TÜV labelt „Wegbereiter der Energiewende“
„Wir haben damit den Schritt von der Produkt- zur Anbieterzertifizierung vollzogen“, betont Klaus Nürnberger, Leiter der Energiezertifizierung bei der TÜV Süd Industrie Service GmbH. Ein Label, das nicht nur das Produkt Ökostrom, sondern auch das Engagement des Unternehmens bewertet, fordert eine Reihe von Grünstromanbietern seit längerem. Das neue Label kann ergänzend zu anderen Ökostrom-Qualitätszeichen genutzt werden. Es zeichnet die Gesamtaktivitäten eines Energieversorgers insbesondere für das Gelingen der Energiewende aus. 15 Monate habe die Entwicklung der Kriterien gedauert, erzählt TÜV-Mann Nürnberger. Er selbst erwartet einen überschaubaren Markt für das neue Gütesiegel: „Wir gehen davon aus, dass zwischen 10 bis 15 Prozent der Grünstromanbieter das Prüfzeichen beantragen werden.“ Im Gegensatz zu verschiedenen Ökostrom-Testaten, die auch der TÜV Süd selbst weiterhin ausstellen wird, können das neue Siegel nur solche Grünstromanbieter bekommen, die bei ihren sämtlichen Stromtarifen einen Atomstromanteil von Null ausweisen. Der TÜV Süd kommt mit der Atomklausel Forderungen von engagierten Ökostromern entgegen: Aus deren Reihen hatte es beispielsweise Kritik an der Vergabe des ok-power-Siegels für das Ökostromprodukt von Vattenfall gegeben, einem Konzern, der nicht auf seine Atomkraftwerke verzichten will. Auch das von Umweltverbänden getragene Grüner-Strom-Label hat allerdings stets Atomkraftbeteiligungen als Ausschlussgrund betrachtet. Neben dem Verzicht auf die Atomkraft will der TÜV Süd auch finanzielle Verflechtungen der Antragsteller betrachten. Im Kriterienkatalog heißt es: „Haben verbundene Unternehmen Aktivitäten in den Bereichen Energievertrieb, Energieerzeugung, Energiedienstleistungen und Energieverteilung, so sind sie obligatorisch in den Zertifzierungsumfang aufzunehmen, wenn der Zertifikatenehmer die Finanzkontrolle oder Kontrolle der Ablauflenkung hat.“ Dass Öko-Tochterunternehmen der großen Energiekonzerne das Siegel „Wegbreiter der Energiewende“ erhalten können, will TÜV-Mann Nürnberger aber nicht grundsätzlich ausschließen: „Derzeit wissen wir nicht, ob Tochter- oder Beteiligungsunternehmen der großen vier Stromkonzerne unsere Kriterien erfüllen können. Einen Antrag aus deren Reihen werden wir natürlich ebenfalls prüfen.“ Zufrieden mit dem neuen TÜV-Siegel zeigt sich Ralph Kampwirth. „Das entspricht in weiten Teilen unseren Vorstellungen“, sagt der Sprecher der frisch zur „Wegbereiterin der Energiewende“ gekürten LichtBlick SE. Dass der TÜV Süd den richtigen Weg eingeschlagen hat, betont auch Aribert Peters, Vorsitzender des Bundes der Energieverbraucher (BdE). Peters warnt allerdings vor einem Trugschluss: „Es werden sicherlich nicht alle Grünstromanbieter sich dem kostenpflichtigen Zertifizierungsprozess des TÜV unterziehen, die das Zertifikat verdient hätten.“ So verzichteten etwa die Elektrizitätswerke Schönau, deren Glaubwürdigkeit außer Zweifel stehe, bis heute auf jedes Gütesiegel. Peters kündigte an, dass der BdE im kommenden Frühjahr unter www.energieanbieterinformation.de anhand eigener Kriterien die Nachhaltigkeit von Grünstromanbietern dokumentieren werde. Text: Ralf Köpke/gb