Solar-Interview mit den Geschäftsführern des Photovoltaik-Kompetenzzentrums Kolitzheim
Die beiden Geschäftsführer der im Photovoltaik-Kompetenzzentrum Kolitzheim ansässigen Firmen machen aber auch deutlich, dass Korrekturen am Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) nötig sind – allerdings nicht die derzeit diskutierten.
Die Bundesregierung plant eine drastische Reduzierung der Einspeisevergütung für Solarstrom bereits zum 1. April dieses Jahres. Ist das der richtige Weg?
Bernhard Beck: Eine Absenkung der Solarstromvergütung ist durchaus möglich und auch denkbar, doch nicht zu den bisher genannten Bedingungen. Die Bundesregierung handelt aktuell weder praxisorientiert noch betriebswirtschaftlich sinnvoll. Alle Anlagentypen über einen Kamm zu scheren und einfach mal zu kürzen, ist der falsche Weg.
Eines der Hauptargumente sind die deutlich gesunkenen Kosten der Anlagen…
Martin Zembsch: Die Kosten sind tatsächlich deutlich gesunken, jedoch vor allem für die Kleinanlagen mit einer Leistung bis 100 kWp. Hier liegt sicherlich eine zu hohe Förderung vor. Kürzungen sind nötig und sinnvoll. Bei Dachanlagen mit einer Leistung von mehr als einem MWp dagegen sind die Kosten seit 2005 nicht in dem gleichen Maß gesunken. Schon heute werden solche Anlagen kaum noch gebaut, weil sie sich nicht rechnen. Werden die Pläne aus dem Umweltministerium Realität, ist dies gleichbedeutend mit dem endgültigen Aus für große Dachanlagen. Bei Freiflächen-Solarkraftwerken ist die Situation ähnlich: Wenn die vorgesehene zusätzliche Kürzung (31.12.2009 bis 1.1.2011) um 25 Prozent kommt, bedeutet das binnen 13 Monaten (31.12.2009 bis 1.1.2011) einen Rückgang der Einspeisevergütung um mehr als 42 Prozent. Senkungen in dieser Höhe sind fern der Realität und können nur das Ziel der Abschaffung dieses Industriezweiges in Deutschland haben. Der Verlust von Tausenden von Arbeitsplätzen könnte die Folge sein.Die Kosten der Module sind in den letzten Jahren erheblich zurückgegangen, was zur Folge hat, dass Betreiber von Anlagen teilweise sehr hohe Renditen erzielen. Dagegen will die Bundesregierung nun vorgehen.
Bernhard Beck: Auch hier ist der Fehler, dass man in Berlin alles über einen Kamm schert. Die Modulpreise für kristalline Module sind aufgrund des Drucks der asiatischen Hersteller erheblich gesunken. Diese Module werden im Wesentlichen für Aufdachanlagen verwendet. Hier können "Überrenditen" auftreten. Eine vernünftige Anpassung der Vergütung macht also durchaus Sinn. Bei Freiflächen-Solarkraftwerken, die bereits jetzt weniger stark gefördert werden, lag die Eigenkapitalrendite für die Investoren – meist Landwirte und Privatanleger – dagegen bei etwa fünf Prozent nach Steuern. Für ein unternehmerisches Investment mit einer Laufzeit von 20 Jahren sicherlich keine "Überrendite". Man muss auch immer im Hinterkopf haben, dass bei Kohle- oder Atomstrom Renditen von 15 Prozent oder mehr die Regel sind. Wenn der Gesetzgeber jetzt die Einspeisungsvergütung stärker senkt als ohnehin schon vorgesehen, ist das gleichbedeutend mit dem Aus für Freiflächen-Solarkraftwerke. Ein wirtschaftlicher Betrieb ist unter den geplanten Bedingungen nicht mehr möglich.
