Heizen mit Photovoltaik: Produktangebot wächst, Thema bleibt umstritten

Solarthemen 451. Heizen mit Photovoltaik, das ist und bleibt ein Aufregerthema für die Solarbranche. Auf der Intersolar zeigten sogar traditions­rei­che Solarthermie-Firmen PV-Heiz-Geräte.

Früher gab es unter ernstzunehmenden Solarexperten darüber nichts zu diskutieren: Photovoltaik ist zum Heizen viel zu schade. Die Solarheizung war gleichbedeutend mit einem thermischen Kollektor. Ein guter Flach- oder gar Röhrenkollektor bringt es schließlich auf den vierfachen Flächenwirkungsgrad wie ein PV-Modul. Inzwischen hat das Thema Eigenverbrauch die Solarwelt verändert und gespalten. Auf der Intersolar füllte die Solarwärme mit Ach und Krach eine halbe Halle, während in den sechs Photovoltaikhallen – gefühlt – jede dritte Firma das Thema des photovoltaischen Heizens in diversen Varianten präsentierte. Und die Kunden seien daran sehr interessiert, das ist der übereinstimmende Tenor an den Ständen. Bloß keine Kilowattstunde zu schlechten Einspeisetarifen „verschenken“, sondern lieber selbst verbrauchen, dass ist die nachvollziehbare Motivation stolzer PV-Anlagenbesitzer. Allerdings machen die meisten Hausbesitzer keine Vollkostenrechnung auf, vergleichen auch nicht die Alternativen der Wärmeerzeugung. Gerhard Valentin, Chef der Valentin Software GmbH, der als Entwickler der beiden Simulationsprogramme PV*SOL und T*SOL in beiden Märkten, Strom und Solarthermie, ein geschätzter Experte ist, hat das gefuchst. Unter dem Titel „Der Kampf ums Dach“ trat Valentin im Mai beim Solarwärme-Symposium in Bad Staffelstein auf. Er simulierte mit seinen Software-Paketen den typischen Fall eines Einfamilienhauses mit solargeeigneter, aber begrenzter Dachfläche. Ziel war ein Vollkostenvergleich zwischen einem reinen Photovoltaikdach mit der Option, Solarstromüberschüsse in einen Speicher zu leiten, und einer Kombination aus kleinerer Photovoltaikanlage und raumheizungsunterstützender Kollektoranlage. Valentin schuf also drei Simulationsumgebungen, denen jeweils die gleichen Verbrauchsprofile für Wärme und Strom sowie Wetterdaten zugrundeliegen. Im einen Fall platzierte er auf dem Dach Solarkollektoren von 8,4 Quadratmeter neben einer 3,8 kW starken Photovoltaikanlage. Im zweiten und dritten Fall ließ er die Kollektoren weg, so dass Platz blieb für eine größere 5-kW-Photovoltaikanlage. Den Unterschied zwischen den beiden letzten Varianten macht der Heizstab im Solarspeicher aus. Valentin verglich, ob es günstiger ist, überschüssigen Strom, der nicht für typische Stromanwendungen im Haushalt genutzt wird, ins öffentliche Netz einzuspeisen oder ihn per Heizstab möglichst selbst zu verbrauchen (siehe Grafik). Als Backup-Wärmeerzeuger ist in allen drei Häusern und im Referenzgebäude ohne Solaranlage eine Brennwert-Heizung. Einspeisen statt verheizen! Valentins Fazit fällt klar aus: „Es ist auf jeden Fall sinnvoller, den PV-Strom einzuspeisen als ihn zu verheizen – und zwar sowohl ökonomisch wie ökologisch.“ Viele Endverbraucher würden bei ihrer Gegenrechnung vergessen, dass sie in der Regel nicht teuren Strom, sondern nur Gas oder Öl verdrängen, wenn sie Solarstrom in ihr Heizungssystem einspeisen, glaubt Valentin. Der eingesparte Brennstoff müsse gegen die Einspeisevergütung gerechnet werden, auf die ein PV-Betreiber stattdessen verzichtet. Außerdem kommt es zu Speicherverlusten, die von Valentins Simulationsprogrammen berücksichtigt werden. In der vergleichsweise schlechten CO2-Bilanz der PV-Heizung wirkt sich der unterschiedliche Primärenergiefaktor von Gas und Strom aus. Die Einspeisung aus Photovoltaik konkurriert mit der Stromerzeugung in ineffizienten Großkraftwerken. Und die Zeiten, in denen im Netz Überschuss an Wind oder Solarstrom herrsche, seien sehr gering, so dass sich die Bilanz dadurch nicht stark verändere, sagt Valentin. Perspektivisch sind manche PV-Heizstab-Eigenverbrauchs-Optimierer sogar schon darauf ausgelegt, dass sie über ein SmartGrid