Erdgas aus Ökostrom: juwi und SolarFuel testen Verfahren zur Stromspeicherung; Praxistest einer 25 kW-Laboranlage in der Morbacher Energielandschaft mit Windpark und Biogasanlage

Die Zukunft der Energieversorgung ist erneuerbar und dezentral. Eine der größten Herausforderungen auf dem Weg dahin liegt nach Expertenmeinung in der langfristigen Speicherung von enormen Ökostrommengen. Eine Antwort auf das Problem erproben nun die juwi-Gruppe und die SolarFuel GmbH mit ganz konkreten, technischen Schritten: Eine Laboranlage von SolarFuel in der Morbacher Energielandschaft im Hunsrück wandelt elektrische Energie in Erdgas um.

ZSW und Fraunhofer IWES liefern die Grundlagen der Technik
Am 21. März wurde die Anlage in Anwesenheit der rheinland-pfälzischen Umweltministerin Margit Conrad eingeweiht. Die elektrische Anschlussleistung beträgt 25 Kilowatt. Die Grundlagen der Technik stammen von den Forschungsinstituten ZSW und Fraunhofer IWES. Ziel des einzigartigen Vorhabens ist ein optimal entwickelter Baustein für eine regenerative Energieinfrastruktur. Die Wörrstädter juwi-Gruppe beteiligt sich darüber hinaus mit rund fünf Prozent an dem Stuttgarter Energieumwandlungsspezialisten SolarFuel.

Technologie passt Wind- und Solarenergie an den Bedarf an und trägt somit zur Stabilität der Netze bei
Mit dem rasanten Ausbau erneuerbarer Energien wächst auch der Bedarf nach Speichertechnologien. Sie machen die unstetig anfallende Elektrizität der Solar- und Windenergie lagerfähig. Die neue Ökostromspeichertechnik von SolarFuel wurde im Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und im Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) entwickelt. SolarFuel realisiert die Anlagen.
„Mit der klimaneutralen Umwandlung in Erdgas schaffen wir einen erneuerbaren Stromspeicher. Unsere Technologie passt Wind- und Solarenergie an den Bedarf an und trägt somit auch zur Stabilität der Netze bei“, sagte Gregor Waldstein, Geschäftsführer der SolarFuel GmbH, bei der Einweihung. Das unterstütze auch den weiteren Ausbau der regenerativen Energien.

100-prozentige, dezentrale Versorgung mit erneuerbaren Energien
Die juwi-Gruppe ist von dem Verfahren begeistert und forciert das Projekt, unter anderem mit einer Beteiligung an der SolarFuel GmbH von fünf Prozent. „Die Ökostromkonvertierung ist ein wichtiger Baustein im Konzept einer 100-prozentigen, dezentralen Versorgung mit erneuerbaren Energien. Mit einem derart flexiblen Speicherkonzept können Regionen, Kommunen und Unternehmen autark werden und sich so langfristig stabile und bezahlbare Energie sichern“, betont Matthias Willenbacher, Gründer und Vorstand der juwi-Gruppe.
Der Spezialist für erneuerbare Energien will das Verfahren in Rheinland-Pfalz in einer Modellregion im Hunsrück testen und analysieren – mit der Kombination einer SolarFuel-Anlage, eines Windparks und einer Biogasanlage. Das Modellprojekt soll Aufschluss darüber geben, wie die Technologie in eine dezentrale Energieversorgung mit regionalen Kombikraftwerken integriert werden kann.

Verbindung der Märkte für Strom, Wärme und Mobilität
Die Verwendungsmöglichkeit des Erdgases aus Ökostrom ist vielfältig. „Damit verbindet die Technologie die Märkte für Strom, Wärme und Mobilität miteinander“, erklärt Dr. Michael Specht, Leiter der Abteilung „Regenerative Energieträger und Verfahren“ am ZSW. „Das Erdgassubstitut kann im Wärme- oder Kraftstoffmarkt eingesetzt werden, etwa in der Industrie, in Gebäuden oder im Verkehr. Darüber hinaus ist auch eine Rückverstromung möglich.“ Eingespeist wird der als Gas gespeicherte Ökostrom wie herkömmliches Erdgas in das Erdgasversorgungsnetz, das über eine enorme Speicherkapazität von Monaten verfügt.

Kopplung von Strom- und Gasnetz
Auch das Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) unterstreicht die Bedeutung des Verfahrens für eine bedarfsgerechte und unabhängige Versorgung mit erneuerbaren Energien. „Um die Energiewende zu vollziehen und dauerhaft nukleare und fossile Kraftwerke zu ersetzen, brauchen wir Langzeitspeicher. Die Kopplung von Strom- und Gasnetz ist dafür die einzige nationale Lösung“, so Dr. Michael Sterner, Leiter der Gruppe „Energiewirtschaft und Netzbetrieb“ beim IWES.

Umweltministerin Margit Conrad: Wir brauchen keine Atomkraft
Als „Baustein für eine sichere Energieversorgung mit erneuerbaren Energien“ bezeichnet Umweltministerin Margit Conrad das Projekt, das die Landesregierung unterstütze. „100 Prozent regenerative Energie ist möglich“, sagt Conrad. „Rheinland-Pfalz hat bewiesen, dass man von einem Energieimportland mit erneuerbaren Energien und hoch effizienten Kraftwerken in Kraftwärmekopplung zum Energieland werden kann. Wir brauchen keine Atomkraft, und Rheinland-Pfalz setzt sich für die Rückkehr zum Atomkonsens und die zügige Abschaltung der ältesten und am schlechtesten gegen Flugzeugabstürze geschützten Reaktoren ein.“

Infrastruktur für Erdgas aus Wind- und Solarstrom bereits vorhanden
Die neue Speichertechnologie biete für die Langzeitspeicherung von Wind- und Solarstrom nicht nur eine kostengünstige Variante, sondern auch die größten Speicherkapazitäten. Das SolarFuel-Verfahren mache Wind- und Solarstrom zu einem universell einsetzbaren Energieträger, so Conrad. „Die Infrastruktur für Erdgas aus Wind- und Solarstrom ist in über ganz Deutschland verteilten großen Erdgasspeichern bereits vorhanden. Gespeicherter Wind- und Solarstrom wird so zum Lieferanten von Ausgleichsenergie, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Durch die Möglichkeit der Konversion zu Flüssigkraftstoffen bis hin zu Kerosin für den Flugverkehr entsteht auch eine Alternative zu Biokraftstoffen. Auch für die Chemieindustrie ergibt sich ein potenzieller Lieferant für Basischemikalien. Nicht zuletzt im Hinblick auf diese Wertschöpfungspotenziale ist diese neue Entwicklung für Rheinland-Pfalz ausgesprochen interessant.“
Die neue Technologie wandelt Wasser und Kohlendioxid (CO2) mit Hilfe von Wind- oder Solarstrom direkt in synthetisches Erdgas um: In der Elektrolyse wird im ersten Schritt Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Im zweiten Schritt wird der Wasserstoff mit CO2 direkt zu Methan (CH4) umgesetzt. Dabei steigt die Energiedichte um den Faktor 3 an und es entsteht ein marktfähiger und handelbarer Energieträger, der Erdgasqualität besitzt.

22.03.2011 | Quelle: SolarFuel GmbH; juwi-Gruppe; ZSW, Fraunhofer IWES; Grafik: Specht/Sterner et al | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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