Solar-Interview mit Marc Ortmanns, WINAICO Head of European Sales & Marketing, zur Photovoltaik-Produktion in Asien

Marc Ortmanns, Head of Sales & Marketing Europe bei Winaico, spricht im Solarserver-Interview über die Unterschiede bei der Photovoltaik-Produktion in China und Taiwan sowie die Forschung und Entwicklung in seinem Unternehmen. Weitere Themen sind die PERC-Technologie, die Rückseitenpassivierung von Solarzellen und die Bedeutung von Speichersystemen für Solarstromanlagen. Herr Ortmanns, WINAICO produziert seine Photovoltaik-Module in Taiwan. […]

Marc Ortmanns, Head of Sales & Marketing Europe bei Winaico, spricht im Solarserver-Interview über die Unterschiede bei der Photovoltaik-Produktion in China und Taiwan sowie die Forschung und Entwicklung in seinem Unternehmen.
Weitere Themen sind die PERC-Technologie, die Rückseitenpassivierung von Solarzellen und die Bedeutung von Speichersystemen für Solarstromanlagen.

Herr Ortmanns, WINAICO produziert seine Photovoltaik-Module in Taiwan. Also sind Sie von den Schutzzöllen der EU nicht betroffen. Verschafft Ihnen das einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den chinesischen Wettbewerbern?
Marc Ortmanns: Mit Produkten von WINAICO sind Solarteure, Investoren und Banken seit jeher auf der sicheren Seite. Die Schutzzölle der EU gelten für unsere Produkte nicht, aber unser Argumentationsansatz stützt sich auch nicht auf das Thema Strafzölle. Vielmehr geht es uns darum, mit unseren Kunden gemeinsam im kleinen und mittleren Anlagensegment zu wachsen. Hier sehen wir eine steigende Sensitivität beim Thema Qualität.

Unsere Kunden brauchen für ihre oftmals mehrere Wochen andauernden Angebotsphasen Preis- und Verfügbarkeitssicherheit. Beides bieten wir – und dies seit nunmehr über 5 Jahren. Von daher gibt es sicher Marktteilnehmer, die uns jetzt mehr als früher zu schätzen wissen.

Gibt es weitere Unterschiede zur Herstellung in China?

Marc Ortmanns: Eine Frage, die uns häufig von Kunden gestellt wird. Taiwan und weitere asiatische Länder werden häufig in eine Schublade mit China gesteckt. Zwischen Taiwan und China gibt es aber gravierende Unterschiede: Während China den Fokus auf die Massenproduktion von Konsumgütern und Me-too-Produkten gelegt hat, konzentriert Taiwan sich seit jeher auf die Produktion von elektronischen Bauteilen und die Verbesserung von Produktionsprozessen. Kaum ein europäischer Verbraucher weiß, dass 90 Prozent aller Smartphones, Notebooks und Motherboards sowie 60 Prozent aller Halbleiter von taiwanesischen Unternehmen wie etwa HTC hergestellt werden. Wir agieren nach dem Motto: Kleinere Marktanteile, aber feinere Qualität.
Dazu kommt noch die Technologiespreizung: In Zellen aus Taiwan steigen die Wirkungsgrade massiv. Keiner kann in China die Wirkungsgrade produzieren, die in Taiwan produziert werden – das ist schon lange so, aber es wird zunehmen, weil man immer noch mehr Technologie, Maschinen und Prozessingenieure braucht, um in diesem Rennen mitzuhalten.

