Vor 25 Jahren startete das 1000-Dächer-Programm

Solarthemen 455. Im September 1990 startete das gemeinsam vom Bund und den Län­dern finanzierte 1000-Dächer-Photovoltaik-Förderprogramm. Damit nutzten erstmals auch Bürger im vierstelligen Bereich Solarstrom auf Ein- und Zweifamilienhäusern. Einige dieser Anlagen sind heute noch im Betrieb, so wie die Anlage auf dem Foto, die im schleswig-holsteinischen Klausdorf im April 1993 installiert wurde.

Als die SPD 1987 unter Federführung von Hermann Scheer ein Förderprogramm für die Photovoltaik im Megawatt-Maßstab forderte, da war sie mit ihrem Antrag im Bundestag nicht erfolgreich. Allerdings gab es über die Parteigrenzen hinweg eine Reihe von Abgeordneten, die eine stärkere Förderung erneuerbarer Energien für notwendig hielten. Im Bundesministerium für Forschung und Technik mit Minister Heinz Riesenhuber fanden sie mehr Unterstützung als im Wirtschaftsministerium. So konnten hier erste Markteinführungsprogramme initiiert werden, die eingebettet in wissenschaftliche Begleitung als Forschungsprogramm laufen konnten. Ein 100-MW-Programm für Windkraftanlagen, das später auf 250 MW ausgeweitet wurde, machte den Anfang. Für die Photovoltaik wurde das 1000-Dächer-Programm mit einem Volumen von etwa 3 MW eingerichtet. In der Bevölkerung wurde dies von Anfang an sehr positiv aufgenommen und schon deutlich vor Start des Programms gab es dazu rund 50000 Anfragen. Und als die neuen Bundesländer hinzu kamen, wurde es auf 2250 Dächer ausgeweitet. 50 Prozent der Kosten einer Solarstromanlage förderte der Bund, 20 Prozent die Länder. Den Rest, im Schnitt etwa 3700 Euro je kW, mussten die Betreiber selbst aufbringen. Refinanzieren konnten sie die Anlagen – zunächst – nicht, denn das ebenfalls 1990 beschlossene Stromeinspeisungsgesetz sicherte zwar erstmals den Betreibern von Erneuerbare-Energien-Anlagen eine gesetzlich geregelte Vergütung zu, doch zumindest bei der Photovoltaik war dies nicht kostendeckend. Etwas Markt durch Forschung Die Begleitforschung zum 1000-Dächer-Programm wurde beim Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg angesiedelt. Für das Mess- und Auswertungsprogramm erhielt das ISE bis Ende 1997 einen bezahlten Auftrag. Die Betreiber wurden verpflichtet, ihre Messdaten regelmäßig abzulesen und dem ISE zu übermitteln. „Die Daten kamen meist per Brief oder auch Fax“, erinnert sich Klaus Kiefer, der von Beginn an das 1000-Dächer-Programm begleitete. Kiefer leitet heute am ISE die Abteilung für Qualitätssicherung von PV-Modulen und -Kraftwerken. Leider sei 1997 entschieden worden, das Monitoring nicht weiter laufen zu lassen, sagt Kiefer: „Heute wäre man froh um die Daten.“ Allerdings habe das ISE aus eigenem Interesse einzelne Anlagen weiter beobachtet – und dies bis heute. So zeige eine Anlage im schleswig-holsteinischen Klausdorf, die 1993 im Rahmen des 1000-Dächer-Programms installiert wurde, weiterhin eine gute Performance Ratio von meist knapp unter 80 Prozent. In den beiden besten Jahren 1997 und 2003 produzierte die Anlage 912,7 und 917,2 Kilowattstunden Strom je kW. Weder Module noch Wechselrichter seien während der bisherigen Betriebszeit ausgetauscht worden. Das war nicht bei allen Anlagen der Fall. Prof. Udo Rindelhardt bilanzierte 2012 für die SAENA GmbH die 20-jährige Erfahrung mit dem 1000-Dächer-Programm in Sachsen. Nach Aussage von Rindelhardt hat es bei einzelnen Modulen technische Probleme gegeben, so dass sie ausgetauscht wurden. Auch in Sachsen laufen einige Wechselrichter bis heute: Bei 102 Anlagen waren es nach etwa 20 Jahren immerhin noch 55. So war das Programm vor allem für die Hersteller von Wechselrichtern wichtig. Es wurde erstmals ein Markt für kleine Wechselrichter geschaffen. Für die Modulhersteller habe das Programm dagegen keinen Einfluss auf die Produktion gehabt, sagt Winfried Hoffmann, der zu dieser Zeit die Solar­sparte von Nukem leitete. Gemessen am Weltmarkt sei das durch das Programm induzierte Volumen mit jährlich etwa 2 MW zu gering gewesen. Und dann sei es ohne Anschluss beendet worden. PV-Anlagen wurden dann fast nur noch in Kommunen mit kostendeckender Vergütung errichtet. Aus Sicht von Kiefer wurde mit dem Programm ein wichtiger Schritt von der Forschung in die Praxis getan. Es seien wichtige technische Erfahrungen gesammelt worden. Und es sei demonstriert worden, „dass Photovoltaik überhaupt funktioniert, dass Module Wind und Hagel aushalten.“ Text: Andreas Witt

Schließen