VDE fordert zügigen Ausbau der deutschen Stromnetze; Experten der Energiebranche diskutieren die Roadmap

Ohne Zweifel ist der möglichst rasche Ausbau der Stromnetze - sowohl auf der Transport- als auch auf der Verteilungsebene - von hoher Dringlichkeit, denn sonst sind die europäischen sowie die deutschen Klimaziele in Gefahr. Darauf weist unter anderem das VDE-Positionspapier "Übertragung elektrischer Energie" hin. Auf der gemeinsamen Informationsveranstaltung der Deutschen Komitees CIGRE (Deutsches Komitee der Internationalen Hochspannungskonferenz beim VDE) und CIRED (Deutsches Komitee der Internationalen Konferenz über elektrische Verteilnetze, das bei der Energietechnischen Gesellschaft im VDE angesiedelt ist) zum Thema "Smart Grids: Hype oder Vision?" diskutierten Experten in Mannheim Entwicklungen künftiger Stromnetze.

Stromnetze in Deutschland müssen deutlich ausgebaut werden
Stephan Kohler, Leiter der Deutschen Energieagentur (dena), stellte den Experten die Ergebnisse der zweiten Netzstudie vor, die insbesondere die Auswirkungen durch den Ausbau der erneuerbaren Energien auf die Netze untersucht hat. Die aktuelle dena-II-Studie wurde intensiv von Mitgliedern des VDE unterstützt, der bereits verschiedene Studien und Positionspapiere zu diesem Thema erstellt hat. Alle Untersuchungen laufen auf die gleichen Ergebnisse aus: Die Stromnetze in Deutschland müssen zur Bewältigung der anstehenden Aufgaben deutlich ausgebaut werden."Bei Verwendung etablierter 380-kV-Freileitungstechnik müssen 3.600 km Höchstspannungstrassen bis zum Jahr 2020 gebaut werden"“, so Kohler. Einschließlich des notwendigen Anschlusses der Offshore-Windparks betragen die Kosten hierfür 9.7 Milliarden Euro.
"Wir müssen schnell eine robuste Vision zukünftiger Energienetze entwickeln, die die integrative Versorgung mit Strom, Wärme und Kälte sowie Mobilität berücksichtigt und gleichzeitig alle Arten von Kunden und Erzeugungseinheiten gleichermaßen einschließt", betont VDE-Experte Prof. Dr.-Ing. Armin Schnettler, Leiter des Instituts für Hochspannungstechnik (IFHT) an der RWTH Aachen, der die dena-II-Studie als externer Gutachter geprüft hat. Dazu sollte auch das Treffen des VDE in Mannheim beitragen mit Vertretern der gesamten Energiebranche.

Akzeptanzoffensive für den Netzausbau
Es zeigt sich, dass für viele Übertragungsaufgaben ein klassisches 380kV-Freileitungsnetz, das sowohl durch den Neubau von Leitungen als auch durch die Verstärkung von bestehenden Leitungstrassen ertüchtigt wird, die technisch und wirtschaftlich beste Lösung darstellt. Diese muss aber zunehmend durch heute noch nichtkonventionelle Technologien unterstützt werden, wozu insbesondere Flexibilisierungsmaßnahmen, wie zum Beispiel Freileitungsmonitoring und Hochtemperaturleiterseile, und der Einsatz von Hochspannungsgleichstromübertragung (HGÜ – Freileitungen und Kabel vor allem zum Anschluss von Offshore-Windparks) gehören. Problematisch bei der Umsetzung der Maßnahmen ist insbesondere die Einbindung der Öffentlichkeit, die zwar insgesamt einen Ausbau der erneuerbaren Energien befürwortet, aber derzeit nicht bereit ist, auch den notwendigen Ausbau der Stromnetze vor allem über Freileitungstrassen zu akzeptieren. "Hier müssen wir zum einen alle vielversprechenden neuen Technologien für einen schnellen Einsatz qualifizieren und zum anderen die Öffentlichkeit stärker in die technischen Optionen mit den entsprechenden Vor- und Nachteilen einbinden", fordert Fachmann Schnettler.

Intelligente Automatisierungs- und Kommunikationstechnik
Zweiter Themenschwerpunkt auf der Tagung waren die Verteilungsnetze, die mit Automatisierungs- und Kommunikationstechnik intelligent werden sollen. Die Aufrüstung zum Smart Grid erfolgt im Wesentlichen durch Einbau und Nutzung von Sensoren und Aktoren sowie Informationstechnologie, um möglichst viele Informationen über den Zustand zu erhalten, also den Beobachtungs- und Steuerungsgrad deutlich zu steigern. Um zu einem smarten Verteilungsnetz zu kommen, werden die Ortsnetzstationen im ersten Schritt mit Mess- und Kommunikationseinrichtungen ausgerüstet. Darüber hinaus werden die Endkunden über neuartige Zähler (Smart Meter) eingebunden. "Hier können neue Geschäftsmodelle zu einer höheren Energieeffizienz führen", betont Wolfgang Glaunsinger, Geschäftsführer der Energietechnischen Gesellschaft im VDE.
Der Strom kommt in Zukunft vor allem aus dem Norden. Aus großen Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee sollen bis 2030 rund 25 Gigawatt (GW) Leistung angeboten werden. Gebraucht wird er dagegen insbesondere im Süden und Westen der Republik. Deshalb gilt: Ohne Netze keine neue Energie. Die Politik muss hier Anreize setzen, um die zu langen Planungs- und Genehmigungsfristen zu verkürzen, so die Forderung des VDE.

01.12.2010 | Quelle: VDE | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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