Taiwans umfangreiche Hightech-Erfahrung aus der Halbleiterbranche fließt auch in die Photovoltaik ein. Können Sie vor diesem Hintergrund etwas zum Automatisierungsgrad sowie zum Qualitätsmanagement und den Qualitätskontrollen Ihrer Produktion sagen?
Marc Ortmanns: Die Erfahrungen aus der Halbleiterbranche werden in der Photovoltaik‐Produktion genutzt; denn im Vergleich zu den höchst komplexen elektronischen Halbleiter-Bauteilen, ist der Bau eines Photovoltaikmoduls für die Profis simpel. In der derzeitigen Phase der Marktkonsolidierung, wird Taiwan mit seinem Know‐how aus der Halbleiterindustrie und qualitativen Produktionstechniken als Produktionsstandort weiter an Bedeutung gewinnen. Schon heute vertrauen viele weltweite Hersteller auf die Qualität und beziehen ihre Zellen in Taiwan. Diese Entwicklung wird sich nach der Verabschiedung von Strafzöllen weiter verstärken.
Natürlich nutzt WINAICO im Qualitätsmanagement die hohe Prozessbeherrschung der Halbleiterfertigung. So prüfen wir, zum Beispiel zur Vermeidung von Hot‐Spots oder Mikrorissen, jedes Modul anhand einer Elektrolumineszenz‐Prüfung. Darüber hinaus verfügt WINAICO über ein eigenes, hausinternes Testlabor welches kontinuierlich nach oder sogar über den TÜV‐Standard hinaus prüft. Vordergründig geht es hierbei um die Qualitätssicherung der verwendeten Komponenten und um das Bestreben fortwährend Produkt‐ oder Produktionsfortschritte zu erzielen. Nebenbei erreicht WINAICO dank dieses qualitätsfokussierten Produktionsansatzes eine 99,85-prozentige Verwertbarkeit der produzierten Module; ein Spitzenwert und wichtiger Faktor zur Sicherung der Produktionskosten.

Wie viel investiert WINAICO in Forschung & Entwicklung?  Und welche Erfolge konnten Sie dabei erzielen?
Marc Ortmanns: WINAICO profitiert von einem enormen Netzwerk von Fachkräften in Taiwan und fokussiert sich auf die Technologieführerschaft. Wir liegen heute bei polykristallinen Modulen mit p-type Wafern bei 260 Watt. 265 Watt sind absehbar – die meisten asiatischen Hersteller liegen bei 250 Watt.

Anfang des Jahres haben wir unsere WSP-M6 QUANTUM Serie präsentiert. Die Zellen dieses Moduls sind eine Kombination aus Rückseitenpassivierung und selektiver Emitter‐Technologie (PERC). Diese Technologie ermöglicht einen der höchsten Wirkungsgrade bei monokristallinen Modulen in Serienproduktion.

Die PERC-Technologie gilt als Innovationsschub zur Steigerung des Wirkungsgrads. Was bedeutet das konkret?

Marc Ortmanns: Ganz konkret: PERC steht für Passivated Emitter and Rear Cell und beschreibt eine Technologie zur Rückseitenpassivierung von kristallinen Zellen. Dabei werden sowohl der Emitter auf der Zellvorderseite als auch die Basis auf der Rückseite größtenteils durch elektrische Schichten passiviert.
Die elektrischen Passivierschichten auf der Rückseite führen zu einer deutlichen Steigerung der Passivierqualität und internen Reflexion. Die effektive Absorptionslänge von Licht wird deutlich verbessert und  der Wirkungsgrad von monokristallinen Zellen um bis zu 1 % erhöht. Oder einfacher: Für den Kunden bedeutet das verbesserte Schwachlichtverhalten und die Mehrleistung bei erhöhter Umgebungstemperatur einen gesteigerten spezifischen Jahresertrag.

Welche Perspektiven sehen Sie für die Entwicklung der globalen PV-Märkte?

Marc Ortmanns: Klar ist, dass sich der Solarmarkt verändern wird; nicht nur wegen globaler wirtschaftlicher Verschiebungen, sondern auch durch neue Anwendungen. Die Photovoltaik bleibt eine der wichtigsten Technologien in der „grünen Stromerzeugung“.
Speichersysteme werden künftig eine wesentliche Rolle beim Bau von Solarstromanlagen spielen. Hier erschließen sich neue Möglichkeiten, denn aufgrund steigender Strompreise wird der Eigenverbrauch für den Endkunden langsam aber sicher interessant. Wir sind dafür gewappnet und haben eine exzellente Speicherlösung im Sortiment.
Für uns verändert sich wenig. Wir sind gut damit gefahren den Weg der kleinen Schritte zu gehen. Es entspricht der taiwanesischen Philosophie, sich nicht von kurzfristigen Förderprogrammen verleiten zu lassen, große Budgets einzusetzen und auf einen langfristigen Reinvest zu hoffen. Gemäß unserer Unternehmensstrategie achten wir darauf, die Bedürfnisse des Marktes unabhängig von Förderungen erfüllen zu können. Folglich wollen wir die positive Entwicklung unserer Niederlassungen in den USA, Australien und Japan weiterführen und uns in Europa weiter in den Markt arbeiten.
Langfristig wird sich Qualität durchsetzen. Davon sind wir überzeugt.

Herzlichen Dank für diese Informationen, Herr Ortmanns!

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