auch als Stromsenke bei negativen Strompreisen genutzt werden könnten. Einige der aktivsten Heizstab-Anbieter kommen schließlich aus der solaren IT-Branche. So wird der von der Solare Datensysteme GmbH angebotene, in sieben Stufen von 0 bis 3,5 kW schaltbare Heizstab EGO Smart Heater in der Regel von einer Solar-Log-Datenzentrale gesteuert. Die Produktfamilie Solar-Log, die zunächst zur Anlagenüberwachung konzipiert wurde und zunehmend auch die Rolle des Eigenverbrauchs-Optimierers übernimmt, sei perspektivisch auch in der Lage über eine sichere API-Schnittstelle mit Netzbetreibern zu kommunizieren, erläu­tert Geschäftsführer Frank Schlichting. Eine simple, aber rafinierte Steuerungslösung hat die Yellowstone Soft GmbH von Hermann Betz entwickelt. Sie platziert ihre „Cloudy“ genannten Steuerungsgeräte direkt im Zählerschrank neben dem typischen Zweirichtungszähler eines Photovoltaik-Haushaltes. Einen optischen Lesekopf, wie er von Netzbetreibern zur Fernablesung genutzt wird, platziert das Unternehmen magnetisch am Zählwerk der Messstelle und stellt damit fest, ob der Haushalt gerade einspeist oder Strom bezieht. Wenn eingespeist wird, schaltet sich der Heizstab in drei möglichen Stufen zu, wenn der Haushalt Strom bezieht, schaltet er ab. Das Credo von Betz: „Die Software muss so funktionieren, dass der Handwerker nichts mit der Einstellung zu tun hat.“ Ein häufig gehörtes Argument, weshalb das photovoltaische Heizen der klassischen Solarthermie überlegen sei, ist der Hinweis, dass die Solarstromzufuhr in den Speicher unabhängig vom Temperaturniveau im Tank sei. Jede auf dem Dach erzeugte Kilowattstunde könne in Wärme umgewandelt werden, solange der Speicher nicht grundsätzlich überhitzt sei. Eine klassische Kollektoranlage braucht stets eine Mindest-Temperaturdifferenz zwischen Kollektor und Speicher, bevor der Solarkreislauf anspringt. Das Gegenargument der Solarthermiker: Von Temperaturschichtung im Speicher vertehe wiederum der Heizstab nichts und bringe sie womöglich gar durcheinander. Solarer Durchlauferhitzer „Wenn, dann richtig“, sagt deshalb Rudolf Pfeil, der vor 38 Jahren in Hattingen die Resol GmbH gründete und seitdem als Marktführer für Solarregler der klassischen Solarthermie treu gebleiben ist. Guten Kunden zeigte Pfeil nun in einer Nische seines Intersolar-Standes die neueste Gemeinschaftsentwicklung seines Unternehmens mit dem Bielefelder Armaturenhersteller Tuxhorn, den „PV-Heat“. Es handelt sich um einen elektrischen Durchlauferhitzer, der mit Photovoltaikstrom betrieben wird, und der gegenüber einem Heizstab für Pfeil wesentliche Vorteile hat. Der wichtigste: „Wir können mit einer bestimmten Zieltemperatur genau in den Bereich einspeisen, wo das Warmwasser entnommen wird“. So muss also nicht der ganze Speicher erwärmt werden, ohne dass er im oberen Bereich warm genug zum Duschen wird. Und die Anlage könne nachträglich beinahe an jeden Speicher angebunden werden, ohne dass dafür eine Flanschöffnung erforderlich sei, so Pfeil. Regelenergie mitdenken! Ähnlich denkt auch Gerhard Sandler, Geschäftsführer EFG Sandler in Kaufbeuren, der zu den Pionieren der Schichtspeichertechnik gehört. Auf der Intersolar zeigte er den „E-Heat“, der ebenfalls nach dem Prinzip eines Durchlauferhitzers arbeitet und mit den hauseigenen Schichtspeichern harmoniert. Laut EFG-Entwicklungsleiter Markus Hölzl wurde die Anlage allerdings als Elektroheizkessel konzipiert, der auch im Stand-alone-Betrieb als Notheizung arbeiten kann. Die Kunden sähen in ihm oft eine Ergänzung zum Scheitholzkamin. Der Anstoß über solarelektrisches Heizen überhaupt nachzudenken, sei durch die Gespräche mit den Netzbetreibern im Allgäu gekommen, wo es bereits oft Netzengpässe durch Photovoltaik gebe. „Regelenergie ist für uns ein Thema“, sagt Hölzl. „Wir denken dabei in Schwärmen,“ erklärt er. Guido Bröer“ Text: Guido Bröer   Fotos: Hanwha Q Cells, Solar-Log. Montage: Guido Bröer

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