Geosolares Wohngebiet in Kassel

Solarthemen 460.Der Ortsbeirat im Kasseler Stadtteil Harleshausen hat in der vergangenen Woche den Bebauungsplan für ein Wohn­gebiet beschlossen, das aus einem solar regenerierten Erdson­den­feld über eine zentrale Wärmepumpe und ein Niedertempera­tur­netz versorgt werden soll.

Obwohl die Gebäude nur dem ab 2016 geltenden EnEV-Gebäude-Standard (heute KfW-70) entsprächen, solle eine weitgehend klimaneutrale Siedlung entstehen, betonte der Kasseler Stadtbaurat Christof Nolda gegenüber den Solarthemen: „Wir wollten mit einem sehr breiten Variantenabgleich eine CO2-neutrale Siedlung zu möglichst günstigen Kosten entwickeln.“ Das dies ohne Passivhäuser geschehe, ist für Nolda eine wichtige Botschaft: „Wir sind inzwischen so gut, dass wir die Leitern beim Gebäudestandard gar nicht mehr so hoch klettern müssen.“ Das Energiekonzept für die in Deutschland einzigartige Siedlung wird vom Fraunhofer Ins­titut für Bauphysik (IBP) und dem Institut dezentrale Energien (IdE) der Uni Kassel zusammen mit den Städtischen Werken Kassel entwickelt. Professor Klaus Vajen vom IdE hält dieses Projekt für gut übertragbar: „Es könnte eine Blaupause werden für ein kostengünstiges nahezu klimaneutrales Bauen.“ In einer Machbarkeitsstudie, die vom Bund unterstützt wurde, zeigte die Wissenschaftlergruppe um Dietrich Schmidt vom IBP und Klaus Vajen, dass die geosolare Energieversorgung sogar kostengünstiger ist als eine Referenzlösung mit Gasbrennwertkesseln. Das Geheimnis dabei sei das Zusammenspiel des gesamten Systems, so Vajen: Das Wärmenetz für 180 bis 200 Wohneinheiten und rund 400 Bewohner soll auch im Winter mit maximal 40 Grad betrieben werden. Im Sommer wird es stillgelegt, was die Wärmeverluste minimiert. Das Warmwasser wird in den Wohngebäuden dezentral über Solarthermie erwärmt und notfalls über Durchlauferhitzer oder Heiz­stäbe elektrisch nachgeheizt. Das Erdsondenfeld soll in den Sommermonaten Solarwärme aus einem unverglasten Großflächenkollektor speichern und so regeneriert werden. „Bei diesem niedrigen Temperaturniveau wären verglaste Kollektoren unnötig und zu teuer“, sagt Solarexperte Vajen. Seit Anfang November läuft jetzt ein weiteres zweijähriges, vom Bund gefördertes Forschungsprojekt, in dem Stadtwerk und Institute Detailfragen klären wollen. Es geht dabei im Wesentlichen um das Zusammenspiel von Einzelkomponenten der Heizung sowie die solare Energiegewinnung. Aber auch ein geeignetes Tarifsystem soll noch entwickelt werden. Im Entwurf des Bebauungsplans hat die Stadt nun mit Hinweis auf Kassels Status als Vorranggebiet für Luftreinhaltung ein Verbot von fossilen Brennstoffen festgelegt. Außerdem wird Bauherren auferlegt, eine Übergabestation für Fernwärme zu installieren und die Gebäudestatik ausreichend für eine Solaranlage auszulegen. Einen Anschlusszwang an das Wärmenetz soll es nicht geben. Text:Guido Bröer

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