Photovoltaik: Bundesgerichtshof konkretisiert Voraussetzungen der Solarstrom-Gebäudevergütung

Mit Urteil vom 09. Februar 2011 (VIII ZR 35/10) hat der Bundesgerichtshof (BGH) konkretisiert, unter welchen Voraussetzungen dem Photovoltaik-Anlagenbetreiber ein Anspruch auf Vergütung nach den Sätzen für Gebäudeanlagen zusteht. Die Entscheidung erging noch auf Grundlage des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), das bis zum 31.12.2008 in Kraft war, sei aber in weiten Teilen auch auf die aktuelle Gesetzeslage anwendbar, so Dr. Thomas Binder von der auf Solarenergie spezialisierten Kanzlei Dr. Binder, Flaig und Ritterhoff (Freiburg).

Bestand der Photovoltaik-Anlage muss vom Gebäude als Trägergerüst abhängig sein
Eine Gebäude-Photovoltaik-Anlage muss nach den Vorgaben des EEG ausschließlich auf oder an einem Gebäude angebracht sein. Dies ist nach Überzeugung des Bundesgerichtshofs nur der Fall, wenn das Gebäude als Trägergerüst die Hauptsache bildet, von der die darauf oder daran befestigte Photovoltaik-Anlage in ihrem Bestand abhängig sein müsse. Werden die Solarmodule von Masten getragen, die mit Köcherfundamenten im Boden verankert sind, werde diese Voraussetzung nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs nicht erfüllt. Das gelte auch dann, wenn die Stahlmasten Verbindungsstücke zu einer Gebäudewand aufweisen würden.

Gebäude dienen vorrangig dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen
Auch zu einem weiteren Stolperstein der Gebäudevergütung, nämlich der Frage, welchem Zweck das Bauwerk dient, hat der BGH in seinem Urteil Ausführungen gemacht. Demnach stehe dem erhöhten Vergütungssatz für Photovoltaik-Anlagen auf oder an Gebäuden entgegen, dass der Zweck des Gesamtbauwerks in erster Linie auf die Solarstromerzeugung und nur untergeordnet auf eine Gebäudenutzung ausgerichtet sei.
Der BGH leitete diesen Grundsatz zwar aus dem seit 01.01.2009 außer Kraft getretenen § 11 EEG 2004 her. Jedoch setzt auch § 33 EEG in der aktuellen Fassung voraus, dass ein Gebäude vorrangig dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen bestimmt sein muss.
Der Bundesgerichtshof hatte in seinem Urteil über eine Konstruktion zu entscheiden, bei der zwei mit Solarmodulen bestückte Stahlmasten mit Querverstrebungen verbunden wurden. Auf diesen Querverstrebungen wurde ein Dach befestigt, das als Unterstand für Fahrzeuge und Anhänger diente. Der Bundesgerichtshof vertrat die Ansicht, dass diese Gesamtanlage in erster Linie auf die Energieerzeugung ausgerichtet sei. Eine Bedachung zum Schutz von Fahrzeugen hätte ersichtlich auch mit wesentlich einfacheren baulichen Mitteln errichtet werden können. Eine Vergütung nach den EEG-Sätzen für Gebäudeanlagen sei deswegen ausgeschlossen.

Photovoltaik-Vorhaben auf ungewöhnlichen Bauwerkskonstruktionen bereits im Planungsstadium prüfen
Eine Hintertür zur Gebäudevergütung öffnete der BGH dem Anlagenbetreiber im entschiedenen Fall dennoch, so Dr. Binder. Dort sei die Mastenkonstruktion mehrere Jahre nach Inbetriebnahme der Module so in ein Gebäude integriert worden, dass die Vergütungsvoraussetzungen für Gebäude erfüllt wurden. In diesem Fall kann die Photovoltaik-Anlage nach Überzeugung des BGH nachträglich zu einer Gebäude-Photovoltaikanlage werden. Neues Inbetriebnahmedatum für die Solarmodule soll dann das Datum sein, an dem die Voraussetzungen der Gebäudevergütung erfüllt sind.
"Das Urteil des Bundesgerichtshofs unterstreicht die Notwendigkeit, bei Photovoltaik-Vorhaben auf ungewöhnlichen Bauwerkskonstruktionen bereits im Planungsstadium zu prüfen, ob die EEG-Vergütungsvoraussetzungen erfüllt sind. Das gleiche gilt in Fällen, in denen der Zweck der baulichen Anlage, auf der die Photovoltaik-Anlage befestigt werden soll, nicht nachweisbar und eindeutig in erster Linie dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen dient", erläutert Dr. Binder.

21.03.2011 | Quelle: Dr. Thomas Binder; www.pv-recht.de | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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