpräsidenten Edmund Stoiber zitiert, der sich bei der Koalitionsklausur in Genshagen ebenfalls deutlich für die Erneuerbaren ausgesprochen habe ("so schnell und so viel wie möglich ausbauen"). "Wir sehen jedoch mit Sorge, dass die politische Räson und die von Ihnen angesprochene ‚Kraft des Faktischen‘ dazu führen könnten, unnötige ‚Kröten zu schlucken’", heißt es in dem offenen Brief, den wir als "Solarserver-Standpunkt" komplett veröffentlichen.

Jahrestreffen der Bayerischen Solarinitiativen am 28.01.2006
in Bamberg; Unsere Anliegen und Forderungen

Sehr geehrter Herr Dr. Ramsauer,

für Ihren Vortrag und die offenen Worte im Rahmen des Jahrestreffens danken wir Ihnen. Es wurde deutlich, dass Ihnen die Erneuerbaren Energien (EE) am Herzen liegen. Besonders erfreulich war Ihre Aussage, dass sich Ministerpräsident Edmund Stoiber bei der Koalitionsklausur in Genshagen so deutlich für die Erneuerbaren ("so schnell und so viel wie möglich ausbauen") ausgesprochen hat.
Wir sehen jedoch mit Sorge, dass die politische Räson und die von Ihnen angesprochene "Kraft des Faktischen" dazu führen könnten, unnötige "Kröten zu schlucken".

Wir fragen deshalb: Stimmen Sie dem Ziel einer mittelfristigen Energiewende zu ?
Eine solche Energiewende beinhaltet aus unserer Sicht zwei wesentliche Elemente:

  • Eine ernsthaft gewollte und effektive Senkung des Energiebedarfs
  • Die gleichzeitige Umstellung des Restbedarfs auf 100 % Erneuerbare Energien

Die Erneuerbaren Energien (EE) sind aus 4 Gründen stark im Kommen:

  • Wegen den von Ihnen beschriebenen "Herausforderungen".
  • Weil es mehr als genug EE gibt (auch bei uns!).
  • Weil die EE rasche technologische und wirtschaftliche Fortschritte machen.
  • Weil die Bürger in Deutschland und ganz besonders in Bayern die EE wollen.

Unsere wichtigsten Forderungen an die Politik lauten deshalb:

  • Keine Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke!
  • Keine Mineralölsteuer auf reine Biotreibstoffe!
  • Marktanreizprogramm (MAP) sofort wieder in Kraft setzen und aufstocken!
  • Windkraft im Binnenland nicht gegen den Willen der Bürger sabotieren!
  • Beteiligung der Solarinitiativen am geplanten Energiegipfel!

Kurze Erläuterungen unserer Forderungen:

1. Keine Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke!

  • Eine Laufzeitverlängerung ist nachweisbar für die Energieversorgung nicht erforderlich.
  • Eine Laufzeitverlängerung und ein Neubau großer fossiler Kraftwerke würden eine zügige Energiewende konterkarieren. Sind die o.g. Bekenntnisse des Bayerischen Ministerpräsidenten zum Ausbau der EE also ernst gemeint oder "Sonntagsreden" ?
  • Eine Laufzeitverlängerung würde den herrschenden unfairen Wettbewerb verlängern: völlig unzureichende Haftpflichtversicherung, enorme steuerfreie Rückstellungen, Atommüll-Entsorgung durch den Staat, d.h. die Allgemeinheit.

Wir fordern deshalb: Kein Ausstieg aus dem Atomausstieg!

