Europäische Kommission präsentiert Energiefahrplan 2050, BEE und Grüne kritisieren Bewertung des Potenzials und der Kosten erneuerbarer Energien

Um das Ziel der Emissionssenkung um mehr als 80 % bis 2050 zu erreichen, müsse die Energieproduktion in Europa nahezu CO2-frei werden, so die EU- Kommission in einer Pressemitteilung.

In dem Energiefahrplan 2050, den die Kommission am 15.12.2011 vorgestellt hat, wird dargelegt, wie dies ohne eine Beeinträchtigung der Energieversorgung und der Wettbewerbsfähigkeit möglich werde.
„Nur ein neues Energiemodell wird langfristig dafür sorgen, dass unser System sicher, wettbewerbsfähig und nachhaltig ist. Wir verfügen jetzt über einen europäischen Rahmen dafür, dass die politischen Maßnahmen zur Sicherung der notwendigen Investitionen getroffen werden", kommentiert Energiekommissar Günther Oettinger.

Kommission setzt auf Energieeffizienz, erneuerbare Energien, Kernenergie sowie CCS
Der Energiefahrplan beruht auf verschiedenen Beispielszenarien, in denen vier Elemente eine unterschiedlich große Rolle spielen: Energieeffizienz, erneuerbare Energien, Kernenergie sowie CO2-Abtrennung und -speicherung, kurz: CCS). Keines der Szenarien dürfte vollständig eintreten, aber aus allen ergebe sich eine Reihe von sinnvollen Handlungsoptionen für die nächsten Jahre, so die Kommission. Basierend auf dem Fahrplan sollen in den kommenden Jahren weitere politische Initiativen zu spezifischen Bereichen der Energiepolitik folgen.

BEE: EU-Kommission unterschätzt das Potenzial erneuerbarer Energien
Nach Analyse des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE) unterschätzt die EU-Energy Roadmap 2050 deutlich das Potenzial erneuerbarer Energien und setzt deren Kosten im Vergleich zu fossilen Energien zu hoch an.

BEE-Präsident Dietmar Schütz: Harmonisierung der Fördersysteme sorgt nicht für Kosteneffizienz
„Die Roadmap missachtet nicht nur die kostensenkenden Effekte der erneuerbaren Energien, auch die Annahmen für die Kostenentwicklung der konventionellen Energieträger sind viel zu optimistisch“, kritisiert BEE-Präsident Dietmar Schütz den neuen Fahrplan. Die These der Kosteneffizienz durch eine EU-weite Harmonisierung der Fördersysteme werde außerdem nicht richtiger, wenn man sie nur oft genug wiederhole.
Darüber hinaus würden in dem Szenario mit dem größten Anteil regenerativer Energien unverhältnismäßig hohe Kosten für Infrastrukturmaßnahmen angenommen. „Dabei kann gerade ein dezentraler Ausbau der erneuerbaren zu einer Reduktion des Ausbaubedarfs im Übertragungsnetz beitragen“, sagt Schütz.

Erneuerbaren-Energien-Richtlinie wird erst 2014 überprüft
Immerhin räume die EU-Kommission der vollständigen Umsetzung der aktuellen Erneuerbare-Energien-Richtlinie höchste Priorität ein, betont der BEE.
„Es ist richtig, dass die Richtlinie wie geplant erst 2014 überprüft wird. Das gibt der Branche Planungssicherheit und ausreichend Zeit für die notwendigen Investitionen“, so Schütz. Auch erkenne die EU-Kommission an, dass ein EU-Energiebinnenmarkt nur durch eine Änderung der bisherigen Marktregeln zu erreichen ist. Jedoch dürfe die Frage nicht lauten, wie erneuerbare Energien optimal in den bestehenden Markt integriert werden können.
„Der Fokus muss eindeutig auf einer ernsthaften Transformation des bestehenden Energiesystems liegen“, fordert Schütz. Denn der heutige Markt sei noch in der Logik fossiler und atomarer Energien konzipiert und daher für eine auf erneuerbaren Energien ausgerichtete Energieversorgung nicht geeignet.

Schütz: 30 Prozent Erneuerbare bis 2030 ist nicht ehrgeizig genug
In jedem Fall sei es sinnvoll, dass die EU-Kommission über ein Erneuerbare-Energien-Zwischenziel für das Jahr 2030 nachdenke. Jedoch müsse dies anspruchsvoll formuliert werden und mit verbindlichen Zielen für die einzelnen Mitgliedsstaaten unterlegt werden. „Der von der Kommission genannte Anteil von 30 Prozent ist eindeutig nicht ambitioniert“, gibt Schütz zu bedenken. Die Europäischen Erneuerbaren-Verbände schlagen ein rechtlich bindendes EU-Mindestziel von 45 Prozent für 2030 vor. Dabei müsse sichergestellt bleiben, dass den Mitgliedstaaten die Wahl der Förderinstrumente obliegt.

Hans-Josef Fell: Zurück in die Vergangenheit mit Atom und Kohle
"Die EU-Kommission hätte ihre Strategie ehrlicherweise ‚Roadmap 1950‘ statt ‚Roadmap 2050‘ benennen sollen", so der Sprecher für Energie der Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen, Hans-Josef Fell (MdB).

"EU-Kommission träumt von dutzenden neuen Atomkraftwerken sowie scheinbar günstigen CCS-Kraftwerken"
"Atom und Kohle – soll das die Zukunft sein? Damit die EU-Kommission die Zukunft in der Vergangenheit finden kann, werden die Kosten der erneuerbaren Energien künstlich hoch und die von Atom und Kohle runter gerechnet. Die EU-Kommission träumt von dutzenden neuen Atomkraftwerken, die angeblich jetzt sicher werden, sowie von massenweisen scheinbar günstigen CCS-Kraftwerken."
Die Basis für die künftige Energiestrategie der Europäischen Union müsse ehrlich sein, mit realistischen Zahlen und Szenarien. Die EU-Kommission dürfe die Realität nicht länger ignorieren, denn diese sehe im 21. Jahrhundert anders aus als zu Zeiten als die Europäischen Gemeinschaften unter anderem auf Basis des Vertrages für Kohle und Stahl gegründet wurden.
"Die Zukunft der europäischen Energiepolitik müssen die erneuerbaren Energien sein, wenn Energie sicher, umweltfreundlich und bezahlbar sein soll. Denn Kohle und Atom haben ihre Zukunft hinter sich", stellt Fell fest.

Weitere Informationen:

·       Roadmap der EU-Kommission http://ec.europa.eu/energy/energy2020/roadmap/index_en.htm
·       Stellungnahme der Grünen im Europäischen Parlament http://www.greens-efa.eu/eu-energiefahrplan-2050-5072.html

·       Link zur Stellungnahme von EREC (European Renewable Energy Council) http://www.erec.org

·       Link zur Stellungnahme von EREF (European Renewable Energies Federation) http://www.eref-europe.org/attachments/pr_2011/Energy-Roadmap-11-12-15.pdf

·       Link zur Stellungnahme von Greenpeace http://www.greenpeace.org/eu-unit/en/Publications/2011/2050-energy-roadmap/

15.12.2011 | Quelle: EU-Kommission; BEE; Hans-Josef Fell MdB | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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