Bernhard Beck: Die Eigenkapitalrendite für die Investoren von Photovoltaik-Freiflächenanlagen- meist Landwirte und Privatanleger – liegt gegenwärtig bei etwa fünf Prozent nach Steuern. Von einer "Überrendite" kann also keine Rede sein.Würde das nicht dem Ziel widersprechen, die Umlage auf den Strompreis – derzeit 1,5 Cent je Kilowattstunde – zu senken und den Strom für den Verbraucher billiger zu machen?
Martin Zembsch: Die Kostensenkung ist richtig und wichtig, aber sie muss vor allem in den Bereichen ansetzen, die bisher für die hohen Kosten hauptverantwortlich waren. Da die Pläne der Bundesregierung das sichere Aus für große Dachanlagen und Freiflächen-Solarkraftwerke bedeuten, würden künftig fast ausschließlich kleine Dachanlagen installiert, die schon seit Jahren überproportional gefördert werden. Dadurch wird sich die Belastung für die Verbraucher trotz geplanter Senkung künftig deutlich erhöhen. Hier muss man ansetzen und die Einspeisevergütung moderat zurückdrehen. Für Anlagen, die größer als ein MWp sind, muss auf die Reduzierung verzichtet werden. Nur so bleiben diese Anlagen attraktiv.
Welche Folgen hätte es für die Verbraucher, wenn die Pläne der Regierung so umgesetzt werden, wie sie jetzt auf dem Tisch liegen?
Martin Zembsch: Der Strompreis wird in jedem Fall nicht sinken! Im Gegenteil: durch die drastischen Kürzungen bei der Einspeisevergütung im Freiflächenbereich wird ein Betrieb dieser Anlagen unrentabel. Die Regierung schädigt genau das Segment, das schon jetzt günstigen Solarstrom produziert. Eine Reduzierung der Umlage und damit eine Preissenkung wird es mit dem Modell der Bundesregierung mit Sicherheit nicht geben. Eher eine Preiserhöhung.Was spricht außer dem Strompreis noch für Freiflächen-Solarkraftwerke?
Bernhard Beck: Gerade in diesem Bereich hat es in den letzten Jahren die meisten Innovationen und Weiterentwicklungen gegeben. Der Einsatz neuer Materialien, Technologien und Verfahren kann nur hier kontrollierbar und effizient durchgeführt werden. Innovation bedeutet Kostensenkung.Nur mit Freiflächen-Solarkraftwerken kann Solarstrom schnell günstig für den Verbraucher werden.
Vor diesem Hintergrund kann es Sie eigentlich nicht freuen, wenn auch aus Kreisen der Bundesregierung immer wieder gefordert wird, wertvolles Ackerland möglichst frei von Solarkraftwerken zu halten?
Martin Zembsch: Im Gegenteil! Wir unterstützen die Politik in vollem Umfang bei der Forderung, dass Solarkraftwerke nicht auf hochwertigen Ackerflächen errichtet werden. Bisher waren Solarunternehmen jedoch auf Grund der gesetzlichen Regelungen des EEG dazu gezwungen, Solarkraftwerke im Wesentlichen auf Ackerflächen zu errichten. Brachflächen, Stilllegungsflächen, Grünland, aber auch teilweise Gewerbegebiete, waren nicht zulässig. Will man nun die hochwertigen Ackerflächen freihalten, dann macht eine Reduzierung der Einspeisevergütung Sinn, aber nur wenn sie sich auf wirklich hochwertige Böden mit einer Ackerzahl von mehr als 60 bezieht. Im Gegenzug müsste es möglich gemacht werden, dass Solarkraftwerke auf allen zur Verfügung stehenden Flächen errichtet werden.
Droht dann nicht eine Zerstückelung der Landschaft?
Bernhard Beck: Das glaube ich nicht! Die Kommunen gehen mit der Thematik sehr sensibel um. Es wird kaum vorkommen, dass Anlagen auf Flächen genehmigt werden, die das Landschaftsbild erheblich beeinflussen. Im Übrigen muss man berücksichtigen, dass die betroffenen Flächen, gerade durch die Errichtung von Solarkraftwerken von seriösen Systemintegratoren, ökologisch aufgewertet werden. In den von uns errichteten Kraftwerken herrschen biotopähnliche Zustände und bei einem vernünftigen Begrünungskonzept passt sich das Kraftwerk auch sehr gut dem Landschaftsbild an.
