Mátrai Erőmű nimmt größte Photovoltaik-Anlage Ungarns in Betrieb; 16 MW auf dem Gelände eines Kohlekraftwerks

Auf dem Gelände des ungarischen Kohlekraftwerks Mátrai Erőmű (MERT) in Visonta im Nordosten des Landes ist eine Photovoltaik-Anlage in Betrieb genommen worden, die als die größte ihrer Art in Ungarn gilt, berichtet der Wirtschaftsinformationsdienst nov-ost.info.

Medienberichten zufolge beliefen sich die Kosten für das Photovoltaik-Kraftwerk mit einer Leistung von 16 Megawatt (MW) auf rund 21 Millionen Euro (6,5 Mrd. HUF). Dafür wurden auf einer 30 Hektar großen ehemaligen Trübedeponie insgesamt 72.480 polykristalline PV-Module installiert, die rechnerisch etwa 4.000 Haushalte mit Solarstrom versorgen können.
Das Vorhaben wurde zu 50 % mit Eigenmitteln finanziert, hinzu kam eine Förderung durch Steuervergünstigungen. Errichtet wurde die Anlage von einem Konsortium aus der ungarischen Wire-Vill, der österreichischen Niederlassung von IBC Solar und der rumänischen Energobit.
Die für den Anschluss ans nationale Stromnetz notwendigen Transformatoren wurden von der CG Electric Systems Hungary geliefert, der früheren Ganz Villamossági Művek.

Photovoltaik-Anlage macht MERT zum größten Kraftwerk in Mittelosteuropa, das konventionelle und erneuerbare Energieerzeugung kombiniert
Mit der PV-Anlage will MERT den Anteil erneuerbarer Energien an ihrer Stromerzeugung erhöhen. Das Kraftwerk wird mit Braunkohle befeuert, doch bereits jetzt wird zu 8 % auch Biomasse genutzt. Durch die Inbetriebnahme der PV-Anlage gilt MERT nun als das größte Kraftwerk in Mittelosteuropa, das die konventionelle und die erneuerbare Energieerzeugung verbindet. Außerdem können durch diese Investition die CO2-Emissionen Ungarns um etwa 24.000 t gesenkt werden.
„Wir bleiben im Land und wollen die Zukunft der Energiewirtschaft Ungarns mit allen Beteiligten des hiesigen Energiesektors gemeinsam gestalten“, sagte Marie-Theres Thiell, MERT-Aufsichtsratschefin und Geschäftsführerin des Mehrheitseigentümers RWE Hungária, der seit 20 Jahren in Ungarn präsent ist.
Man sei auf diese jüngste Anlage heute innerhalb der RWE-Gruppe ganz besonders stolz, obwohl die Energiebranche in Ungarn im Jahr 2013, als das Projekt beschlossen wurde, von erheblichen Turbulenzen gekennzeichnet gewesen sei; daher sei der deutsche Mutterkonzern RWE damals skeptisch gegenüber weiteren Investitionen im Land gewesen.

RWE und EnBW halten Mehrheit der Anteile an MERT
Das 950 MW-Kohlekraftwerk MERT in Visonta im Mátra-Gebirge gilt nach Ungarns einzigem AKW in Paks als zweitgrößter Stromerzeuger des Landes, das knapp 15 % des ungarischen Strombedarfs deckt und an der Stromerzeugung Ungarns mit über 20 % beteiligt ist. MERT beschäftigt 2.100 Mitarbeiter und erzielte 2014 einen Gewinn von 8,9 Mrd. HUF (28,8 Mio. EUR) bei einem Umsatz von etwa 101,5 Mrd. HUF (328,5 Mio. EUR).
An MERT ist der deutsche Energiekonzern RWE zu 51 % beteiligt, weitere 22 % gehören der baden-württembergischen EnBW, während das staatliche ungarische Energieunternehmen MVM eine Sperrminorität von 26 % hält, seine Anteile jedoch letzten Meldungen zufolge auf 49 % erhöhen wird.

Photovoltaik-Potenzial Ungarns deutlich höher als das vieler anderer europäischen Länder
Zwar steigen die installierten Photovoltaik-Kapazitäten in Ungarn mit der Inbetriebnahme der Anlage in Visonta gegenüber Ende 2014 um etwa 20 %, doch bleibt der Rückstand des Landes im Vergleich mit anderen Ländern der Region enorm.
Dabei ist Solarenergie nach Angaben des Branchenverbands Magyar Napenergia Társaság die größte – nur eben kaum genutzte – Energiequelle Ungarns. Nach Schätzungen der Verbandsexperten entspricht die Sonneneinstrahlung, die das Land erreicht, etwa dem 3.000-fachen des ungarischen Stromverbrauchs; die für Photovoltaikanlagen geeigneten Flächen werden auf insgesamt 4.000 km² geschätzt.
Folglich sei das PV-Potenzial Ungarns deutlich höher als das vieler europäischer Länder und entspreche dem Zwölffachen des jährlichen Strombedarfs des Landes.
Dennoch verfügte Ungarn Ende 2014 lediglich über 80 MW installierte PV-Kapazität, dieser Wert liegt in Tschechien bei 2.061 MW, in Rumänien bei 1.292 MW, in Bulgarien bei 1.020 MW, in Österreich bei 770 MW und in der Slowakei bei 590 MW.
Vergleicht man diese Kapazitäten in Relation mit der Einwohnerzahl, so komme Tschechien auf 200 Watt pro Kopf, Bulgarien auf 140, die Slowakei auf 109, Österreich auf 90 und Rumänien auf 65 W pro Kopf, während Ungarn nur 8 W je Einwohner aufweisen kann.

Komplizierte Genehmigungsverfahren für Photovoltaik
Die Gründe für dieses schlechte Abschneiden sieht Zoltán Orosz, strategischer Leiter bei MERT, zum Teil im komplizierten Genehmigungsverfahren für Photovoltaik-Kapazitäten über 500 kW. Die Erfahrungen, die sein Unternehmen mit dem aktuellen Projekt gemacht habe, könnten jedoch für andere Investoren von Nutzen sein und die Solar-Branche in Ungarn beflügeln. Außerdem plane MERT selbst weitere ähnliche Projekte: Der Kraftwerksbetreiber verfüge über mehrere geeignete Areale, auf denen PV-Anlagen mit vergleichbarer Kapazität installiert werden könnten.
Die Vorbereitungen für das nächste Vorhaben seien bereits im Gange, die Anlage soll frühestens 2017 ans Netz gehen.
Darüber hinaus befinden sich auch andere Projekte in Ungarn in der Vorbereitungsphase: Der Wasserbetrieb Duna Menti Regionális Vízmű beispielsweise will demnächst an 25 seiner Standorte kleinere PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von knapp 8 MW installieren.

20.10.2015 | Quelle: nov-ost.info; Bild: MERT | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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