Neufassung der Marburger Solar-Satzung trat am 17. November 2010 in Kraft; Hessischer Landtag schafft Grundlage ab

Mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, Bündnis90/Die Grünen und der Marburger Linken hatte das Stadtparlament am 29. Oktober die Satzung zur Solaren Baupflicht (Entwurf vom 24.08.2010) auf der Grundlage der §§ 5 und 51 Nr. 6 der Hess. Gemeindeordnung (HGO) und des § 81 Abs. 2 Hess. Bauordnung (HBO) beschlossen. Sie wurde am 16.11.2010 öffentlich bekanntgemacht und trat somit am Folgetag, dem 17. November 2010, in Kraft. Die Fraktionen von CDU, FDP und die Marburger Bürgerliste votierten im Stadtparlament am 29. Oktober gegen die Vorlage.

Oberbürgermeister Egon Vaupel unterstrich zu Beginn der Debatte, dass es sich um keine Zwangssatzung, sondern um eine Wertsicherungssatzung für Bestandsgebäude handle. Die Solarsatzung sei ein Beitrag zu verantwortungsvoller Kommunalpolitik zur regionalen Wertschöpfung in der Energienutzung, so Vaupel.

Grüne: Neue hessische Bauordnung bremst Klimaschutz in den Kommunen aus
Der Hessische Landtag hat am 18.11.2010 eine neue Bauordnung erlassen, die zum 1.1.2011 in Kraft tritt. Damit wird die Grundlage für Solarsatzungen  (§ 81 Abs. 2 HBO) abgeschafft. Das bedeutet, dass ab dem 1.1.2011 keine weiteren hessischen Städte eine Solarsatzung erlassen dürfen. Die Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wirft der CDU/FDP-Landesregierung vor, durch die Änderung der Bauordnung die Städte und Gemeinden beim Klimaschutz vor Ort ausbremsen zu wollen. "So wollen sie den Kommunen die Möglichkeit nehmen, eigenständige Regelungen etwa für die Verwendung von bestimmten Brennstoffen oder bestimmten Heizungsarten zu treffen. Und dies einzig und allein aus dem Grund, die Marburger Solarsatzung zu verhindern. Deshalb soll die Klimaschutzpolitik aller hessischer Kommunen in Ketten gelegt werden", kritisiert die umweltpolitische Sprecherin der GRÜNEN, Ursula Hammann. DIE GRÜNEN wollen mit einem Änderungsantrag erreichen, dass die Landesregierung in einen Dialog mit den Kommunen tritt, mit dem Ziel, diese kontraproduktive Regelung zurückzunehmen.

Frankfurt: "Gestaltungsfreiheit für die energetischen Maßnahmen auf kommunaler Ebene ist erforderlich"
DIE GRÜNEN verweisen auf den breiten Protest von Kommunen. Neben der Oberbürgermeisterin der Stadt Frankfurt, Petra Roth (CDU), haben sich 49 andere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister dagegen ausgesprochen. Dem Protest haben sich auch der Hessische Städtetag, der Verband kommunaler Unternehmen sowie die Umweltverbände angeschlossen. Es geht dabei um den Erhalt des Paragraphen 81, Absatz 2 der Hessischen Bauordnung, nach dem die Kommunen Energiesatzungen erlassen können. So heißt es in der Stellungnahme der Stadt Frankfurt: "Es kann nicht Sinn einer Regelung der Landesregierung sein, die Stadt Frankfurt und andere hessische Kommunen in der Umsetzung von Umweltmaßnahmen zur Erreichung gesetzter Umwelt- und Klimaschutzziele zu behindern. Vielmehr ist Gestaltungsfreiheit für die energetischen Maßnahmen auf kommunaler Ebene erforderlich."
"Es ist unvernünftig, kurzsichtig und kleinkariert, dass jetzt alle Kommunen für die positive Marburger Solarsatzung büßen sollen. Für diese Landesregierung scheint es wichtiger zu sein, den Kommunen die Möglichkeit der Farbbestimmung eines Gartenzauns im Baugebiet zu erlauben als das Festlegen klimafreundlicher Regelungen wie die Abnahme von Nah- und Fernwärme oder aber auch der Verzicht drauf beim Bau eines Passivhauses", stellt Ursula Hammann fest.

SPD-Fraktion: CDU und FDP streichen den Kommunen die einzige Möglichkeit, im Sinne der EU-Richtline Vorgaben zur Berücksichtigung von Wärme aus erneuerbaren Energien zu machen
"Die Regierungsfraktionen in Hessen verengen ihren Blick leider ausschließlich auf monetäre Anreize. Förderprogramme sind richtig und wichtig, aber sie sind nur eine Seite der Medaille. Wir brauchen auch ordnungspolitische Instrumente", kritisierte der SPD-Energiepolitiker Timon Gremmels in einer Rede. Aus Sicht der SPD-Fraktion sei zwingender Handlungsbedarf geboten. Die EU-Richtlinie zu erneuerbaren Energien verpflichte die Mitgliedsstaaten, ein Mindestmaß an erneuerbaren Energien bei der Renovierung bestehender Gebäude einzuführen. Dies müsse bis 2014 umgesetzt werden. "Statt selbst die Initiative zu ergreifen und im Sinne dieser Richtlinie zu handeln, macht Schwarz-Gelb das genaue Gegenteil. CDU und FDP streichen mit der Änderung des § 81 der Hessischen Bauordnung (HBO) den Kommunen auch noch die einzige Möglichkeit, im Sinne der EU-Richtline Vorgaben zur Berücksichtigung von Wärme aus erneuerbaren Energien zu machen, nur weil ihnen aus ideologischen Gründen die Marburger Solarsatzung nicht passt", folgert der SPD-Politiker. "Das gegenwärtige Regierungshandeln führt leider dazu, dass Hessen die rote Laterne bei den erneuerbaren Energien auch in Zukunft behalten wird", so Gremmels abschließend.
Weitere Informationen zum Thema:
Fachbuch "Neue örtliche Energieversorgung": Das Rüstzeug für kommunale Akteure der Energiewende
Artikel aus der Kommunalzeitschrift "der gemeinderat" von RA Dr. Fabio Longo: Im kommunalen Interesse

19.11.2010 | Quelle: Stadt Marburg; BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag; SPD Hessen | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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