Osterholzer Stadtwerke im Interview: PV gut für die Netze

Solarthemen 455.Klaus Brinkmann ist als Energieberater der Osterholzer Stadtwerke GmbH & Co. KG tätig. Im Rahmen dieser Aufgabe entwickelt er auch spezielle Angebote, die sowohl für Kunden der Stadtwerke als auch für das Unternehmen selbst attraktiv sein sollen. Das jüngste Produkt der Osterholzer Stadtwerke ist das Photovoltaik-Paket. Dabei handelt es sich um ein Pachtmodell, das inzwischen einige Stadtwerke in unterschiedlicher Ausgestaltung im Programm haben. Bei den Osterholzer Stadtwerken ähnelt es einem Mietkauf, der mit Dienstleistungen verbunden wird. Ein Kennzeichen dieses Stadtwerke-Modells ist die enge Kooperation mit dem regionalen Handwerk und Großhandel im Photovoltaik-Bereich. Das Angebot startete im Frühjahr.

Die Solarthemen sprachen mit Klaus Brinkmann über die Ziele und die Erfahrungen mit den PV-Paketen.

Solarthemen: Die Osterholzer Stadtwerke nutzen die Photovoltaik als Geschäftsfeld. Was bieten Sie an?

Klaus Brinkmann: Wir bieten unseren Kunden ein Photovoltaik-Paket an. Wir bringen dem jeweiligen Kunden eine Anlage aufs Dach, liefern also Komponenten plus Installation über das Fachhandwerk. Der Kunde pachtet diese Anlage 15 Jahre lang von uns. Anschließend kann er sich entscheiden, ob er sie zum buchhalterischen Restwert von uns erwerben möchte.

Wo liegt der Vorteil für die Kunden? Sie könnten auch eine Anlage kaufen und gegebenenfalls finanzieren.

Ja, bei uns handelt es sich aber nicht um eine Finanzierung. Sondern unser Angebot ist verbunden mit weiteren eingeschlossenen Dienstleistungen. Wir geben dem Kunden Energiedaten, Überwachung an die Hand. Nach 5 und nach 10 Jahren werden die Anlagen außerdem überprüft und falls notwendig gewartet.

Können Sie denn so sicherstellen, dass ihre Kunden das Betriebsrisiko tragen? Denn andernfalls würden sie wohl für den eigenverbrauchten Strom die EEG-Umlage zahlen müssen.

Die Stadtwerke sind Eigentümer der Anlage, der Kunde ist aber Betreiber, auch wenn wir weitere Dienstleistungen erbringen. Damit entfällt für unsere Kunden die EEG-Umlage. Wichtig dabei ist noch, dass wir unter der 10-kW-Leistungsgrenze bleiben. Denn nur bis dahin greift die Bagatellregelung zur EEG-Umlage im EEG.

In welcher Leistungsgröße bewegen sich die Pakete?

Die kleinste Anlage, die wir installiert haben, hat 3,3 Kilowatt und die größte 9,5 Kilowatt

Für die Kunden ist Ihr Angebot also eine Option, an eine Photovoltaikanlage zu kommen. Aber was haben die Stadtwerke davon?

Wir schlagen so gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe. Einmal können wir so dem Kunden etwas Gutes tun. Er bekommt grüne Energie aufs Dach, ohne dafür sehr viel mehr zahlen zu müssen – bei einer 5-kW-Anlage entstehen ihm abhängig vom Installationsaufwand etwa 35 Euro Mehrkosten im Monat. Und wir als Stadtwerke können unsere Netze entlasten.

Ist das tatsächlich so? In der öffentlichen Diskussion hört man von Experten meist, dass der Zuwachs bei der Photovoltaik die Netze noch mehr belasten und deren Ausbau erforderlich machen würde.

Das ist bei uns anders, weil das Prinzip ein anderes ist. Wir gehen vom Stromverbrauch des Kunden im Jahr aus. 30 Prozent davon soll die Solarstromanlage liefern, so wird sie auch konfiguriert.

70 Prozent fließen dann aber in ihr Netz, das dafür ausgelegt sein muss.

Sie müssen sehen, dass wir uns hier im Ein- und Zweifamilienhaus-Bereich mit Anlagen unter 10 kW bewegen. Das sind nicht gravierend viele Kilowattstunden, das ist überschaubar.

Wer hatte denn bei Ihnen die Idee, dass die Stadtwerke ein solches Photovoltaik-Paket anbieten sollten?

Die Idee ist aus unserem eigenen Haus, sprich von mir gekommen, weil wir schon vor einigen Jahren ein ähnliches Modell auf dem Heizungssektor angeschoben haben. Beim Wärme-Paket erwirbt der Kunde im Rahmen eines Heizungscontractings eine Wärmeleistung. Der Kunde kann über 5 oder 10 Jahre die Anlage mieten. Wir haben so gute Erfahrungen damit gesammelt, eine Dienstleistung anzubieten. Auch hier bekommt der Kunde alles aus einer Hand, inklusive Wartung und Schornsteinfegerabnahmen.

Und wie wird Ihr Photovoltaik-Paket von Ihren Kunden angenommen?

Wir haben das Angebot erst in diesem Jahr der Öffentlichkeit vorgestellt. Erst seit April gehen wir damit offensiv um. Und inzwischen haben wir schon acht Anlagen an den Mann gebracht.

Was macht das in Ihrer Region am Photovoltaikmarkt aus? Acht Anlagen hört sich erstmal nicht nach sehr viel an, aber man muss dies wohl auch im Vergleich zu den Solaraktivitäten in Ihrer Region sehen.

