Photovoltaik-Speicher: Umweltbilanz unterbelichtet
Wer seine Photovoltaikanlage mit einem Batteriespeicher ergänzt, der tut dies in der Regel aus altruistischen Motiven. Er will der Umwelt etwas Gutes tun, die Energiewende noch ein bisschen schneller voran bringen als mit einer bloßen PV-Anlage. Logisch, dass die Batterie dann auch hohe Anforderungen an die Umweltverträglichkeit erfüllen sollte. Lithium-Ionen-Akkus gelten im Vergleich zu anderen Batterietypen als relativ umweltfreundlich. Obgleich viele Lithiumverbindungen als gesundheitsschädlich gelten, sind die Inhaltsstoffe der Lithiumbatterien im Vergleich etwa zu Blei-Säure- oder Nickel-Cadmium-Akkus für Menschen we- niger giftig. Im Sinne der RoHS (Restriction of Hazardous Substanzes) der EU-Richtlinie 2011/65/EU, die etwa für Blei und Cadmium Einschränkungen definiert, enthalten Lithium-Ionen-Batterien keine gefährlichen Stoffe. Und auch der klassische Einwand des Umweltbundesamtes gegen nicht wiederaufladbare Batterien für Elektrogeräte, dass für deren Herstellung 40 bis 500 mal so viel Primärenergie verbraucht werde wie für die gleiche Strommenge aus der Steckdose aufzuwenden sei, dürfte sich bei einer Lebensdauer der Solarbatterien oberhalb von 5000 Vollzyklen stark relativieren. Dennoch lässt sich die Frage nach der Ökobilanz nicht einfach so vom Tisch wischen. Allein schon das Argument von der langen energetischen Rücklaufzeit, gegen den sich die Photovoltaik jahrzehntelang zur Wehr setzen musste, könnte wieder an Bedeutung gewinnen, wenn zum Standard-PV-System auch ein Batteriespeicher gezählt wird. Denn der erntet schließlich keine zusätzliche Kilowattstunde. Für seine Herstellung, von der Gewinnung der Rohstoffe bis zur Endmontage, wird allerdings Energie verbraucht. Wenn schon der Aluminium-Rahmen eines PV-Moduls dessen energetische Payback Time verdoppeln kann, dann wird das erst recht für den schweren Solarspeicher gelten. Nach einer von der EU-Kommission zitierten Studie aus dem Jahr 2012 (McManus: Environmental consequences of the use of batteries in low carbon systems: The impact of batterie production) wird für die Herstellung von Lithium-Batterien im Vergleich zu anderen Akku-Typen relativ viel Energie verbraucht. Die Studie nennt einen Wert von 90 Megajoule, also 25 Kilowattstunden, pro Kilogramm Batteriegewicht. Überträgt man diesen Wert auf ein rund 160 Kilogramm schweres Batteriesystem mit einer Kapazität von 4 kWh so kommt man auf einen energetischen Rucksack von 4000 Kilowattstunden. Eine 4-kW-PV-Anlage, müsste also unter deutschem Himmel etwa ein Jahr lang Strom ernten, bevor sie den Energieaufwand kompensiert hat, der für die Herstellung dieser Batterie verwendet wurde. Nutzungsdauer entscheidet Ausführlichere Untersuchungen gibt es zu Ökobilanzen von Lithium-Ionen-Batterien in Elektroautos. Hier gilt laut Regina Kohlmeyer vom Fachgebiet Produktverantwortung des Umweltbundesamtes: „Für die Ökobilanz der Batterie ist wichtig, dass sie eine möglichst lange Nutzungsdauer erreicht.“ Während diese im Bereich der E-Mobilität stark vom Fahr- und Ladeverhalten der Nutzer abhängt, wird Solarbatterien eine wesentlich längere Lebensdauer prophezeiht. In Solarspeichern können ausrangierte Fahrzeugbatterien sogar zu einem zweiten Leben erweckt werden, wie der Schweriner Energieversorger WEMAG seit drei Jahren mit dem ReeVOLT-Speicher beweist. In dem Gerät finden bis zu 16 Lithium-Akkus von Panasonic Platz, die zuvor in E-Bikes der Schweizer Marke Flyer unterwegs waren. Unterschreiten sie eine Kapazität von 80 Prozent, nimmt Flyer die Akkus zurück. Im ReeVOLT-Speicher laufen sie weiter, bis sie weitere 20 Prozent ihrer Kapazität verloren haben. Während in der Autoindustrie solche „Second-Life-Konzepte“ heiß diskutiert werden, gilt ReeVOLT allerdings bei der WEMAG schon als Auslaufmodell. Man verkauft nun PV-Speicher von E3/DC. Einige Studien zu Fahrzeugbatterien widmen sich der Frage von Recycling-Verfahren. So sind etwa die Metalle der auch für PV-Anwendungen meist verwendeten Lithium-Eisen-Phosphat-Batterie nach einer Untersuchung der Hochschule Reutlingen zu 100 Prozent wiederverwertbar. Das Lithium selbst kommt allerdings nur in sehr geringen Mengen in der Batterie vor und ist schwierig zu recyklen. Daniel Kovacs vom UBA sagt: „Das enthaltene Lithium kann nach derzeitigem Stand der Technik nicht wirtschaftlich zurückgewonnen werden.“ Eine vom Bundesumweltministerium in Auftrag gegebene Studie aus dem Jahr 2011 erwartet allerdings, dass sich dies mit stark steigender Nachfrage nach Lithium ändern werde. Lithium gilt bislang nicht als knapp; es wird vor allem in Salzseen der USA, Chinas und Chiles gewonnen, künftig wohl auch in Bolivien. Text: Guido Bröer