Solar-Interview mit Oliver Schäfer, SunPower Corp.
Oliver Schäfer ist Policy Director der SunPower Corporation. Das 1985 gegründete Unternehmen entwickelt, produziert und liefert die derzeit weltweit leistungsfähigsten, in großen Stückzahlen erhältlichen Solarstrom-Systeme. Im Solar-Interview kommentiert Schäfer den Bundestagbeschluss zur künftigen Photovoltaik-Förderung und speziell zum Solarstrom-Eigenverbrauch.
Nach dem Beschluss des Deutschen Bundestages wird die Einspeisevergütung für Solarstrom aus Photovoltaik-Dachanlagen zum 1. Juli 2010 um 16 Prozent gesenkt, Solarparks auf Konversionsflächen sogar um 16 Prozent. Wie beurteilt die SunPower Corporation als international aktives Unternehmen diese Entwicklung und die Auswirkungen auf den deutschen PV Markt?
O. S.: Das ist eine drastische Änderung der Gesetzgebung im bedeutendsten Markt für Photovoltaik und sollte der ganzen Industrie zu denken geben. Wir müssen künftig unabhängiger von politischen Entscheidungen werden.
Die Kürzungen dürften einige Unternehmen sehr hart treffen, eine Kürzung im einstelligen Bereich wäre angemessener gewesen, aber wenigstens wurden die Absenkungen im nächsten Jahr etwas gemildert. SunPower hat sich wegen der bestehenden Abhängigkeit von der Politik sehr früh auf vielen verschiedenen Märkten etabliert, andere Unternehmen, die einen grösseren Teil Ihres Umsatzes in Deutschland machen, werden sicher eher Probleme bekommen.
Im Umfeld der Diskussion hat die Bundesregierung 100 Millionen Euro für die Photovoltaik-Forschung ("Innovationsallianz Photovoltaik") angekündigt. Ist diese eine Alternative zu der von der Solarwirtschaft geforderten maßvolleren Kürzung der Einspeisevergütung um maximal 10 %?
O. S.: Das ist nicht mehr als ein Tropfen auf den heissen Stein, allerdings kommen sie den Unternehmen mit Produktionsstandorten in Deutschland zugute, damit ist es wenigstens zielgerichtet, aber sicher nicht genug als Ausgleich für die Kürzungen.
Noch ist offen, wie sich die Kürzung der deutschen Einspeisevergütung auswirkt. Vermutlich werden noch rasch möglichst viele Solarstromanlagen installiert, bevor die Förderung sinkt und der Markt in den folgenden Quartalen reagiert. Sehen Sie andere Märkte, die einen möglichen Rückgang der Nachfrage in Deutschland ausgleichen können?
O. S.: Wichtig wird die Preisentwicklung quer durch die Wertschöpfungskette sein. Die 16% können nicht alleine von den Herstellern aufgefangen werden, soviel ist sicher, das sollte auch niemand erwarten, es muss bei allen Bereichen Abstriche geben um den Markt in Deutschland zu erhalten.
Sollte es zu einem Einbruch kommen, dann sehe ich keinen einzelnen Markt, der das Volumen des deutschen auffangen könnte, allerdings müssen wir weiterhin neue Märkte erschliessen, auch kleinere. In Frankreich, Italien, der Tschechischen Republik und anderen Märkten erwarten wir allerdings deutliche Zuwächse.
SunPower zählt zu den bedeutendsten Photovoltaik-Systemintegratoren und hat weltweit zahlreiche große Freiflächen-Kraftwerke gebaut. Nun wird Solarstrom, der auf Ackerflächen erzeugt wird, nicht mehr im Rahmen des EEG vergütet. Welche Konsequenzen hat das für die Projektentwicklung und den Markt?
Freiflächenanlagen auf Ackerflächen wurden zum Sündenbock gemacht
O. S.: Schon bei der letzten EEG Novelle wurden Freiflächenanlagen von der Politik in Deutschland nicht gerade favorisiert; SunPower war daher in den letzten Jahren recht zurückhaltend in diesem Segment in Deutschland, wir konzentrieren uns auf die jeweiligen Stärken in den jeweiligen Märkten; In Deutschland haben wir das dichteste Händlernetzwerk auf der Welt, aber eben für den Bereich Aufdachanlagen.
Allerdings finden wir es dennoch sehr bedauerlich, dass dieses Segment als Sündenbock herhalten musste, denn ich bin sicher, wir brauchen für eine nachhaltige Energieversorgung beides, grosse Freiflächenanlagen ebenso wie dezentralisierte kleinere und mittlere Anlagen.
Stärkung des Solarstrom-Eigenverbrauchs ist ein wichtiger Schritt
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sieht auch eine Förderung des nicht in das Netz eingespeisten Solarstroms vor (Eigenverbrauch), und zwar künftig für "kleine" Solaranlagen mit einer Leistung bis zu 500 Kilowatt. Wie bewerten Sie diesen Ansatz und was ist erforderlich, um dies umzusetzen?
O. S.: Der ursprüngliche Ansatz den Eigenverbrauch zu stärken war sehr positiv. In letzter Sekunde hat die Regierung dabei aber eine weitere wesentliche Hürde eingebaut: Eine wirklich Stärkung des Eigenverbrauchs erst ab einem Verbrauch von mehr als 30%. Das wird für den Durchschnittshaushalt kein Anreiz sein.
Grundsätzlich ist die Stärkung des Eigenverbrauchs aber ein Schritt, der viele wichtige Impulse setzen kann, Verbrauch und Erzeugung werden gezielt in Deckung gebracht, das smart metering wird eingeführt, Erzeugungsspitzen können ausgeglichen werden, ein Anreiz für Speichertechnologien wird gesetzt und Netzausbaukosten können eingespart werden, dies nur um einige Vorteile zu nennen. Umso unbegreiflicher ist, warum die Politik an dieser Stelle in letzter Minute die positiven Anreize zum negativen verändert hat.
Wann lohnt sich der Eigenverbrauch von Solarstrom?
O. S.: Für die Energieversorgung der Zukunft sicher immer, denn damit kann man unabhängiger werden von den ständigen Strompreiserhöhungen der Energieversorger. Ob die Anreize zur Eigennutzung nach der Änderung allerdings von Anfang ökonomisch für den Einzelnen Sinn macht, muss man genau und individuell berechnen. SunPower hat dazu ein eigenes Modell entwickelt, um den Kunden die bestmögliche Nutzung Ihrer Anlage zu berechnen.
Sind dafür zusätzliche Zähler erforderlich?
O. S.: Ja, diese sind günstig zu kaufen oder zu mieten, technisch ist das kein Problem.
Welche Erfahrungen hat SunPower mit "Net Metering" gesammelt?
O. S.: Das Net metering war die Grundlage zur Entwicklung einiger interessanter Märkte, wie etwa Japan und verschiedene Staaten in den USA. Ich sehe es als eine potenzielle Weiterentwicklung der klassischen Einspeisemodelle um unabhängiger von der Politik zu werden. Es gibt Kombinationsmöglichkeiten mit Steuererleichterungen, Investitionshilfen oder Prämien wie den Eigenverbrauchsbonus, damit könnte der Einstieg in einen nachhaltigen Solarmarkt geschaffen werden, auch in Hinsicht auf die Zeit nach der Netzparität. Denn dies wird nicht der Zeitpunkt sein, an dem man die Solarförderung komplett einstellen kann.
Herr Schäfer, wir danken Ihnen für diese Auskünfte.
Die Fragen stellte Solarserver-Chefredakteur Rolf Hug