Professoren sehen Akzeptanz der Energiewende durch übertriebenen Netzausbau in Gefahr

Der Ausbau der deutschen Stromnetze war am 15.04.2013 Gegenstand einer öffentlichen Anhörung des Bundestags-Ausschusses für Wirtschaft und Technologie. Die Übertragungsnetzbetreiber begrüßten den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines zweiten Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus.

Kritik übte dagegen der Wirtschaftswissenschaftler Lorenz Jarass: Gesetzentwurf und Netzausbauplanung seien überdimensioniert und berücksichtigten nicht die Kosten des Leitungsausbaus. Dieser müsse von den Verbrauchern bezahlt werden, behindere dadurch die weitere Reduzierung von CO2 und bedrohe die gesellschaftliche Akzeptanz der Energiewende.
„Die offiziellen Netzausbauplanungen und der einschlägige Gesetzentwurf der Bundesregierung sind einseitig von den Interessen der Stromerzeuger geprägt und beruhen zudem auf volkswirtschaftlich fehlerhaften Ansätzen. Der angeblich erforderliche Netzausbau ist deshalb weit überdimensioniert. Die resultierenden unnötigen Kosten von vielen Milliarden Euro muss der Stromverbraucher tragen“, heißt es in der Stellungnahme von Prof. Dr. Jarass (Hochschule RheinMain, Wiesbaden) und dem ehemaligen Rektor der Uni Regensburg, Gustav Obermair.

Professoren halten enormen Netzausbau für wirtschaftlich nicht zumutbar
Sie kritisieren, dass das Abschneiden von regenerativen Erzeugungsspitzen nicht eingeplant sei: Auch sehr seltene und kurze simultane Spitzen aus erneuerbaren Energien sollen laut dem Gesetz gesichert eingespeist werden können.
Für die hierfür erforderliche Erhöhung der Übertragungsleistung müssten Hunderte Millionen Euro investiert werden, um einen jährlichen Mehrertrag von nur einigen Hunderttausend Euro zu erzielen. Der resultierende Netzausbau steht nach Ansicht der Professoren nicht nur im Widerspruch zum gesetzlichen Gebot der wirtschaftlichen Zumutbarkeit des Netzausbaus, sondern auch zu Vorgaben der Bundesnetzagentur.
Außerdem müssten die Netze wegen der unnötigen Einspeisung von fossil erzeugtem Strom parallel zur Starkwindeinspeisung ausgebaut werden. Dies stehe im Widerspruch zu den gesetzlich festgelegten energiepolitischen Zielen der Bundesregierung.

Technische Alternativen unzureichend berücksichtigt
Die Sachverständigen bemängeln an dem Gesetzentwurf außerdem, dass er technische Alternativen unzureichend berücksichtige, insbesondere Maßnahmen zur Erhöhung der stationären Grenzleistung, zur Verbesserung der Netzstabilität und zur Blindstromerzeugung.
Der geplante weit überdimensionierte Netzausbau bedrohe, so Jarass und Obermaier, „die gesellschaftliche Akzeptanz des weiteren Ausbaus der erneuerbaren Energien und damit die Energiewende insgesamt“. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sei deshalb abzulehnen.

20.04.2013 | Quelle: Agentur Zukunft; Foto: www.westpool.net | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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