PV-Module Made in Germany gibt es weiterhin

Solarthemen 426: Die Schlagzeilen der Zeitungen werden derzeit eher von der Krise der Solarindustrie bestimmt, von Insolvenzen und Geschäftsaufgaben. Fast hat es den Anschein, als drohe dem Solarstandort Deutschland die De-Industrialsierung, also der komplette Rückzug der Solarfabriken. Doch weiterhin arbeiten Modulhersteller durchaus erfolgreich gegen die Krise an.

Nach der Insolvenz der Centrosolar AG werden derzeit auch in Wismar in der dortigen Produktion Stellen abgebaut, Wie es dort weitergeht, ist noch unklar. Dies ist nur eines von vielen Beispielen für den scheinbaren Misserfolg der Solarindustrie in Deutschland. So gab Ende Mai Masdar PV bekannt, seine Solarfabrik zur Produktion von Dünnschicht-Modulen im thüringischen Arnstadt zum Jahresende schließen zu wollen. Zuvor gaben bereits Unternehmen wie Schott, Schüco, Bosch und auch Solon es auf, in Deutschland Solarmodule zu produzieren. Was folgt, ist der Abgesang auf die Solarindustrie auch in der Tagespresse. So schrieb die Frankfurter Rundschau Anfang dieses Jahres, Deutschland falle gnadenlos zurück. Die Zeit erklärte im Oktober vergangenen Jahres, Frank Asbeck bzw. die SolarWorld AG seien als einzige auf dem deutschen Markt übrig geblieben. Wenig Chancen werden der deutschen Solarindustrie offenbar auch im politischen Raum zugetraut. So erklärte Joachim Pfeiffer, der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, im Mai 2013: „Unsere Modulhersteller sind schlicht nicht wettbewerbsfähig.“ Zu lange sei hier­zulande auf Massenproduktion gesetzt worden. Heimische Massenproduktion Die Solarunternehmer sehen das aber durchaus anders. Familie Trinkerl etwa legt weiterhin großen Wert auf die Produktion von Solarmodulen in Deutschland. 2001 gründete Xaver Trinkerl die Heckert-B.X.T. Solar GmbH in Chemnitz. Dort wurde auch am 1. September 2003 das erste PV-Modul hergestellt. Zunächst lag die jährliche Produktionskapazität nach Unternehmensangaben bei 6 MW. Im Jahr 2005 stieg sie auf 20 und 2009 auf 90 MW. Im selben Jahr firmierte das Unternehmen um zur Heckert Solar AG; es blieb allerdings ein Familienunternehmen. Und dies setzte weiter auf den Ausbau der Produktion, die 2011 eine Kapazität von 170 MW erreichte. Und der Hersteller investiere auch derzeit in Produktionsanlagen, erklärte Michael Bönisch, Vertriebsleiter von Heckert, gegenüber den Solarthemen. Zwar rechne das Unternehmen für 2014 lediglich mit einer Modulproduktion von rund 105 MW. Aber es sei jetzt ein guter Zeitpunkt für ein antizyklisches Investitionsverhalten. Heckert rechne mit einem künftig weltweit wachsenden Marktvolumen, so Bönisch. Und dann stehe man schon bereit. Bönisch betont, es sei Teil der Unternehmensphilosophie, sich nicht in den Vordergrund zu drängen. Heckert sehe sich selbst als bodenständig. Und dazu habe immer gehört, sehr kostenbewusst zu arbeiten. Dem Modulhersteller sei es daher auch in den vergangenen Jahren immer gelungen, Gewinne zu erwirtschaften. Ein Teil der Strategie sei der bewusste Verzicht auf Endkundenansprache mit entsprechend aufwändigen und teuren Werbemaßnahmen. Heckert richte sich an den Installateur, aber auch den Großhandel. Deutschland sei weiterhin ein wichtiger Markt. Allerdings gewinne auch Europa für das Familienunternehmen an Bedeutung. Mittel- und Westeuropa stehen auch im Fokus der Freiburger Solar-Fabrik, die 1996 als eines der neuen solaren Pionierunternehmen die Renaissance der Solarindustrie in Deutschland mit einläutete. Denn Mitte der 90er Jahre war schon einmal vom Ende der hiesigen Solarproduktion die Rede, als die damaligen Player dieses Spielfeld verließen und sich stattdessen Firmen wie die Solar-Fabrik, wie ErSol (später Bosch, heute SolarWorld) oder Solarnova um die Produktion von Solarzellen und -modulen in Deutschland kümmerten Fabriken nahezu ausgelastet Bei rund 200 bis 210 MW liege heute die Produktionskapazität, sagte Solar-Fabrik-Vorstand Günter Weinberger im Gespräch mit den Solarthemen. Diese seien auch relativ gut ausgelastet. Schon im März sei wieder im Dreischichtbetrieb produziert worden. Nach Aussage des Vorstands konnte die Solar-Fabrik im 1. Quartal den Umsatz gegenüber dem gleichen Zeitraum im Vorjahr um 8,3 Prozent auf rund 14 Millionen Euro steigern. Trotz sinkender Installationszahlen im deutschen Gesamtmarkt sank die Exportquote der Solar-Fabrik von etwa 67 auf fast 44 Prozent – es wurde also