ErP Heizungslabel – Startschuss fiel auf der ISH

Foto: Guido Bröer
Solarthemen 444.Die Messe ISH in Frankfurt war der erste große Auftritt für das europäische Ener­gielabel für Heizungsanlagen, das am 26. September 2015 zur Pflicht wird. Die führen­den Heizungs-Systemanbieter präsentierten „ihren“ Hand­werkern be­reits auf der Mes­se perfekte Lösungen. Kleinere Firmen tun sich noch schwerer mit der Kennzeichnungspflicht. Doch auch für sie, baut die ErP-Richtlinie, auf der […]

Solarthemen 444.Die Messe ISH in Frankfurt war der erste große Auftritt für das europäische Ener­gielabel für Heizungsanlagen, das am 26. September 2015 zur Pflicht wird. Die führen­den Heizungs-Systemanbieter präsentierten „ihren“ Hand­werkern be­reits auf der Mes­se perfekte Lösungen. Kleinere Firmen tun sich noch schwerer mit der Kennzeichnungspflicht. Doch auch für sie, baut die ErP-Richtlinie, auf der das Label beruht, keine unüberwindlichen Hürden auf. Die ISH ist bunter geworden. Überall an den Produkten und Messebauelementen der Heizungssys­tem­an­bie­ter prangten die von rot bis dunkelgrün abgestuften Pfeile der Energieeffizienzlabel. Das ErP-Label (ErP = Energy related Produkt) war das Topthema in Frankfurt. Dabei hatte die EU-Kommission erst kurzfristig im November in ihren jüngsten Leitlinien zum Umgang mit dem Label die ISH und andere Fachmessen zur Kommunikation über das Label und die Einordnung bestimmter Produkte freigegeben. Bis zu diesem Zeitpunkt war nicht klar gewesen, ob das Label eines Produktes vor dem Stichtag 26. September 2015 überhaupt gezeigt werden dürfte. Denn ebenso wie ab diesem Tag jedes Angebot und jede Broschüre das zutreffende ErP-Label zeigen muss, darf davor eigentlich gegenüber Verbrauchern aus wettbewerblichen Gründen nicht damit geworben werden. Freigabe zur Kommunikation Die Kommission stellte nun aber klar, dass sie Herstellern nicht verbieten werde, ihre Lieferkette frühzeitig über das Labeling bestimmter Produkte zu informieren, und dass dazu auch die Kommunikation auf Fachmessen gehörte. Dass auf der ISH am letzten Messetag, an dem die Hallen traditionell von Rentnern und Familien besucht werden, auch Endkunden die bunten Label zu sehen bekamen, hat am Ende niemanden gekratzt. Denen sollen die von Kühlschrank und Co. bekannten Energieeffizienzklassen bald auch beim größten Energieverbraucher im Haus, der Heizungsanlage, die Orientierung erleichtern. Ob das Label Hausbesitzern wirklich den Weg zu der für ihr Gebäude sinnvollsten Systemvariante weist, das fragt man sich allerdings nach einem Bummel über die ISH mehr denn je. So klebt etwa an typischen Luft-Wasser-Wärmepumpen auf den Messeständen regelmäßig die Klasse A++, und daran ändert sich auch nichts, wenn die Heizungsanlage in einem dafür eigentlich ungeeigneten Altbau mit hohen Vor- und Rücklauftemperaturen installiert wird. Im Verbundanlagen-Label ist die Wärmepumpe der große Gewinner des ErP-Prozesses. Primärenergetische Bewertung und zunehmende Stromlasten im Winter sind im ErP-Zusammenhang kein Thema. Der Bundesverband Wärme­pumpe (BWP) kann daher in einem zur Messe aufgelegten neuen Flyer frohlocken: „In Kombination mit einem Temperaturregler und einer Solarthermieanlage ist für Brennwertkessel bei A+ Schluss. Die tiefgrünen Klassen A+++ und A++ beim Verbundanlagenlabel bleiben allein den effizienten Elektro-Wärmepumpen ebenfalls in Kombination mit einem Temperaturregler vorbehalten – die ihre Spitzenplätze übrigens spielend auch ohne zusätzliche Solarthermieanlage erreichen.