Bundesnetzagentur gibt Auskunft über Verfahren zur Meldung von PV-Anlagen und nimmt Stellung zur Verlässlichkeit des Datenmaterials – Proteus Solutions kommentiert Antworten der BNetzA

Seit Ende 2011 wuchs der Zubau an Solarstromanlagen in Deutschland stark. Allein im Dezember 2011 gingen 2.983 MW neu ans Netz. Im ersten Quartal 2012 konnte ein Zubau von 1.969 MW verzeichnet werden. Kenner der Branche sehen als Grund die politischen Diskussionen und die damit verbundenen Planungsunsicherheiten. In der Solarserver Rubrik "Solar-Standpunkt" berichtet die Proteus […]

Seit Ende 2011 wuchs der Zubau an Solarstromanlagen in Deutschland stark. Allein im Dezember 2011 gingen 2.983 MW neu ans Netz. Im ersten Quartal 2012 konnte ein Zubau von 1.969 MW verzeichnet werden. Kenner der Branche sehen als Grund die politischen Diskussionen und die damit verbundenen Planungsunsicherheiten.
In der Solarserver Rubrik "Solar-Standpunkt" berichtet die Proteus Solutions GbR (Spaichingen) über die Schwierigkeiten, verlässliches Zahlenmaterial als Planungsgrundlage zu erhalten und die möglichen Auswirkungen widersprüchlicher Daten auf die Gesetzgebung.Im Kontext der politischen Streitigkeiten wurde immer wieder Zahlenmaterial der Bundesnetzagentur (BNetzA) herangezogen, das zu Berechnungszwecken von der Bundesregierung oder verschiedenen anderen Institutionen verwendet wurden.

Bereits Anfang des Jahres entbrannte wieder eine Diskussion über die Verlässlichkeit des Datenmaterials der Agentur, die in verschiedenen Medien breit diskutiert wurde [http://psrd.de/@954355].

Im Fokus standen dabei drei zentrale Fragen:

  1. Können Datenmeldungen manipuliert werden?
  2. Warum werden Detaildaten mit erheblichem Zeitversatz veröffentlicht?
  3. Warum unterscheiden sich die Daten der BNetzA so grundlegend von denen der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB)?

Um diese Fragen final beantworten zu können, hatte die Redaktion der Proteus Solutions GbR bereits am 2.5.2012 eine entsprechende Anfrage [http://psrd.de/@954377] an die BNetzA gerichtet, um in die Berichterstattung neue Fakten einfließen lassen zu können.
Die Mühlen der Bürokratie mahlen langsam in Deutschland; nach acht Wochen lag der Redaktion das Antwortschreiben der BNetzA vor. Zusätzlich dazu fragte auch das Berliner Büro des Bundestagsabgeordneten und Sprechers für Energie der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Hans-Josef Fell im Rahmen einer Fragestunde des Bundestages am 27.6.2012 die Bundesregierung.
Zu den einzelnen Themenkomplexen wurden folgende Aussagen getroffen:

1. Manipulation von Datenmeldungen
Die BNetzA bestätigte, dass mittlerweile nahezu alle Meldungen in elektronischer Form über das hauseigene Meldeportal eingehen. Schriftliche Meldungen gebe es nur in begründeten Ausnahmefällen. Zur Manipulationsmöglichkeit erklärt die Agentur:
"Die Bundesnetzagentur geht davon aus, dass über das PV-Meldeportal nur eine Meldung von tatsächlichen Anlagenbetreibern erfolgt, die eine Anlage in Betrieb genommen haben oder sicher in Betrieb nehmen werden. Leider kann eine Falschmeldung nicht vollständig verhindert werden. Die Bundesnetzagentur führt den Prozess der PV-Datenerhebung mit den ihr zur Verfügung stehenden gesetzlichen Möglichkeiten durch. Letztendlich geht die Bundesnetzagentur aber davon aus, dass Falschmeldungen allenfalls in einem verschwindend geringen, unerheblichen Umfang auftreten, denn es ist dafür kein ökonomisches Interesse erkennbar. Der Versuch, einen erhöhten PV-Zubau zu fingieren, um dadurch eine erhöhte Degression zu provozieren, schafft keine zusätzlichen Einnahmen für Dritte."
Damit räumt die BNetzA deutlich die Möglichkeit der Manipulation ein. Die Annahme der Agentur, dass Falschmeldungen nur zu einem "verschwindend geringen, unerheblichen Umfang" eingehen, entbehrt jedoch jeglicher Grundlage. Nur die Fragestellung nach den Einnahmemöglichkeiten Dritter und den Glauben, dass "dafür kein ökonomisches Interesse erkennbar" ist, schließt eine Manipulation der Daten nicht aus.
Die Manipulation der Daten muss nicht immer nur auf Grund monetärer Aspekte erfolgen. So gibt es durchaus genügend Parteien, Verbände und Lobbyisten, denen man durchaus ein vitales Interesse an veränderten Zahlen unterstellen mag. Letztendlich sind diese Daten doch Grundlage für einen gesetzgebenden Prozess. Verlässt sich die Bundesregierung somit auf Zahlenmaterial, das nur so ungefähr der Wahrheit entspricht? Sicherlich keine gute Grundlage.