deutlich mehr im Heimatland erwirtschaftet. Weinberger bestätigt, die Solar-Fabrik gewinne hier Marktanteile. Dies liege auch daran, dass das Segment der kleineren Anlagen, in dem die Solar-Fabrik von jeher stark sei, vom Marktrückgang nicht so stark betroffen sei. Gleichwohl möchte die Solar-Fabrik die Abhängigkeit vom wettbewerbsintensiven Massenmarkt abbauen. Künftig sollen daher Nischenprodukte entwickelt sowie ganze Systeme – einschließlich Wechselrichter, Monta­ge- tech­nik und eventuell Speicher – verkauft werden, um die Gewinnmarge zu erhöhen. Denn ebenso wie eine Reihe anderer Hersteller – nicht nur in Deutschland – muss das Freiburger Unternehmen Verluste hinnehmen, die im Jahr 2013 bei rund 8 Millionen Euro lagen. Hier spiegelt sich der rasante Preisverfall bei den Solarmodulen wider, den nur wenige Unternehmen auffangen konnten. Im Markt allerdings erfreuen sich Module aus Deutschland einer wieder wachsenden Nachfrage. Dies liege auch daran, dass der Preisunterschied zu Modulen etwa aus Asien nicht mehr so groß sei, erklärt Günter Haug, Geschäftsführer der BayWa r.e. renewable energy GmbH. Im Großhandelsbereich der BayWa liege die Absatzmenge der Module aus Deutschland derzeit bei etwa einem Drittel. Viele Kunden würden deutsche Module bevorzugen und auf die Qualität Wert legen, die für sie mit dem „Made in Germany“ verbunden sei. Da die Module nur einen Teil der Investition ausmachten, seien für diese Kunden die eventuellen Mehrkosten akzeptabel. Diesen Trend bestätigt auch Helmut Zeltner, Geschäftsführer des Großhändlers Frankensolar GmbH. Dabei würden diese Produkte bei den Kunden ein höheres Vertrauen genießen. Deutsche Module scheinen sich also wieder besser zu behaupten. Und die hiesige Produktion spielt offenbar auch für internationale Konzerne wie Hanwha eine Rolle. Natürlich würden auch nach der Übernahme bei Hanwha Q CELLS in Deutschland weiterhin Module produziert, so Jochen Endle, Pressesprecher der Hanwha Q CELLS GmbH. Hier sei das Forschungs-und Entwicklungszentrum. Es sei aber auch wichtig, in Deutschland eigene Produktionskapazitäten aufrecht zu erhalten, u.a. um den dynamischen Markt bedienen zu können. Und auch chinesiche Unternehmen sichern sich deutsche Produktionsanlagen. So übernahm Ende vergangenen Jahres der zur CHINT Gruppe zählende chinesische Modulhersteller Astronergy das Mo­dulwerk der Coner­gy SolarModule GmbH & Co. KG in Frankfurt (Oder). Die neue Gesellschaft Astronergy Solarmodule GmbH will die 210 Arbeitsplätze am Standort langfristig sichern. Chuan Lu, Vizepräsident von Astronergy, sagte:„Der Einstieg in die Modulproduktion in Deutschland ist für Astronergy ein strategisch wichtiger Schritt.“ Auch künftig würden in Frankfurt Module gefertigt. Eigenverbrauch wichtig Heckert erwartet, dass das „Tal der Tränen“ bald durchschritten sei, erklärt Bönisch: „Photovoltaik in Deutsch­land macht Sinn.“ Die Branche könne sich nun konsolidieren. Als wichtigen Impulsgeber sieht er allerdings den Eigenverbrauch. Und diese Einschätzung teilen seine Branchenkollegen. Aus Sicht von Weinberger wäre auch im Interesse der deutschen Solarindustrie eine Bagatellgrenze von möglichst 100 kW sinnvoll, bis zu der beim Eigenverbrauch von regenerativem Strom keine EEG-Umlage fällig werden sollte. Ebenso macht sich die SolarWorld AG, der größte deutsche Modulhersteller, dafür stark, den Eigenverbrauch generell nicht mit der EEG-Umlage zu belasten. Das Unternehmen kann laut eigener Aussage nach der Übernahme der Produktionskapazitäten von Bosch im Jahr PV-Module bis zu einer Gesamtleistung von 730 MW produzieren; hinzu kommen maximal 380 MW im Werk in den USA. Deutschland ist damit sowie mit den Werken für Wafer und Zellen der bedeutendste Produktionsstandort, um von hier auch den Weltmarkt zu bedienen. Und Vorstand Frank Asbeck sieht das Unternehmen nach vorangegangenen deutlichen Einbußen und dem Schlittern entlang der Insolvenz wieder im Aufwind. Der Absatz soll um 40 Prozent steigen. Eingeschlossen sind darin allerdings auch die hinzugekommenen Kapazitäten von Bosch. Gerade diese Übernahme zeigt aber auch, wie skeptisch einzelne Unternehmer den Solarmarkt se­hen. Bosch wollte diesen Bereich loswerden. So hat SolarWorld hat die Fabrik für einen symbolischen Kaufpreis von nur 3 Euro übernommen und als eine Art Mitgift von Bosch noch 120 Millionen Euro hinzubekommen. Andreas Witt

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