Bernhard Beck im Interview: So funktioniert Ausschreibung nicht

Bernhard Beck ist einer der beiden Gründer und Geschäftsführer der Belectric-Gruppe mit Sitz im fränkischen Kolitzheim. Das Unternehmen zählt zu den weltweit führenden PV-Kraftwerks-Projektierern. Ausschreibungen findet Beck eigentlich gut – aber nicht so, wie sie die Bundesregierung in dieser Woche beschließen will.

Solarthemen: Herr Beck, Sie sind einer der wenigen in der PV-Branche, die sich positiv über die geplanten Ausschreibungen äußern. Warum?

Bernhard Beck: Wir sehen eine Chance im Ausschreibungsmodell, weil wir damit weg kommen von den politisch geprägten Einspeisetarifen, hin zu marktwirtschaftlich ermittelten Werten. Wenn die Bundesregierung Freiflächen-Solarkraftwerke haben möchte, dann ist es nicht falsch, wenn die Solarindustrie ihren Preis definiert, zu dem sie diese liefern kann.

Wird dieser Preis höher oder tiefer ausfallen als bislang?

Das hängt ganz von den Einstellungen des Ausschreibungsmodells ab. In seinem ersten Aufschlag hatte Minister Gabriel eine Zahl von 600 MW genannt mit einem freien Flächenmarkt. Dieses Modell haben wir sehr unterstützt.

Hat sich Ihre Einschätzung geändert?

In den letzten Monaten hat sich eine Lobby aufgebaut, der der freie Wettbewerb in der Fläche ein Dorn im Auge ist. Durch mehrere Verhandlungsrunden ist daraus ein sehr restriktives Nicht-Markt-Modell geworden. Man versucht, einen Markt zu betreiben, in dem man den Akteuren kaum Handlungsraum lässt.

Sehen sie das Problem in der eingeschränkten Flächenkulisse?

Es ist maßgeblich die eingeschränkte Flächenkulisse. Die anderen Punkte des Ausschreibungsmodells sind durchaus händelbar. Aber mit der nun geplanten Restriktion in der Fläche wird das marktwirtschaftliche Instrument nicht sauber funktionieren.

Warum wird gerade aus der CDU jetzt quer geschossen?

Das Flächenthema wird tatsächlich maßgeblich aus der CDU getrieben mit dem Scheinargument, für die Land­wirte etwas Gutes zu tun. Einkommensströme, die die Freiflächenanlagen erzeugen, kommen aber den Landwirten zugute. In der CDU gibt es Politiker, die ihnen diese Einnahmequelle nicht zugestehen wollen.

Es sind aber Landwirtschaftspolitiker.

Ja, sie stellen sich als Freunde der Landwirte hin und wollen mit völlig herbeigezogenen Argumenten die Entwicklung der Landwirte zu Energiewirten zurückdrehen. Landwirte an der Basis sehen das mit zunehmender Sorge.

In einigen Ländern, wo Belectric PV-Parks baut, werden diese schon immer ausgeschrieben. Ihre Erfahrungen?

Man kann durchaus sagen, dass international die meisten Märkte auf irgendeine Art Ausschreibungsmärkte sind. Sei es, dass Projekte ausgeschrieben werden, um gebaut zu werden, sei es in Form von PPAs, also Power Purchase Agreements, seien es Fördertarife, die analog wie in Deutschland ausgeschrieben werden. Sie brauchen natürlich für die verschiedenen Ausschreibungssituationen jeweils eine spezielle Strategie, um in den Kreis der Gewinner zu kommen.

Wird die so genannte „Bürgerenergie“ zu den Verlierern gehören?

Man muss mal ehrlich sagen, dass die Bürgerenergiegesellschaften auch in der Vergangenenheit selten alles allein gemacht haben. Die wenigsten haben ihre Bauleitverfahren, ihre Finanzierung, ihre Technik komplett selber organisiert. Die meisten sind dazu zu einem Spezialbetrieb gegangen, der für sie diese Arbeitsschritte geleistet hat.

Können Sie die Sorge von Energiegenossen gar nicht nachvollziehen?

Die Sorge ist nicht nachvollziehbar. Es wird natürlich alles viel komplexer. Aber eine Bürgerenergiegenossenschaft, die mit einem Fachbetrieb zusammenarbeitet, wird ebenso viel Realisierungschance haben, wie Große.

Höre ich da eine Bewerbung heraus?

Wir arbeiten mit Energiegenossenschaften sehr gut zusammen. Das wird sich mit dem Ausschreibungsmodell nicht ändern. Allerdings wird man nicht mehr genau planen können, wann ein Projekt gebaut wird. Ein gutes Projekt hat aber gute Chancen früher oder später einen Zuschlag zu bekommen.

Wann können PV-Kraftwerke auch ohne Förder-Ausschreibungen in Deutschland wettbewerbsfähig sein?

Die Frage müssen sie andersherum stellen: Wann funktioniert der Markt, den wir Markt nennen, endlich marktwirtschaftlich und frei? Sobald dies der Fall ist, wird Solarstrom von Freiflächen wettbewerbsfähig sein. Wenn Sie ein neues Kohlekraftwerk mit einem neuen Solarkraftwerk vergleichen, dann ist letzteres heute pro Kilowattstunde schon günstiger.

Was muss die Politik also verändern?

Vielleicht sollte man nicht zwischen erneuerbar und nicht-erneuerbar unterscheiden, sondern zwischen volatiler und nicht-volatiler Energie. Diesem Grundverständnis sollte der Markt angepasst werden. Hier ist die Arbeit der Politik zu leisten.

Würde das nicht bei PV-Freiflächen das Süd-Nord-Gefälle noch verstärken?

Wenn man bedenkt, dass der Transport von Strom pro Kilowattstunde heute schon doppelt so teuer ist wie die Produktion, dann mache ich mir da keine Sorgen. Stromerzeugung in Solarkraftwerken sehen wir aus wirtschaftlicher Sicht deshalb immer sehr nah am Verbraucher. NRW hat eine sehr hohe Bevölkerungsdichte, aber bislang kaum Solarkraftwerke. Solange der Strommarkt nicht Transport- und Erzeugungskosten als Summe darstellt, wird sich daran wenig ändern. Hier müsste die Regierung eigentlich eingreifen.

In der Ausschreibungsverordnung ist die regionale Verteilung kein Thema.

Durch die aktuelle Form der Ausschreibungsverordnung mit der reinen Preissteuerung werden die Projektierer in den Süden der Republik getrieben.

Belectric agiert längst international. Warum ist Ihnen der deutsche Freiflächenmarkt überhaupt noch wichtig?

Inzwischen hängen sehr viele Arbeitsplätze bei uns am Ausland. Aber der deutsche Markt ist für uns ein wichtiger. Den wieder zu bekommen, würde natürlich das Halten von Arbeitsplätzen hier in Deutschland wesentlich erleichtern. Zum anderen hat die deutsche Energiewende eine weltweite Mobilisierung hervorgerufen, und es liegt nun an den Playern der ersten Stunde, zu zeigen, wie Solarkraftwerke in den Markt überführt werden.

Interview: Guido Bröer
Foto: Belectric

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