Energieexperte Prof. Maslaton kritisiert Sachsens FDP-Wirtschaftsminister Morlok: Quotenmodell ist und bleibt ein Irrweg für die Energiewende

„Sachsens liberaler Wirtschaftsminister Sven Morlok lässt keine Gelegenheit aus, die Einführung eines Quotenmodells zu fordern, so auch jüngst bei der Regionalen Energiekonferenz Ostdeutschland. Es soll das derzeit im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geregelte Vergütungssystem für Strom aus erneuerbaren Energien (EE) ersetzen“, so Prof. Martin Maslaton von der Forschungsstelle Erneuerbare Energien und Recht (NEuR) in einer Pressemitteilung.

Maslaton kritisiert dieses Ansinnen scharf. Ein Quotenmodell, so Maslaton, sei völlig ungeeignet, die Energiewende zu forcieren. Im Gegenteil, es sei erwiesenermaßen ein Bremsklotz für die Erneuerbaren, systemuntauglich, verfassungsrechtlich bedenklich und es wirke kostensteigernd. Ein „Netz-Soli“ sei mit der Systematik der Stromnetzentgeltverordnung nicht vereinbar.

Beispiel Großbritannien kein Beleg für Kosteneindämmung
Das Quotenmodell führe laut Minister Morlok zu geringeren Kosten für die Allgemeinheit und bewirke, dass die jeweils günstigste erneuerbare Energie sich durchsetze. In der Folge entspreche ein Quotenmodell am ehesten marktwirtschaftlichen Bedingungen.
„Dieses Mantra wird durch stete Wiederholung auch nicht wahrer“, entgegnet Maslaton, Honorarprofessor für das Recht der erneuerbaren Energien an der TU Chemnitz und Bergakademie Freiberg. „Das Beispiel Großbritannien zeigt, dass von einer Kosteneindämmung durch das Quotenmodell überhaupt keine Rede sein kann. Mittlerweile hat sich das Vereinigte Königreich von der Quote schon längst wieder verabschiedet.“

Quotenmodell basiert auf Zertifikathandel
Beim derzeit geltenden EEG wird dem Anlagenbetreiber für die eingespeiste Strommenge über einen bestimmten Zeitraum eine feste Vergütung gezahlt. Dem gegenüber wird bei einem Quotenmodell entweder der Letztverbraucher oder der Energieversorger dazu verpflichtet, eine bestimmte Menge an Strom aus erneuerbaren Energien zu verbrauchen. Hierbei wird die Quote nicht ausschließlich durch eine physikalische, das heißt zeitgleiche, Lieferung des Stromes erfüllt, sondern auch durch einen Zertifikathandel.
Die Anlagenbetreiber erzielen ihre Einnahmen über den Stromverkauf, der sich am Börsenpreis orientiert, und durch den Verkauf von Zertifikaten. Die Zertifikate werden durch Behörden ausgestellt. Der Letztverbraucher oder der Energieversorger muss den Verbrauch gegenüber der Behörde nachweisen. Hierbei variiert sowohl der Strompreis als auch der zu zahlende Preis für die Zertifikate.
In der Praxis habe sich insbesondere am Beispiel Großbritannien gezeigt, dass die volkswirtschaftlichen Kosten für die erneuerbaren Energien höher lagen als beim Einspeisetarif, erklärt Maslaton.

Zubauraten in Großbritannien blieben hinter den Erwartungen zurück
„Die Gründe hierfür liegen insbesondere an den aufzubringenden Kapitalkosten. Diese steigen, desto weniger Sicherheit dafür besteht, dass das investierte Kapital zurückfließt, und auch die Investoren sind gerade bei jungen Technologien zurückhaltend“, so Maslaton.
„Eine Realisierung von neuen Projekten über die Quote hinaus wurde wirtschaftlich uninteressant und der Zertifikathandel führte gerade bei kleinen Anlagen zu hohem Verwaltungsaufwand. In der Folge blieben die Zubauraten von Erneuerbare-Energien-Anlagen in Großbritannien hinter den Erwartungen zurück. Oft wurde sogar lieber die bei Nichterfüllung der Quote fällige Strafe gezahlt.“

Quotenmodell bevorzugt nahezu marktfähige Techniken
Quotenmodelle leiden laut Maslaton an eklatanten Schwachstellen. So sei bei einer einheitlichen Zielquote schon per se damit zu rechnen, dass nur die schon heute nahezu marktfähigen Techniken wie etwa die Windenergie zum Einsatz kommen und andere nicht mehr gefördert werden.
„Damit werden aber die Innovationspotenziale bei den erneuerbaren Energien nur unzureichend erschlossen. Die dynamische Effizienz der Förderung ist somit äußerst gering“, kritisiert der Professor.
Außerdem richte sich in einem Quotenmodell der Zertifikatpreis tendenziell nach den Kosten der letzten EE-Strom-Einheit. Den Betreibern bereits abgeschriebener oder an günstigen Standorten arbeitender Anlagen würden damit unter Umständen erhebliche „Windfall Profits“ zufallen.

Investitionsrisiko könnte beträchtlich zunehmen
Schließlich sei zu erwarten, dass die Kapitalgeber im Rahmen eines Quotenmodells höhere Risikoaufschläge auf die Verzinsung des eingesetzten Kapitals verlangen würden als beim EEG, da die garantierte Mindestvergütung entfiele und damit das Investitionsrisiko beträchtlich zunähme – vor allem wegen des Vermarktungsrisikos und des Risikos schwankender Zertifikatspreise.

„Alles in allem lassen sich durch das Quotenmodell gerade im Bereich der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien weder die ambitionierten Ausbauziele der Bundesregierung noch eine spürbare Entlastung der Verbraucher erreichen“, so Maslaton.

„Netz-Soli“ rechtlich unmöglich
Der von Morlok geforderte „Netz-Soli“ schließlich, eine Abgabe der Betreiber von fluktuierenden Erneuerbare-Energien-Anlagen für den Netzausbau, sei rechtlich gar nicht möglich. „Die Stromnetzentgeltverordnung hat ein System etabliert, in dem ausschließlich der Bezug von Strom Netzentgelte auslöst und eben nicht die Produktion, um damit auch zum Stromsparen anzuregen”, stellt der NEuR-Vorsitzende klar. „Hier sieht man zum wiederholten Mal, wie Sachsens Wirtschaftsminister im Nebel stochert.“
„Das EEG bedarf einer Reform, keine Frage“, resümiert Maslaton. „Doch bei jeder Reform muss der Vertrauensschutz der Unternehmer beachtet werden, um nicht die Investitionen in Deutschland zu gefährden. Ein Quotenmodell jedenfalls ist der völlig falsche Weg. Es bringt die Energiewende und damit den Klimaschutz nicht weiter, wäre unter dem Strich volkswirtschaftlich teurer und nützt letztendlich durch den langsameren Ausbau der Erneuerbaren nur den fossilen Energieträgern wie der Braunkohle.“

07.10.2013 | Quelle: Prof. Dr. Martin Maslaton | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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