Das kann ich nur grob schätzen. Die politische Großwetterlage ist ja gerade der Photovoltaikbranche in die Quere gekommen. Wir verzeichnen derzeit insgesamt nur wenige angemeldete Photovoltaikanlagen. Ich gehe davon aus, dass ein Viertel bis sogar die Hälfte aller neu installierten Anlagen hier unsere Pakete sind. Das ist ja schon mal nicht schlecht.

Mit wem arbeiten Sie zusammen, um die Anlagen zu installieren?

Wir, die ewe und mehrere Stadtwerke haben eine Synergiegemeinschaft gegründet, die sich aus der Wärmesparte entwickelt hat. Diese Gemeinschaft hat sich für Elektriker geöffnet. Und aus diesem Kreis haben wir als Osterholzer Stadtwerke Betriebe eingeladen, die sich bei uns mit PV befassen. Das sind aktuell fünf Fachhandwerker. Die haben einen entsprechenden Rahmenvertrag mit uns, dass sie auch für die Pflege und die weitere Betreuung der Anlagen zur Verfügung stehen. Mit denen setzen wir die Anlagen um.

Erlebt das Handwerk ihre Aktivitäten nicht als Konkurrenz?

Nein. Und das ist auch der springende Punkt bei den Photovoltaik-Paketen. Wir nutzen hier Synergieeffekte. Wenn der Handwerker vor Ort an die Grenze kommt, weil der zwar einen Kunden hat, der eine Photovoltaikanlage möchte, sie aber nicht bezahlen kann, dann kann der Handwerker das Photovoltaik-Paket der Stadtwerke anbieten. Damit bekommt er dann auch diesen Kunden. Er hat sozusagen eine zweite Eintrittskarte und kann uns mit ins Spiel bringen. Wir wiederum binden diesen Kunden dann nicht nur über den vorhandenen Stromliefervertrag, sondern auch über die Photovoltaik an die Stadtwerke.

Wer wählt die Komponenten aus, die die Handwerker installieren?

Wir haben uns mit allen fünf Handwerkern an einen Tisch gesetzt und Qualitätskriterien formuliert, die sehr hoch liegen und nur Markenprodukte umfassen. Da sind wir uns mit den Handwerkern einig. Konkret sind es dann verschiedene Anbieter, die zum Zuge kommen. Jeder Handwerker hat seine Lieblinge und hier sind ihm nicht die Hände gebunden. Aber bestimmte Mindestqualitätskriterien werden eingehalten.

Aber Sie haben doch sicherlich auch über Standardpakete nachgedacht, für die Sie mit Herstellern eventuell günstigere Konditionen hätten aushandeln können.

Das wäre ja nur interessant bei größeren Mengen, die wir mit unseren acht Anlagen noch nicht erreichen. Aber wir haben den Großhandel hier in der Region mit ins Boot genommen. Wir haben gesagt, wenn die Handwerker über Euch beziehen, dann gibt es entsprechende Konditionen. Da schließt sich der Kreis. Allerdings läuft das bei den geringen Stückzahlen erst langsam an.

Mit was rechnen Sie denn? Wie hoch wird die Akzeptanz für Ihr Modell sein und wie viele Anlagen werden darüber abgesetzt werden können?

Ich persönlich rechne ja mit 1000 Anlagen. Aber das nicht sofort, sondern erst in späteren Jahren. Ich will das mal so formulieren: Im Landkreis Osterholz-Scharmbeck ist die Energiewende ausgerufen worden mit dem Ziel, den Landkreis bis 2030 regenerativ mit Strom zu versorgen. Und das ist zum Beispiel ein Standbein, wo wir als Stadtwerke den Landkreis unterstützen können. Wir als Stadtwerke können zusammen mit den Eigenheimbesitzern mit einer Vielzahl von Anlagen regenerative Energie beisteuern, die gemeinsam mit uns die Energiewende von dieser Seite anschieben.

Wir haben eben schon über die Motivation der Osterholzer Stadtwerke gesprochen. Die Stadtwerke sind aber auch ein Wirtschaftsunternehmen. Lohnen sich solche Pakete denn auch unter diesem Gesichtspunkt? Letztlich kaufen Ihre Kunden weniger Strom von Ihnen.

Das ist korrekt. Auf der einen Seite nehmen sie uns weniger Strom ab. Auf der anderen Seite fördern wir die Kundenbindung. Wir gewinnen einen über 15 Jahre zufriedenen Kunden. Und das ist uns einiges wert. Und wir sehen, wie schon gesagt, die Entlastung unserer Netze. Das ist bei acht Anlagen nicht erheblich, doch wenn wir 1000 Anlagen hier im Landkreis erreichen, dann sind wir bei der Summe, die wir brauchen, um autark zu werden.

Haben Sie denn den Eindruck, dass die Menschen in ihrer Region die Photovoltaik wieder positiver wahrnehmen, eventuell auch gerade durch Ihr Programm?

Ich denke, ja. Aber durch die politische Großwetterlage ist es schwierig, da wieder eine vernünftige Basis herzustellen. Für die Nutzer hat sich die Situation eigentlich kaum verändert. Die Amortisation der Investition ist jetzt ähnlich lange wie vor 10 Jahren, als die Einspeisevergütung höher, aber die Anlagen wesentlich teurer waren.

Wie fest verankert ist das neue PV-Angebot nun bei den Stadtwerken?

Da gibt es von der Geschäftsführung einen starken Rückhalt, die sagt, wir wollen in der Region für die Region etwas tun. Und wenn wir dies gemeinsam mit unseren Kunden erreichen, dann kann das nur gut sein.

Interview: Andreas Witt

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