2. Veröffentlichung der Detaildaten
Nach Angaben beider Antwortschreiben ist die Bundesnetzagentur nur dazu verpflichtet, die Degressions- und Vergütungssätze auf Basis der gemeldeten Anlagen binnen Monatsfrist im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Per Gesetz ist die Veröffentlichung der absoluten Zahlen sowie der Detaildaten eine freiwillige Leistung der Agentur. Wörtlich heißt es dazu:
"Eine Verpflichtung, über die Veröffentlichungen im Bundesanzeiger bzw. die im EEG genannten Fristen hinausgehend Daten zu veröffentlichen, besteht nach derzeitiger Rechtslage nicht. Sowohl die Veröffentlichung vorläufiger, aggregierter Werte wie die Veröffentlichung detaillierten Daten erfolgt freiwillig aufgrund des großen Informationsinteresses."
Die BNetzA betont damit, dass es weder einen gesetzlichen Anspruch auf summierte Zahlen noch auf detailliertes Datenmaterial gibt, erkennt jedoch das hohe öffentliche Interesse an. Dieses öffentliche Interesse ist sicherlich vorhanden, wie auch die Zugriffszahlen diverser Websites zeigen, wenn neue Zahlen veröffentlicht werden. Die Gründe für das Interesse an den Detaildaten sind vielfältig. Vor allem die Auswertung regionaler Installationen wie auch die Verteilung der Anlagenklassen sind für Unternehmer, Politik und Interessenverbände Grundlage für viele Entscheidungen.
Hier sollte es dringend eine gesetzliche Verpflichtung geben, die entsprechenden Daten auch zeitnah zu veröffentlichen, da dies sonst zu einem Wissensmonopol der Politik gegenüber anderen Beteiligten führen kann und dadurch der Wirtschaftsstandort Deutschland nicht gerade gestärkt wird, wie immer gerne betont wird.

3. Datenunterschiede BNetzA – ÜNB
Zu den unterschiedlichen Werten zwischen der BNetzA und den ÜNB wird in beiden Antwortschreiben wie folgt Stellung genommen:
"Tatsächlich geht die Bundesnetzagentur davon aus, dass die Übertragungsnetzbetreiber noch nicht über das vollständige Datenmaterial für 2011 verfügen. Es ist der Bundesnetzagentur bekannt, dass die Erfassung der PV-Daten durch die Verteilnetzbetreiber und Weitergabe der Informationen an die Übertragungsnetzbetreiber insbesondere in Zeiten eines starken Zubaus teils sehr zeitverzögert erfolgt. Dies hat bereits in der Vergangenheit dazu geführt, dass Datenmeldungen der Übertragungsnetzbetreiber an die Bundesnetzagentur zur installierten Leistung verschiedener EEG-Energieträger für ein bereits gemeldetes Jahr nachträglich noch bereinigt wurden. So wurde beispielsweise der Wert für das Jahr 2009 nach der Erstmeldung in 2010 im Jahr 2011 durch die Übertragungsnetzbetreiber erheblich nach oben korrigiert (von 3,8 GW auf 4,4 GW).
[…] dass für die Bundesnetzagentur das Eingangsdatum der PV-Datenmeldungen maßgeblich ist, da § 20a EEG auf in einem bestimmten Zeitraum eingegangene Meldungen für die Ermittlung des Degressionssatzes abstellt. Die Meldungen werden deshalb nach dem jeweiligen Eingangsdatum gegliedert. Für die Netzbetreiber hingegen ist der Zeitpunkt der Inbetriebnahme relevant, da dieser maßgeblich für die Bestimmung des für die einzelne Anlage geltenden Vergütungssatzes ist. Insoweit unterscheidet sich die Datenlage der Bundesnetzagentur von der der Netzbetreiber."
Tatsächlich unterschieden sich die Werte beider Beteiligten teilweise erheblich. In diesem Falle ist davon auszugehen, dass die Zeitverzögerung durch das eher träge Verhalten der Verteilnetzbetreiber zustande kommt und diese nicht zeitnah ihre Daten an die ÜNB liefern. Auch hier sollte eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden, die diese Art von Verzögerungen abstellen kann. Dies wäre durch ein einheitliches und übergreifendes Meldeportal technisch recht einfach zu lösen.
Die Begründung der Agentur besagt jedoch auch, dass, bedingt durch diesen Zeitversatz, die Leistungswerte der ÜNB immer hinter den BNetzA-Zahlen hinterher laufen. Damit sollten die BNetzA-Daten immer größer sein als die der ÜNB, bis die entsprechenden Lücken gefüllt sind. Analysiert man die Daten jedoch genauer, so stellt man fest, das die summierten Leistungswerte der ÜNB teilweise extrem höher sind (> 900 MW) [http://psrd.de/@954355].

Fazit:
Die Antworten beider Institutionen sind eher unter Vorbehalt zu betrachten, zumal Aussagen wie "wir gehen davon aus" und ähnliche Formulierungen keinerlei belastbare Basis darstellen. Gerade im Kontext eines Gesetzgebungsprozesses sind verlässliche und belastbare Aussagen jedoch von erheblicher Bedeutung. Würde man das Thema Datenqualität beispielsweise im Zusammenhang mit dem Gesundheitssystem diskutieren, wäre das ein handfester Skandal.
Auch die Blauäugigkeit, mit der nicht an Manipulationen geglaubt wird, kann schon grob fahrlässig sein. Allein Hacker und Skript-Kiddies folgen bei Manipulationen keinen ökonomischen Regeln, zumal es durchaus mit der Gruppe der Energieversorger (EVU) entsprechende ökonomische Nutznießer geben kann.
Die EEG-Umlage wird durch die EVU von den Kunden kassiert und an Anlagenbetreiber in Höhe des produzierten Stroms wieder ausbezahlt. Werden Zubauzahlen in gewissem Umfang manipulativ erhöht, so bleibt schlichtweg mehr in der Kasse.
Die Diskussion ist in diesem Sinne wohl noch nicht am Ende. Anmerkungen und Kommentare sind willkommen: BLK@proteus-solutions.de

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