2. Keine Mineralölsteuer auf reine Biotreibstoffe!

  • Derzeit herrscht noch Aufbruchstimmung in der heimischen Landwirtschaft.
  • Schon getätigte Investitionen im Vertrauen auf die Steuerbefreiung bis 2009 (Ölmühlen, Tankstellen, Umrüstbetriebe und Fahrzeuge) wären mit einer vorzeitigen Einführung der Mineralölsteuer gefährdet und weitere Investitionen würden künftig unterbleiben.
  • Beimischungszwang ist kein Ersatz für eine Steuerbefreiung reiner Biotreibstoffe, da
    · die Wertschöpfung dann wieder hauptsächlich der Industrie zukommen würde und
    · Landwirte nur zu Lieferanten billiger Rohstoffe degradiert werden würden.
  • Steuer auf Pflanzenöl – Steuerfreiheit für Erdgas? Das konterkariert den Klimaschutz!Höhere Steuer auf Pflanzenöl – geringere auf Biodiesel? Das würde die Ineffizienz von Biodiesel belohnen und die Güte und Kostenvorzüge von Pflanzenöl bestrafen! Außerdem: Der fossile Anteil in Bio- und Mischtreibstoffen gehört selbstverständlich besteuert!

Wir fordern: Keine Mineralölsteuer auf reines Pflanzenöl, Bioethanol und Biogas!

3. Marktanreizprogramm (MAP) sofort wieder in Kraft setzen und aufstocken!

  • Seit Herbst 2005 herrscht Stillstand (wegen großer Nachfrage der Bürger), der evt. bis Sommer 2006 (wegen Verzögerungen bei der Haushaltsaufstellung) dauern wird.
  • Der Nachfrage-Einbruch bei Solaranlagen und Holz(pellet)heizungen gefährdet eine hohe Anzahl an Arbeitsplätzen bei Herstellern und Handwerkern.
  • Durch das MAP ausgelöste Investitionen bringen mehr Steuer-Einnahmen und ersparte Sozialausgaben als die MAP-Förderung ausmacht: 1 € Förderung löst 7-10 € Umsatz aus!
  • Zur Erinnerung: das MAP ist eine Kompensation für "Ökosteuer auf Ökostrom". Wegen gestiegenem Ökostrom-Anteil sind die Steuereinnahmen inzwischen drei Mal so hoch wie die bisher gewährten MAP-Mittel. Es gibt also keinen Grund, die MAP-Mittel nicht aufzustocken!

Wir fordern: Sofortige Freigabe und Aufstockung des MAP!

4. Windkraft im Binnenland nicht gegen den Willen der Bürger sabotieren!

  • Repowering und Offshore-Windkraft sind richtig und wichtig – Anti-Windkraft-Politik im Binnenland ist falsch!
  • Es gibt viele geeignete und umweltverträgliche Standorte im Binnenland.
  • Windkraft ist ein wichtiger Faktor einer dezentralen Energieversorgung, der zu Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit des Stroms wesentlich beiträgt. Häufig ist Windkraft-Strom heute schon billiger als der EEX-Börsenstrom!
  • Windkraft schafft Einkommen und Steuereinnahmen im ländlichen Raum.
  • Die Politik verschlechtert derzeit absichtlich die Rahmenbedingungen (Steuergesetze, Raumplanung, Bauplanungsrecht) und schürt Anti-Windkraft-Stimmung.
  • Wo die Bürger mit Windkraft einverstanden sind, sollte die Politik sich heraushalten!

Wir fordern: Vorfahrt für "Bürgerwind"! Deregulierung anstatt staatlicher Verhinderungsplanung (Regionalpläne).

5. Beteiligung der Solarinitiativen am Energiegipfel!

  • Energie betrifft alle Teile der Gesellschaft, nicht nur die Großkonzerne wie Strom-Multis, Erdgas-, Mineralöl- und Kohlewirtschaft sowie die Groß-Industrie, sondern auch die kleinen und mittleren Unternehmen sowie die Bürger als Energieverbraucher und die Solar-Initiativen, die die zukunftsfähigen Neuen Energien voranbringen.

Wir fordern: Auch die Bürger und die Solar-Initiativen sollen vertreten sein!

Im Namen von mehr als 100 Bayerischen Solarinitiativen bitten wir um Ihre tatkräftige Unterstützung bei der Umsetzung unserer gemeinsamen Ziele und der genannten Forderungen sowohl in den Gremien des Bundes als auch in denen des Freistaates Bayern.
In diesem Sinne freuen wir uns auf eine gute Zusammenarbeit und wünschen Ihnen viel Erfolg in Ihrem neuen politischen Amt!
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Ernst Schrimpff MdB
Hans-Josef Fell
Raimund Becher
Peter Rubeck

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