“ Kein Wunder, dass bei diesen Aussichten viele in der Solarthermiebranche eine skeptische Haltung gegenüber dem Label einnehmen – auch wenn erst Solarkollektoren manches Verbundanlagen-Label mit einem oder mehreren Pluszeichen veredeln. „Das Verbund-Label schafft nur eine Pseudotrans­parenz. Ich halte es für sehr zweifelhaft, ob es die Energiewende stark pusht“, sagt etwa Solarexperte Stefan Abrecht, der als beratender Ingenieur die Solarbranche in mehreren Normungsgremien vertritt. So sah Abrecht auf ISH-Ständen seine Befürchtung bestätigt, dass schon ein gutes Gasbrennwertgerät mit einer anspruchsvollen Regelung die Kategorie A+ bei der Raumheizung erreicht, während auch vergleichsweise anspruchsvolle Solar- Heizungen über diesen Wert nicht hinauskommen. Die Kategorie A+ deckt nämlich eine Riesenspannbreite von 98 bis 125 Prozent Systemwirkungsgrad ab. Labeling-Tricks Im Trinkwasserbereich hingegen, wo die Solarthermie im Prinzip durchaus auftrumpfen kann, sei es oft eher das von den Herstellern zugrunde gelegte unrealistisch große Zapfprofil, das eine hohe Bewertung zur Folge habe, als die Güte des Kollektors oder des Speichers, hat Abrecht an manchen Messeständen beobachtet. Er befürchtet, dass die ErP-Richtlinien Hersteller dazu verleiten, Anlagenpakete mehr auf das Ranking hin zu optimieren, als sie auf den Bedarf der Nutzer wirklich anzupassen. Seit einiger Zeit wirbt Abrecht in der Solarbranche für die Idee, ergänzend zum ErP-Label eine freiwillige Zertifizierung für Kollektoren einzuführen. Nach den bisherigen ErP-Bestimmungen werden sie kein eigenes Effizienzetikett führen, sondern ihr Beitrag geht lediglich in die Berechnung des Verbund-Labels ein. Beim OTTI-Solarthermie-Symposium in Bad Staffelstein wird Abrecht seinen Vorschlag am 7. Mai in der Fachöffentlichkeit zur Diskussion stellen. Für Handwerker, auf deren Schultern beim Verbund-Label gemäß ErP-Richtlinie eigentlich die ganze Verantwortung ruht, war auf der ISH zumindest eines zu besichtigen: Sie brauchen sich nicht wirklich intensiv mit der Effizienzberechnung auseinander zu setzen. Alle großen Heizungskonzerne zeigten Berechnungssoftware, die bei der Zusammenstellung einer Heizungsanlage weitgehend ohne Zusatzaufwand das betreffende Label gleich mit ausspuckt. Der Heizungsbauer kann damit zwar spielen, um hier und da eine Effizienzklasse mehr anbieten zu können – er muss es aber nicht. Die bis zu 200 Mann starken Teams, die in den vergangenen Monaten von den großen Firmen für die Implementierung des ErP-Labelings abgestellt wurden, haben ganze Arbeit geleistet. Kein Wunder, dass die Mittelständler, gerade auch der Solarbranche hier Mühe haben, Schritt zu halten. „Die kleinen Firmen brauchen mehr Unterstützung, zumal sie meist später losgelegt sind“, sagt Jörg Mayer, Geschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW). Spätestens seit dem Vortag der ISH ist Mayer aber guter Dinge, dass seine Klientel den neuen Anforderungen gewachsen sein wird. Denn an dem Tag konnte er zusammen mit dem Gebäudetechnik-Verband VdZ, dem Bundesverband Wärmepumpe und dem Bundesverband Bausoftware die neue VDZ-Plattform Heizungslabel vorstellen, mit der Verbundlabel für Heizungsanlagen erstellt werden können. Es handelt sich dabei um eine Datensammlung der für das Label relevanten Produkte, die über eine Schnittstelle von Software-Anbietern in die von Handwerkern genutzten Software-Pakete integriert werden kann. Unabhängig davon kann jeder Interessent auf der Internetseite www.heizungs­la­bel.de alle Anlagenkomponenten, die dort von Herstellern derzeit nach und nach eingestellt werden, versuchsweise kombinieren. Instrument für Handwerker Kerstin Vogt, die das Projekt beim VdZ betreut, warnt allerdings, dass man es bewusst nicht zu einfach machen wollte, weil die Plattform Heizungslabel ein Werkzeug für Handwerker und Großhändler, nicht für Endkunden sein soll. „Wir wollen nicht, dass es von Endkunden genutzt wird“, sagt Vogt. Und auch Handwerker werden erst lernen müssen, wie man mit dem Label wirklich effiziente Heizungssysteme verkauft. Im EU-Projekt „LabelPackA+“ das in der kommenden Wocheunter Federführung des europäischen Solarwärmeverbandes Estif in Brüssel gestartet wird, will der BSW Handwerker im Einsatz des Labels mit Solaranlagen trainieren. „Spätestens Anfang des Sommers werden wir mit den Seminaren beginnen. Das erste wird vermutlich auf der Intersolar stattfinden“, kündigt Jörg Mayer an. Text + Foto: Guido Bröer

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