Solar-Interview mit Gonzalo De La Vina, Deutschlandchef von REC Solar

Gonzalo De La Vina, Deutschlandchef von REC Solar, berichtet im Solar-Interview aus der Perspektive eines skandinavischen Solar-Unternehmens, das in Deutschland investiert und noch jung am Markt ist, über die Konsolidierung des globalen Photovoltaik-Marktes und die Entwicklung nationaler Märkte sowie über die geplante Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), die eine deutliche Kürzung der Einspeisevergütung für Solarstrom vorsieht.

Solarserver: Herr de la Vina, der globale Solarstrom-Markt verändert sich rapide. Welche Probleme und welche Erwartungen verbindet REC als vertikal integrierter PV-Anbieter mit der einsetzenden Konsolidierung des Marktes?
Gonzalo de la Vina: Die Challenges, denen wir derzeit ausgesetzt sind, sind ja jedem bekannt. Der Preisverfall hat uns alle getroffen. Die Kürzung der Einspeisevergütung – wir wissen noch nicht, wann und in welcher Höhe sie kommen wird – hat ebenfalls negative Auswirkungen auf die Photovoltaik-Branche. Auch der starke Wettbewerb aus China macht den europäischen Herstellern zu schaffen. Aber als vertikal integrierter Anbieter sehe ich uns gut gerüstet für die Zukunft.
Solarserver: Sie sprachen den Preisverfall im Zusammenhang mit den Überkapazitäten auf den Weltmärkten an. Ist das für Ihr Unternehmen ein Grund, über den Kapazitätsausbau oder die Kapazitätsauslastung nachzudenken?

Neues Werk in Singapur produziert 600 MW Module
Gonzalo de la Vina: Momentan sind die Kapazitäten nicht voll ausgelastet, der spanische PV-Markt ist vor zwei Jahren weggebrochen. Andere Märkte wachsen nicht so schnell wie erwartet bzw. erhofft. Doch REC ist weltweit gut aufgestellt; wir haben Büros in Nordamerika, in Europa und in Asien. Diese regionale Expansion bewirkt auch, dass wir einen höheren Modulbedarf haben. Deshalb haben wir unser Werk in Singapur gebaut, das in diesem Jahr mit der Produktion beginnt. Seit Februar werden dort bereits Module produziert. Insgesamt werden dort Module in einer Größenordnung von 600 MW produziert werden, zusätzlich zum Volumen, das wir aus Schweden bekommen. Außerdem werden wir dort auch Zellen und Wafer herstellen.
Solarserver: Das ist ein riesiger Expansionsschritt: Da stellt sich die Frage: Was sind die Zielmärkte?
Gonzalo de la Vina: In Osteuropa haben wir erst letztes Jahr angefangen, und da sind wir auch ziemlich erfolgreich, insbesondere in Tschechien. Dieses Jahr haben auch Kollegen in Italien, Griechenland und der Türkei die Arbeit aufgenommen. In Nordamerika sind wir ebenfalls aktiv,  mit einem Anteil an dem Unternehmen Mainstream. Auch in Asien haben wir ein Büro eröffnet, in Singapur, speziell Korea sehen wir als Wachstumsmarkt. China soll nächstes oder übernächstes Jahr auch ein Boom-Markt werden. Die regionale Expansion ist für uns die tragende Kraft für die Zukunft.
Modulproduktion bei REC in Glava, Schweden. REC-Solarzellen. Fotos: Renewable Energy Corporation ASA
Solarserver: Wie sehen Sie den deutschen Markt aus der Perspektive eines skandinavischen Solar-Unternehmens, das in Deutschland investiert und noch jung am Markt ist – und wie beurteilen Sie die möglichen Änderungen durch die EEG-Novelle, welche die Bundesregierung auf den Weg gebracht hat? Das wird eine deutliche Reduktion der Solarstrom-Einspeisevergütung mit sich bringen.
Gonzalo de la Vina: Was jetzt in Deutschland geschieht, ist die große Frage, die ich auch meinen Kunden stelle – und oft nur ein Achselzucken als Antwort erhalte. Ich denke, es wird schwierig für die ganze Branche, denn wir hatten erst eine Senkung um 10 %, jetzt kommen 16 % hinzu. Und 2011 sollen die Vergütung für Solarstrom noch einmal gekürzt werden, um 9 oder gar 11%.
Solarserver: Da muss die Industrie der Lernkurve rasch folgen. Sind die Vorgaben der Regierung vielleicht zu anspruchsvoll? Vor allem auch mit Blick auf das Ende der Wertschöpfungskette, zum Beispiel die Installateure, für die diese Herausforderung eine Bedrohung darstellen könnte.

