PV-Batteriespeicher: Smarter, billiger, vernetzter

Solarthemen 448. In den zwei Jahren seit dem Start der KfW-Speicherförderung hat sich der Markt der Photovoltaik-Bat­terien deut­lich weiterent­wi­ckelt. Inzwischen konkretisiert sich auch schon die Zukunftsvision, wonach PV-Hausspeicher mehr sind als schnöde Eigenverbrauchsoptimierer. Im virtuellen Schwarmkraft­werk sollen sie schon bald die Stromnetze aktiv unterstützen.

Es bedurfte erst eines Auftritts im fernen Amerika, um die Vision einer vernetzten Energiewelt, in denen die kleinen Hausspeicher eine ernstzunehmende Rolle spielen, im Energie- wende-Deutschland einer breiteren Öffentlichkeit ins Bewusstsein zu rücken. Elon Musk, visionärer Chef der amerikanischen Elektro-Sportwagen-Schmiede Tesla, inszenierte vor zwei Wochen seinen geplanten Einstieg in den Markt der Photovoltaik-Speicher in Apple-Manier. Die 18-minütige Show fand ein weltweites Medienecho, wie es der PV-Batteriemarkt noch nie erlebt hatte und brachte es inzwischen bei YouTube auf weit mehr als eine Million Aufrufe. Wenige Tage nach der Ankündigung von Tesla, ab der zweiten Jahreshälfte 2015 Solarbatterien liefern zu wollen, meldete das Unternehmen bereits 38000 Bestellungen von Privatkunden. Zum Vergleich: Im Vorreiterland Deutschland, das bislang nach Einschätzung von Branchenkennern den Weltmarkt netzgekoppelter Solarspeicher fast allein ausmachte, konnte die staatliche KfW-Bank nach zwei Jahren Förderung in diesen Tagen just den 10000sten Batteriekredit bewilligen. Dynamische Entwicklung Viel habe sich in diesen zwei Jahren getan, berichtet Sebastian Geier, Produktmanager für Speicher beim Systemhaus IBC, das sich schon weit vor dem Start der Förderung um den neuen Markt bemüht hat. „Die Marktanteile verschieben sich vom Blei zum Lithium“, bemerkt Geier, der bei IBC sowohl Bleiakkus als auch Lithium-Ionen-Modelle im Angebot hat, als einen der auffälligsten Trends. Er führt dies vor allem auf die schnellere Kostendegression und die höhere Zyklenzahl bei Lithium zurück. Das im vorigen Jahr hochgekochte Thema Brandsicherheit sei eher in Fachkreisen diskutiert worden, meint Geier: „Aus Kundensicht war das nicht so ein Riesenthema.“ Allerdings habe es der Branche geholfen, sich auf Standards zu verständigen, meint Geier, der dabei zum Beispiel an den Sicherheitsleitfaden des Bundesverbandes Solarwirtschaft denkt. Speicher werden größer Nach Geiers Eindruck werden die Speicher für Einfamilienhäuser aktuell etwas größer dimensioniert als noch vor zwei Jahren. Dies spräche dafür, dass der Autonomie-Gedanke beim Speicherkauf in der bisherigen Klientel eine größere Rolle spielt als das Ziel einer kostenorientierten Eigenverbrauchsoptimierung, für die ein kleinerer Speicher im Stile des SMA-Kompaktgerätes Sunny Boy Smart Energy mit 3 bis 5 kW meist ausreichen würde. Auch Tesla will seinen Powerwall-Lithiumspeicher in zwei Varianten mit 7 und 10 kW etwas größer dimensionieren. Das kommt den Ambitionen des Ökostromversorgers Lichtblick durchaus entgegen, der von Tesla als einer der erster Vertriebspartner genannt wird. Lichtblick möchte die Anlagen in sein Schwarmstromprojekt integrieren, ein virtuelles Kraftwerk, das bislang aus 400 dezentralen Blockheizkraftwerken besteht. Bereits seit dem vergangenen Jahr kooperiert Lchtblick mit den Speicherherstellern Varta und Sonnenbatterie. Deren Kunden bekommen eine Prämie von 100 Euro, wenn sie dem Stromanbieter per Datenleitung Zugang zu ihrem Speicher verschaffen. Nach Aussage von Lichtblick-Sprecher Ralph Kampwirth beteiligt sich bislang eine „nicht ganz dreistellige Zahl“ von Batteriebesitzern an dem Projekt. „Mehr brauchen wir in der Testphase nicht“, sagt Kampwirth. Es gehe schließlich zunächst darum, das Prognosemodell zu optimieren, in das unter anderem Wetterdaten und Verbrauchsmuster einfließen. „Wir verstehen das aktuell als eine Art Feldtest“, sagt Kampwirth. Und auch die beteiligten Batteriehersteller würden von dieser Entwicklungspartnerschaft profitieren, indem sie ihre primär für den Eigenverbrauch ausgelegten Systeme für den Betrieb in virtuellen Netzwerken weiterentwickeln. Der Schritt in den Markt Wertvolle Erfahrungen habe Lichtblick bereits mit dem 1-jährigen Feldtest von 20 Elektroautos in Berlin gewonnen, die zwar noch nicht am