Solarthemen: Wer wirkt an Ihrem Projekt mit?
Elisabeth Fehre: Bei diesem vom Bund geförderten Projekt arbeiten wir in einem Konsortium. Neben enercity sind daran beteiligt das Fachgebiet Elektrische Energieversorgung des Instituts für Energieversorgung und Hochspannungstechnik, kurz IEH, an der Leibniz Universität Hannover sowie das Institut für Transportation Design, kurz ITD, an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig. Das IEH hat uns insbesondere bei der Entwicklung einer speziellen Ladebox unterstützt. Und das ITD widmet sich der sozialwissenschaftlichen Akzeptanzforschung, denn von den Nutzern hängt maßgeblich der Erfolg einer technischen Maßnahme ab.
Wie umfangreich ist das Projekt? Was sind wichtige Etappen?
Der Versuch mit 40 Elektrofahrzeugen erstreckt sich von Mai 2014 bis August 2015. Wichtig ist in dem Projekt die eigens entwickelte Ladebox, mit der wir die Ladevorgänge von Elektrofahrzeugen sowohl aufzeichnen als auch steuern können. Das Projekt ist untergliedert in vier Projektphasen. In der ersten haben die Teilnehmer ihre Fahrzeuge wie zuvor geladen, wie sie wollten. In der zweiten Phase haben wir feste Ladezeiten vorgegeben, wobei die Teilnehmer täglich entscheiden konnten, ob sie mitmachen wollten. Diese Ladezeiten waren immer dann, wenn weniger Strom im Netz nachgefragt wird, also zum Beispiel von 22 bis 6 Uhr, oder wenn mittags die Solarstromanlagen mehr Energie liefern. In der dritten Phase können die Teilnehmer mindestens drei Stunden in der Nacht laden und darüber hinaus nur, wenn Sonne oder Wind für viel Strom im Netz sorgen. In dieser Phase befinden wir uns gerade. In allen Phasen können die Nutzer ihr Fahrzeug aber auch bei Bedarf sofort laden. Im vierten Abschnitt sollen die Fahrzeuge in unser sich im Aufbau befindliches virtuelles Kraftwerk eingebunden werden. So sollen die Speicher der Fahrzeuge künftig für den Regelenergiemarkt genutzt werden können.
Welche ersten Erkenntnisse haben Sie gewinnen können?
In der ersten Phase haben die meisten Teilnehmer immer genau in der Spitze des durchschnittlichen Lastprofils von Haushalten geladen. Diese Lastspitzen, eine davon von 18 bis 20 Uhr, werden also durch die Elektrofahrzeuge noch verstärkt. Und wenn nun, wie von der Bundesregierung angepeilt und von uns gewünscht, eine Million Elektrofahrzeuge in Deutschland in Betrieb wären, dann könnte es zu einem ernsten Problem werden, wenn diese alle zur selben Zeit laden. Es ist auch einleuchtend, dass die Nutzer ihr Auto zum Laden einstecken, sobald sie nach Hause kommen und gleichzeitig andere Elektrogeräte in Betrieb nehmen. Doch schon in unserer zweiten Versuchsphase, in der die Nutzer auch mit Prämien belohnt werden, konnte man sehen, dass sie andere Ladezeiten gut akzeptierten. Mit entsprechenden Geschäftsmodellen lassen sich die Nutzer von Elektrofahrzeugen also dazu bewegen, sich netzstabilisierend zu verhalten.
Weil Sie nur die richtigen Teilnehmer am Versuch ausgesucht haben?
Sie haben schon vor dem Versuch ihr Elektrofahrzeug genutzt und bilden einen Querschnitt der derzeitigen E-Mobil-Fahrer in unserer Region ab.
In welchen Ausmaß sollen die Speicher der Fahrzeuge genutzt werden?
Wenn wir die Fahrzeuge künftig in unser virtuelles Kraftwerk einbinden, sollte es in einem späteren Schritt nicht nur um Be-, sondern auch um Entladung der Speicher gehen. Dabei wird kurzfristige Leistung mehr im Vordergrund stehen als langfristiges Speichern.
Auf welche besonderen Schwierigkeiten sind Sie bereits gestoßen?
Wir arbeiten mit unserer Ladebox, ohne an den Fahrzeugen etwas zu verändern. Aufgrund der verschiedenen Ladesysteme hat sich die Kommunikation mit den Fahrzeugen für das gesteuerte Laden allerdings als komplex herausgestellt. Das müsste vereinheitlicht werden. Und zudem müssten auch die Marktregeln angepasst werden, so dass ein netzdienliches Verhalten in Haushalten überhaupt bilanziert werden kann.
Interview: Andreas Witt