Kosten können unmöglich so stark gesenkt werden, wie die Einspeisevergütung in Deutschland sinken soll
Gonzalo de la Vina: Nicht nur für die Installateure, sondern auch für reine Modulhersteller kann das zu einer Bedrohung werden. Deutsche und asiatische Hersteller, die ausschließlich Module produzieren, erzielen schon heute teilweise negative Ergebnisse. Wie sollen sie mit der neuen Einspeisevergütung zurechtkommen? In so kurzer Zeit können die Kosten unmöglich so stark gesenkt werden.
Solarserver: Dann werden sich vermutlich auch die Strukturen auf mehreren Ebenen der Wertschöpfungskette ändern. Etliche Solar-Unternehmen sind bereits in die Systemintegration eingestiegen. Wie wird sich der klassische 3-stufige Vertrieb entwickeln, der  in Deutschland noch vorherrschend ist?
Gonzalo de la Vina: Wir halten am dreistufigen Vertrieb fest, auch wenn viele unserer Wettbewerber beides machen und sowohl direkt an den Installateur liefern als auch über Distributoren. Insgesamt wird es wohl eine Konsolidierung am Solarmarkt geben. Ein gutes Beispiel dafür ist die Halbleiterbranche. Dort sind von ehemals vielen Herstellern auch nur noch vier oder fünf übrig geblieben.
Solarserver: Marktforschungsunternehmen gehen davon aus, dass enorme Probleme auf Hersteller zukommen, die entweder keine höchsten qualitativen Standards einhalten können oder die finanziell zu schwach aufgestellt sind. Die Bereinigung, die über den Preis- und Margendruck zu erwarten ist, scheint noch nicht beendet zu sein. Wie bewerten Sie diese Entwicklung vor dem Hintergrund, dass die klassischen Kernmärkte (Deutschland) mit Unsicherheiten behaftet sind, und die neuen Märkte nicht unbedingt so dynamisch sind wie erwartet. Wo sehen Sie handfeste Ansätze für eine Marktentwicklung in Europa und weltweit?
Gonzalo de la Vina: Das ist differenziert zu beantworten. Die ganze Photovoltaik-Branche blickt nach Italien, Griechenland, Bulgarien und Osteuropa…, aber momentan gibt es dort noch administrative Probleme. Italien läuft bei uns sehr gut, aber das kann man nicht mit Deutschland vergleichen. In diesen Ländern wird es wohl noch etwas dauern, bis sie die entsprechende Größenordnung erreichen. Tschechien hat nun zudem beschlossen, ebenfalls die Solarstrom-Einspeisevergütung zu senken, und weist auf das deutsche Niveau hin. Das zeigt ganz klar, dass jeder auf Deutschland schaut.
Solarserver: Sehen Sie die Gefahr, dass Produktionskapazitäten abgebaut oder in Länder mit günstigeren Konditionen verlagert werden?
Gonzalo de la Vina: Das ist eine sehr politische Frage. Der Preisdruck, dem wir momentan ausgesetzt sind, und die Tatsache, dass selbst Hersteller Verluste schreiben, die in China produzieren, wirft die Frage auf, wie Deutschland angesichts der Produktionskosten und der reduzierten Einspeisevergütung mithalten soll.
Deutsche Unternehmen zählen zu den bedeutendsten Projektentwicklern der Welt
Solarserver: Künftig sollen PV-Anlagen auf Ackerflächen nicht mehr gefördert werden, um eine Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion zu vermeiden, argumentiert die Bundesregierung. Unternehmen der PV-Branche hingegen kritisieren, dass die ersatzweise angebotenen PV-Flächen nur noch eine Demonstration dieser Technologie erlauben, aber keinesfalls den Erhalt der Arbeitsplätze sowie der Forschung und Entwicklung in Deutschland sicherstellen. Besteht die Gefahr, dass große PV-Kraftwerke von der Bundesregierung ausgebremst werden?
Gonzalo de la Vina: Ich kann beide Seiten verstehen. Die Bundesregierung und die Projektentwickler, die zu unseren Kunden zählen. Wenn das jetzt umgesetzt wird, ist das bedenklich. Einige der bedeutendsten Projektierer der Welt sind ja deutsche Unternehmen. Wenn sie in Deutschland keine Großprojekte mehr entwickeln sollen können, sondern nur noch im Ausland, ist das schwer nachzuvollziehen. Das halte ich auch für ein falsches Signal.
Solarserver: Herzlichen Dank für dieses Gespräch, Herr De La Vina.
Die Fragen für den Solarserver stellte Chefredakteur Rolf Hug.

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