Wetterfrosch zieht in die Heizung ein

Solarthemen 459. Heizungsanbieter bereiten sich auf die nächste Stufe des schlauen Heizens vor. Spätestens zur nächsten ISH im Jahr 2017 wollen die großen Hersteller Heizungsregelungen auf den Markt bringen, die aufgrund von aktuellen Wetterprognosen vorausschauend ein Heizungssystem regeln können. Auch die Effizienz der Solarenergienutzung kann das weiter voranbringen.

Schon seit einigen Jahren können die Regler moderner Kombi-Solarheizungen bereits die Nachheizung des Solartanks unterdrücken, wenn das System für den Tag mit einer guten Solareinstrahlung rechnet. Gute Heizungsregelungen lernen auch bereits selbstständig, wie träge das Heizungssystem auf Temperaturanforderungen reagiert und wärmen beispielsweise eine Fußbodenheizung je nach Bedarf und Außentemperatur entsprechend lange vor, um zur programmierten Zeit eine bestimmte Solltemperatur zu erreichen. Smart Heating ist das Stichwort mit dem die Branche solche kleinen Wunder künstlicher Intelligenz beschreibt, die den meisten Nutzern kaum bewusst sind. Und genau so sei es gedacht, sagt Jörg Bonkowski, Pressesprecher der Bosch Thermotechnik GmbH: „Wir tendieren zu der Auffassung, dass die Regelungen dies besser können als der Mensch.“ Bislang werten die schlauen Regler dazu vor allem Daten aus, die von Temperaturfühlern und anderen Sensoren im Heizungssystem selbst oder im Gebäude gewonnen werden. Auch Prognosen beispielsweise über die Solargewinne und typische Wärmenutzungen im Gebäude werden aus Temperaturverläufen und Betriebszuständen der vergangenen Tage gewonnen. Scheint zum Beispiel morgens die Sonne, erkennt die Regelung die Erwärmung des Kollektors und errechnet den momentanen Solarertrag. Dieser Wert wird mit den gespeicherten Erfahrungswerten verglichen. Das funktioniert auch bei passiven Solareinträgen über Fenster. Hardware steht schon bereit Inzwischen gibt es auch erste mit dem Internet verbundene neue Heizungsregler wie den CT 100 von Junkers oder die Vitotronic 200 von Viessmann, die mit den Zentralrechnern der Heizungshersteller verbunden und somit in der Lage sind, aktuelle Ist-Wetterdaten externer Quellen zu verarbeiten. Der Übergang zur Nutzung von Wetterprognosen ist hier nur noch ein kleiner Schritt, an dessen Markteinführung die Hersteller bereits arbeiten. In der Hardware ist das schon vorgesehen. „Der Raumregler CT 100 wird in einer Ausbaustufe auch zukünftige Wetterdaten in die Regelungslogik integrieren“, sagt Jörg Bonkowski von Bosch. Carsten Kuhlmann, Solarspezialist bei Viessmann, beschreibt diesen nächsten Evolutionsschritt der aktuell „selbstlernenden“ Heizung mit einem Augenzwinkern als die „selbstfragende Heizung“. Die fragt nicht nur, ob die Hausbewohner – respektive ihre Handys – gerade zuhause sind, sondern auch zum Beispiel wie das Wetter morgen wird. Kuhlmann ist sicher, dass auf dem nächsten großen Branchentreff, der ISH im Frühjahr 2017, solche Systeme, die auch Wetterprognosen verarbeiten, bereits auf breiter Front zu sehen sein werden. Die Wetterdaten dafür kommen von spezialisierten Dienstleistern, die heute bereits Energieversorger bei der vorausschauenden Steuerung ihres Kraftwerksparks oder EEG-Direktvermarkter bei der Regelung ihrer virtuellen Kraftwerke unterstützen. Thomas Landgraf, Geschäftsführer der enercast GmbH in Kassel, bestätigt: „Ja, wir können für solche Systeme die intelligenten Wettersignale liefern.“ Neben Sonneneinstrahlung und Außentemperatur könne beispielsweise auch der Windchill für die vorausschauende Heizungsoptimierung ein Thema sein. Und zwar ein je nach geografischer Lage des Gebäudes zu berechnendes. Mangels größerer Speicher gehe es bei den meisten Gebäuden nur um eine Prognose für den aktuellen oder den laufenden Tag, so Landgraf: „Gerade die Intraday-Prognosen sind schon sehr genau.“ Wetterkundige und Entwickler von Heizungsreglern hätten allerdings noch einiges zu tun, „um die große Menge an Physik und Statistik, die darin steckt, für die Maschine zu übersetzen.“ Text: Guido Bröer

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