Regelenergiemarkt teilgenommen hätten. „Aber wir haben historische Regelenergieverläufe genommen und damit die Fahrweise der Batterien optimiert. Der Schritt von der simulierten Anwendung zur Live-Schaltung in den Markt ist nicht mehr sehr groß“, sagt Kampwirth. Bis zum Start der Tesla-Batterie hofft er, zumindest die stationären Speicher tatsächlich in das bestehende Schwarmstromkraftwerk integrieren zu können. Vor wenigen Wochen hat es nach einem ganz neuen Verfahren die Präqualifikation der Übertragungsnetzbetreiber für den Regelenergiemarkt absolviert. Dieses Präqualifikationsverfahren könne nun sehr leicht von den BHKW auf die Batteriesysteme übertragen werden, sagt der Lichtblick-Sprecher. Bis es soweit ist, möchte der Energiedienstleister dann auch ein echtes Geschäftsmodell entwickelt haben, mit dem die Batterieeigentümer an den Erlösen des Regelenergiemarktes unmittelbar beteiligt werden können. Die 100 Euro jährlich, die Lichtblick den Teilnehmern seines Feldtests zahlt, seien bislang ja lediglich eine symbolische Vergütung. Versorger wachen auf Ein virtueller 1-Megawatt-Großstromspeicher namens SWARM entsteht derzeit auch als Gemeinschaftsprojekt der Caterva GmbH aus Pullach und des Nürnberger Energieversorgers N-ERGIE AG in dessen fränkischem Netzgebiet. Das angebotene Geschäftsmodell ist dabei für die beteiligten Hausbesitzer, die bereits ein PV-Dach haben sollten, sehr attraktiv. Sie bekommen den Speicher kostenlos und erhöhen damit ihren Eigenstromanteil. Das Start-Up-Unternehmen Caterva installiert Stromspeicher mit einer Leistung von jeweils 20 Kilowatt (kW) und einer Kapazität von 21 Kilowattstunden (kWh) in den Häusern. Die Batterieschränke sind mit französischen SAFT-Lithium-Ionen-Akkus bestückt und von Siemens in Deutschland hergestellt. Die Caterva-Elektronik macht es möglich, viele Speicher via Mobilfunk zu einem virtuellen Großspeicher- Schwarm zu vernetzen, selbst in weit verzweigten Stromverteilnetzen. Steuerung ven der Leitwarte Aktuell werden so 75 kleine zu einem über 1 Megawatt (MW) großen Speicher zusammengeschaltet. Denn ab 1 MW akzeptieren die Übertragungsnetzbetreiber Regelenergie-Angebote, um Lastspitzen auszugleichen. Dieser SWARM wird dabei von der Leitwarte der N-ERGIE aus gesteuert. Für die Hausbesitzer ist das Mitmachen rentabel: Die Investitionen stammen von Caterva und Fördergeld kommt vom Freistaat Bayern. Noch sind einige Speicher für Interessenten zu haben. Die Abrechnung erfolgt über eine Differenzmessung zwischen dem Strombezug des Haushalts, dem PV-Strom, der nicht direkt verbraucht wurde, und den Energieflüssen in und aus dem Speicher. „Für die Erbringung von Regelleistung aus dem Speicher erhält der Kunde keine Vergütung, es entstehen ihm auch keine Kosten“, erklärt N-ERGIE. Interessierte PV-Anlagen-Besitzer müssen den Solarstrom zumindest teilweise selbst verbrauchen, lautet die wohl wichtigste Voraussetzung. Wissenschaftlich begleitet wird SWARM von drei Lehrstühlen der Uni Erlangen-Nürnberg. Nicht zuletzt wollen Sozialwissenschaftler erfahren: Unter welchen Bedingungen entscheiden sich Privathaushalte künftig für den Speicherkauf und solche Schwarmprojekte? Denn später wolle man die Systeme nicht nur vermieten, sondern auch verkaufen, heißt es von Caterva. Komplettpreis – 25000 Euro netto. Preise – mit und ohne Das klingt happig, allerdings ist der Speicher für den Regelenergie-Einsatz eher auf Leistung denn auf Kapazität getrimmt. Gemessen an der Batterie-Kapazität sorgt hingegen gerade Tesla für eine interessante Debatte. 3000 US-Dollar für das 7-kW-Modell und 3500 Dollar für das 10-kW-Modell mit 2 kW Dauerleistung nennt das Unternehmen. Dies versteht sich allerdings ohne Installation und Wechselrichter und wohl auch ohne Mehrwertsteuer. Was die Wechselrichter angeht, so setzt Tesla – zumindest im ersten Schritt – auf Kooperationen mit den Herstellern Fronius und Solar Edge. Auf der Intersolar wird es interessant zu beobachten sein, wie das Fronius-Marketing, das bereits vor dem Coming Out von Tesla eine eigene PV-Speicher-Kombination samt Smart Meter als Messeneuheit angekündigt hat, die verschiedenen Konzepte nebeneinander präsentieren wird. Text: Heinz Warneschitz/Guido Bröer Foto: Tesla Motors  

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