Auch Solar-Trinkwasser wieder fördern! – Interview mit Andreas Lücke (BDH)

Solarthemen 426. Andreas Lücke, Hauptgeschäftsführer des Bundes­indu­strieverbandes Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik (BDH), favorisiert die solare Sanierung alter Heizungen. Nun ist aber 2013 der Markt der Kombi-Solaranlagen, die auch die Raumheizung unterstützen, nach den jüngsten BDH/BSW-Statistiken im Altbaubereich um über 30 Prozent eingebrochen. Anlass genug für ein Interview.

Solarthemen: Dass der Solarwärmemarkt seit 2008 schrumpft, daran hat man sich schon gewöhnt. Aber warum ist er im Jahr 2013 ausschließlich da, wo für Ihre Branche und die Umwelt die größten Potenziale zu holen sind, bei Kombisolaranlagen im Altbau, um mehr als 30 Prozent eingebrochen?

Andreas Lücke: Die Leute nehmen weniger Geld in die Hand. Wir stellen einen generellen Trend fest hin zu monovalenten Heizungsmodernisierungen. Während einerseits weniger Solaranlagen verkauft wurden, sind andererseits 9 bis 10 Prozent mehr Gasbrennwertkessel verkauft worden. Es gibt also eine geringere Bereitschaft, bivalente Anlagen mit Solarthermie zu installieren.

Solarthemen: Wenn ausgerechnet der Bereich schrumpft, der vom Bund gefördert wird, dann fragt man sich doch: Wirkt denn die MAP-Förderung überhaupt?

Lücke: Man kann auch sagen, der Absturz hätte noch schlimmer sein können, hätte es die Förderung nicht gegeben. Ingenieurwissenschaftlich gesehen war es vielleicht ganz interessant, zu sagen, wir fördern nur das System, das den größten Solarertrag bringt. Aber das ist aus unserer Sicht überholt, oft lohnt es sich auch, in eine solare Trinkwasserbereitung im Bestand zu investieren. In vielen Fällen ist die Heizungsunterstützung auch aus technisch-kommerziellen Gründen nicht zu empfehlen. Daher ist unser Plädoyer, auch die Trinkwassererwärmung wieder ins MAP aufzunehmen. Das haben wir so der Bundesregierung vorgetragen.

Solarthemen: Die Politik soll also eher auf den Mitnahmeeffekt setzen und auf die Steuerungswirkung verzichten?

Lücke: Sehen Sie sich dazu mal die Entwicklung bei fester Biomasse an. Sie nimmt den größten Teil der MAP-Gelder mit. Und ich möch­te natürlich nicht, dass die feste Biomasse einen Fördervorteil gegenüber der Solarthermie hat. Das wäre eine Verzerrung. Daher ist unser Plädoyer: Weitermachen mit der Förderung der solaren Heizungsunterstützung, einer relativ hohen Investition, die diesen Zuschuss gut gebrauchen kann! Und zum anderen die Trinkwasseranlagen wieder aufnehmen!

Solarthemen: Bis zum Jahr 2008 ging der Trend ja klar zu den anspruchsvolleren heizungsunterstützenden Anlagen. Seitdem läuft es andersrum. Sehen sie denn als Verband hier überhaupt noch das größte Potenzial für die Branche?

Lücke: Die heizungsunterstützende Anlage ist natürlich die edelste Form der solarthermischen Anlage. Gerade in Häusern mit einem nicht allzu hohen Wärmebedarf ist die solare Heizungsunterstützung eine sinnvolle Lösung. Im Jahr 2008 hatten wir 2,1 Millionen Quadratmeter Kollektorfläche und über 50 Prozent waren Anlagen zur Heizungsunterstützung. Der Trend ist jetzt ein gänzlich anderer.

Solarthemen: Aber warum?

Lücke: Die solare Heizungsunterstützung ist eine komplexe Technologie. Die Handwerker sind hier etwas zurückhaltend. Das hat mit Kapazitäten zu tun. In dem Moment, in dem ein Betrieb einen Engpass hat, ist klar, dass lieber eine monovalente Modernisierung eingebaut wird. Dies geht schlichtweg schneller.

Solarthemen: Hat die Heizungsindustrie hier vielleicht auch selbst Fehler gemacht?

Lücke: Ich würde nicht sagen, dass die Industrie etwas falsch gemacht hat. Die Heizungsindustrie hat enorme Aufwendungen für Forschung und Entwicklung unternommen, um ein hocheffizientes System zu kreieren.

Solarthemen: Aber wenn die Systeme dann nicht gekauft werden, muss sich die Industrie doch fragen, welche Möglichkeiten sie selbst hätte, dies zu ändern.

Lücke: Um es nochmal klar zu sagen: Ich sehe das Problem nicht bei der Industrie. Die Systeme sind inzwischen auch im Prinzip steckerfertig. Wenn man ein Solar-Paket kauft, dann ist das für das Handwerk leicht einzubauen. Es gibt zudem enorme Anstrengungen zur Qualifizierung des Handwerks. Das ist es nicht. Wir sehen einen weiteren Grund für die Marktentwicklung. Wir führen aufgrund unserer BDH-Marktforschung die Schwächen bei der Solarthermie auch auf das mittlerweile miserable Image der Photovoltaik zurück. Sogar Lieschen Müller versteht inzwischen, dass zwischen Photovoltaik und EEG ein Zusammenhang besteht, der in enormen Strompreisen resultiert, die sie zu tragen hat. Die Leute verstehen den Unterschied zwischen Wärme und Strom nicht.

Solarthemen: Apropos Politik: In ersten Entwürfen des schwarz-roten Koalitionsvertrages fanden sich Ihre beiden Kernforderungen der vergangenen Jahre: Steuerliche Abschreibung für Gebäudesanierung und mehr Geld für das MAP. Von beidem ist nichts geblieben. Hoffen sie noch auf diese Legislaturperiode?

Lücke: Die Absetzbarkeit von der Steuerschuld wurde in letzter Sekunde aus dem Koalitionsvertrag gestrichen. Beim Marktanreizprogramm steht eine Verstetigung im Koalitionsvertrag. Im Moment arbeiten wir aber daran, dass es dort nicht zu Kürzungen kommt. Das Problem sind die fehlenden Erlöse beim Emissionshandel. Wir sehen im Moment nicht die Bereitschaft, mehr Geld in die Hand zu nehmen. Die Kameralisten vergessen leider, dass solche Investitionen Selbstläufer mit Multiplikatoreffekten und einer hohen Wertschöpfung in Deutschland sind.

Interview: Guido Bröer

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