Studie: Die nächsten fünf Jahre sind entscheidend für die europäische Energiewirtschaft; Investitionen in erneuerbare Energien bleiben attraktiv

Der europäische Energiemarkt ist seit Jahren großen Herausforderungen ausgesetzt, die von einem kontinuierlichen Wandel zeugen.

Welchen Einfluss diese Entwicklungen auf die großen europäischen Energieunternehmen haben und ob diese für die kommenden Jahre gerüstet sind, untersuchte die A.T. Kearney GmbH (Wien, Österreich) jetzt in einer Studie. Sie befasst sich mit der Entwicklung und dem Status Quo der europäischen Energiewirtschaft, ihren größten Herausforderungen und möglichen Zukunftsszenarien.
Die Unternehmensberatung hat fast 50 Energieunternehmen aus ganz Europa mit unterschiedlichen Geschäftsmodellen entlang der Wertschöpfungskette in mehreren geographischen Märkten untersucht. So konnte sie spezifische Aussagen hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen finanzieller Leistung und dem jeweiligen Geschäftsmodell beziehungsweise des regionalen Marktes ableiten.

Investitionsanreize für Energieerzeugung und Netzinfrastruktur fehlen
"Die Situation der europäischen Energieunternehmen insgesamt ist alles andere als einfach. Entscheidende Performance-Indikatoren haben sich seit der Krise deutlich verschlechtert", erklärt Wolfgang Haag, Partner bei A.T. Kearney und Leiter der Studie.
So sank zum Beispiel der EURO STOXX TMI Utilities zwischen 2007 und Ende 2011 um 60 Prozent. Gleichzeitig seien die Anreize für wichtige Investitionen in die Energieerzeugung und die Netz-Infrastruktur zurückgegangen. Das Gesamtergebnis der europäischen Energieversorgungsindustrie hat sich laut Haag von 2007 bis 2011 um mehr als 30 Prozent verringert. "Die Ursachen hierfür liegen oftmals bei Verlusten in der Erzeugung. Hier sanken die Gewinne in den letzten Jahren je nach Region sogar um bis zu 80 Prozent."

Investitionen in erneuerbare Energien bleiben attraktiv
Bei genauerer Analyse zeigt sich ein differenzierteres Bild mit Gewinnern und Verlierern: Speziell integrierte Versorger und Erzeugungsunternehmen aus west- und nordeuropäischen Ländern stehen durch Markteinflüsse und gesetzliche Eingriffe vor einer ungewissen Zukunft.
Investitionen in erneuerbare Energien hingegen bleiben attraktiv, sind aber weiterhin maßgeblich von Subventionen abhängig und damit politischen Risiken ausgesetzt. Auch in den Netzausbau wird weiter investiert – unter der Voraussetzung geeigneter Anreize durch den jeweiligen Regulator.

Europäische Versorgungswirtschaft am Scheideweg
Laut A.T. Kearney befindet sich die europäische Versorgungswirtschaft am Scheideweg: Die nächsten fünf Jahre seien für die europäischen Energieunternehmen Richtung weisend. Auf Basis derzeit beobachteter und diskutierter politischer und regulatorischer Entwicklungen sieht die Unternehmensberatung für die nächsten fünf Jahre zwei mögliche Szenarien:
Das erste lautet "Zurück zur Regulierung": Um die angespannte Situation zu lösen, entscheiden sich die EU und die nationalen Gesetzgeber für noch stärkere regulatorische Maßnahmen. In der Folge sinken jedoch die Investitionsanreize weiter und führen zu einem zunehmend veralteten und ineffizienten Anlagenportfolio, speziell in der Erzeugung. Die resultierende Knappheit erhöht die Energiepreise und gefährdet die Industrien der wichtigsten Volkswirtschaften. Die Umsätze werden auch durch höhere Energiepreise nicht steigen, da mit sinkender Nachfrage zu rechnen ist. Die Ergebnisse der Branche werden in der Folge weiter sinken.
Szenario 2 beruht auf der Förderung des Wettbewerbs: In diesem Falle entscheiden sich die EU und die nationalen Gesetzgeber für den Weg in die entgegengesetzte Richtung: Sie fördern den Umbau der Energiewirtschaft durch die Stärkung wettbewerblicher Marktstrukturen. Dadurch entstehen wieder verstärkte Anreize für Investitionen, die zu einem neueren, effizienteren Anlagen-Portfolio in Europa führen. Die Energiepreise bleiben langfristig stabil und unterstützen die Stabilität der von der Krise immer noch angeschlagenen europäischen Industrieunternehmen. Insgesamt führt dies zu einem Umsatz- und Gewinnwachstum der Branche.

Regulatorische Maßnahmen führen in eine verhängnisvolle Richtung
"Wir beobachten derzeit, dass Gesetzgeber und Regulatoren in den wichtigsten EU-Staaten die Einführung weiterer regulatorischer Vorgaben als Allheilmittel zur Auflösung des Investitionsstaus sehen – das würde in eine verhängnisvolle Richtung führen", sagt Valeska Kleiderman, Mitautorin der Studie. "Die europäischen Energiemärkte müssen den Systemwechsel hin zu einem wettbewerblichen Markt schaffen, um nachhaltig auf künftige Anforderungen vorbereitet zu sein und nicht die Volkswirtschaften mit hohen Energiepreisen zu belasten."
Aus volkwirtschaftlicher Sicht ergibt sich aus den Studienergebnissen damit ein eindeutiges Ergebnis: Der Teufelskreis aus sinkenden Investitionsanreizen und in der Folge zunehmender regulatorischer Dichte muss zugunsten Wettbewerb stärkender Maßnahmen durchbrochen werden, um den Industriestandort Europa langfristig zu sichern.

07.04.2013 | Quelle: A.T. Kearney GmbH | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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