Auslaufende Konzessionen für Strom- und Gasnetz bieten Chance zur Rekommunalisierung

In den nächsten Jahren laufen in Rheinland-Pfalz etwa 30 Prozent der Konzessionsverträge für Strom und Gas aus. Auf einem Fachtag in Mainz am 13.11.2013 hat das Landesnetzwerk BürgerEnergie-Genossenschaften Rheinland-Pfalz (LaNEG e.V.) Entscheidern aus Kommunen, Stadtwerken und Energiegenossenschaften einen Überblick über Chancen und Risiken einer Netzübernahme vermittelt.

LaNEG e.V. veranstaltete den Fachtag in Kooperation mit der Energieagentur Rheinland-Pfalz und dem Netzwerk „Energiewende jetzt“.

Wirtschaftsministerin ermutigt zum Netzkauf
Gefördert wurde die Veranstaltung vom rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium. „Wir ermuntern Kommunen und Bürger die Chance zu nutzen und die Netze zurück in Bürgerhände zu holen“, sagte die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Eveline Lemke im Grußwort.

„Verantwortung für Daseinsfürsorge übernehmen“
Zunehmend interessieren sich Kommunen und Energiegenossenschaften dafür, die regionalen Netze wieder selbst zu betreiben, berichtet LaNEG.
„Bürgerinnen und Bürger übernehmen dabei Verantwortung für einen Teil ihrer Daseinsvorsorge und wollen sich unabhängiger von den großen Konzernen machen. Gleichzeitig fließen damit die Gewinne aus dem Netzbetrieb zurück in die Region“, sagte Dr. Verena Ruppert, Geschäftsführerin des LaNEG, in dem aktuell 76 Prozent der Energiegenossenschaften aus Rheinland-Pfalz organisiert sind.
Das Ziel der Energiewende in Rheinland-Pfalz sei die Dezentralisierung der Energieerzeugung, verbunden mit dem Ausbau Erneuerbarer Energien. „Wir brauchen ein anderes Marktdesign, weg von Oligopolen, hin zu einem funktionierenden Energiemarkt mit vielen Playern und smarten Technologien,“ plädiert Wirtschafsministerin Lemke.

Große Stromkonzerne verhindern Rückkauf
Häufig würden kommunale Netzübernahmen scheitern, weil große Stromkonzerne mit gebotenen Vorteilen und Druckmitteln den Rückkauf der Stromnetze behindern würden. Dies hat das Wuppertal Institut dieses Jahr in einer Studie ermittelt. Die Strategien reichten von überhöhten Netzpreisen, der „politischen Landschaftspflege“, der verzögerten Herausgabe netzrelevanter Daten bis hin zu gerichtlichen Auseinandersetzungen.
„An erster Stelle der Verhinderungsstrategien stehen immer überhöhte Netzpreise“, erklärte Dr.-Ing. Kurt Berlo vom Wuppertal Institut in seinem Vortrag. Die bisherigen Inhaber der Konzession für den Netzbetrieb verlangten meist den Sachzeitwert, der häufig deutlich über dem Ertragswert der Netze liegt, also über dem, was es während der 20 Jahre des Konzessionsvertrages einbringt. Der Netzpreis solle sich am Ertragswert bemessen.

200 Netze seit 2007 rekommunalisiert
In zahlreichen Orten sei die kommunale Netzübernahme gelungen, berichtet LaNEG. Bundesweit wurden 83 neue Energieversorgungsunternehmen seit 2007 gegründet und mehr als 200 Konzessionen von kommunalen Unternehmen übernommen.

Übernahme in Gensingen gelungen
In der Verbandsgemeinde Sprendlingen-Gensingen in Rheinland-Pfalz beteiligt sich die Bürgergenossenschaft Rheinhessen eG mit 23,9 Prozent an der neuen Rheinhessen-Energie GmbH (RHE). Mehrheitsgesellschafter sind mit 51 Prozent die Verbandsgemeindewerke Sprendlingen-Gensingen AÖR. Weitere Gesellschafter sind die Stadtwerke Mainz AG (SWM) und Netzkauf EWS eG aus Schönau.
Die RHE wird ab 1. Januar 2014 Strom selbst verkaufen und plant, ab Mitte nächsten Jahres auch Gas zu vertreiben. „Wir haben im Gesellschaftervertrag 100 Prozent grünen Strom vereinbart: keinen Atomstrom, keinen Strom aus Kohle“, sagt Armin Brendel, Vorstand der Bürgergenossenschaft Rheinhessen eG und Bürgermeister von Gensingen. Schon 2014 rechnet Brendel mit schwarzen Zahlen.
„Wir müssen als Kommunalpolitiker vorangehen und die Bürger beteiligen. Wenn wir die Netze selbst betreiben, Strom und Gas selbst verkaufen und die Energie auch selbst produzieren, bleibt die Wertschöpfung vor Ort,“ sagt Brendel. Die Bürger seien über die Genossenschaft unmittelbar beteiligt.

18.11.2013 | Quelle: LaNEG e.V. | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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