Photovoltaik-Freiflächenanlagen: Fotos: Beck Energy GmbHWird aber nicht dennoch zu viel wertvolles Ackerland verbraucht?
Martin Zembsch: Wenn bis 2020 ein Zehntel des Solarstroms mit Freiflächen-Solarkraftwerken produziert werden soll, benötigen wir gerade einmal
10 000 Hektar Fläche. Das sind 0,05 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche in Deutschland. Da kann man wohl schlecht von einer Existenzbedrohung für Landwirte oder von einer Lebensmittelverknappung reden.Welche wirtschaftlichen Folgen sehen Sie, wenn das Gesetz wie geplant verabschiedet wird?
Bernhard Beck: Weitreichende! Durch eine übertriebene Absenkung der Solarstromvergütung für Freiflächen-Solarkraftwerke wird die wirtschaftliche Realisierung der meisten Projekte nicht mehr möglich sein. Die technologische Marktführerschaft wird in den asiatischen Raum abwandern. Ohne die Möglichkeit neue Technologien in der Praxis in Deutschland einzusetzen, wird ein weiterer Export von Solarkraftwerken nicht mehr möglich sein. Hierdurch sind mehrere Tausend Arbeitsplätze vor allem im Mittelstand gefährdet.Gibt es eine Möglichkeit, das EEG anzupassen, ohne den Unternehmen der Solarbranche die Geschäftsgrundlage zu entziehen?
Martin Zembsch: Die Solarbranche muss die Gelegenheit haben, auf die geplanten Änderungen zu reagieren. Der 1. April 2010 kann nicht der richtige Zeitpunkt sein. Wir fordern eine allerdings moderatere Reduzierung frühestens zum 30. Juni für Dachanlagen und nicht vor dem 30. September für Freiflächen-Solarkraftwerke. Sollte die Politik allerdings eine weitere Branche in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen wollen, den Ausbau ökologischer Stromerzeugung verhindern wollen, die technologische Marktführerschaft der deutschen Solarbranche vernichten wollen und vor allem uns Verbraucher mit deutlich höheren Stromkosten belasten wollen, dann mag es vielleicht sinnvoll sein, die derzeitigen Vorschläge des Umweltministeriums umzusetzen.
Über das Photovoltaik Kompetenzzentrum Kolitzheim
Im Photovoltaik-Kompetenzzentrum Kolitzheim haben sich die drei Unternehmen Beck Energy GmbH, Blitzstrom GmbH und S&F Umwelttechnik GmbH angesiedelt.
Beck Energy ist einer der Marktführer in Deutschland für die Errichtung von Freiflächen-Solarkraftwerken. Blitzstrom ist Partner des Elektrohandwerks bei der Errichtung von Aufdachanlagen. S&F Umwelttechnik errichtet schlüsselfertige Solar-Aufdachanlagen. Alle drei Unternehmen beschäftigen in Deutschland mehr als 500 Mitarbeiter und sind in vielen Märkten Europas vertreten, aber auch in Indien und in den USA. Die Solar-Unternehmen sind einer der größten mittelständischen Arbeitgeber im Raum Schweinfurt und wollen den Standort weiter ausbauen. Derzeit sind weit mehr als 100 Arbeitsplätze zu besetzen.
Das Photovoltaik-Kompetenzzentrum Kolitzheim ist seit Jahren in allen Segmenten der Photovoltaikbranche aktiv. Das Kerngeschäft beginnt bei der 3 kWp-Aufdachanlage für den privaten Hausbesitzer und endet bei der Errichtung von großen Aufdach- und Freiflächenanlagen im mehrstelligen Megawattbereich. "Wir sind eines der wenigen Unternehmen in der gesamten Branche, die alle Bereiche des Photovoltaik-Marktes abdecken und sind somit in der Lage, einen ’neutralen‘ Überblick über alle Segmente zu geben“, betonen die Geschäftsführer.