EEG 2016: Wind- und Sonne sollen Konkurrenten werden
„Wir lassen uns nicht auseinander dividieren“, beschwört deshalb Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Erneuerbare Energien, den Gemeinsinn der Regenerativbranche. Und auch Wolfram Axthelm, Pressesprecher des Bundesverbandes Windenergie (BWE), konstatiert: „Da wird der Versuch gemacht, die erneuerbaren Energien gegeneinander auszuspielen.“ Anstoß nehmen beide an dem neuesten Eckpunktepapier aus dem Bundeswirtschaftsministerium von Sigmar Gabriel, in dem dieser bereits recht genau beschreibt, wie er sich die Novelle des EEG im kommenden Jahr vorstellt. Auf den ersten Blick bleibt es hier bei der bereits im Juli vorgestellten Linie. So sollen Anlagen unterhalb von 1 MW generell von Ausschreibungen ausgenommen werden. Eine von der Branche sowie den Bundesländern geforderte Anhebung dieser Grenze für Wind auf die von der EU-Kommission ausdrücklich zugelassene De-Minimis-Marke von 6 MW und 6 Anlagen lehnt das BMWi erwartungsgemäß nach wie vor ab. Neues Referenzertragsmodell Gehör fand der Bundesverband Windenergie hingegen mit seinem Vorschlag für die Umstellung des zweistufigen auf ein einstufiges Referenzertragsmodell (vgl. Solarthemen 458) für alle auszuschreibenden Anlagen. Was die Branchenverbände aktuell erregt, ist aber die Art und Weise, in der die Bundesregierung ihr im EEG 2014 selbst gestecktes Ziel von 40 bis 45 Prozent erneuerbare Energien im Jahr 2025 absolut setzen will. Dass der heutige erneuerbare Stromanteil von 33 Prozent im Laufe der kommenden 10 Jahre möglichst nicht um weniger als 7 Prozent aber auch auf keinen Fall um mehr als 12 Prozent zulegen soll, das soll über die Ausschreibungsmenge sicher gestellt werden. Allein im laufenden Jahr wurde ein Zuwachs von 6 Prozent erreicht – vor allem dank des Zubaus von Windkraftanlagen auf See und an Land. BMWi will Windmarkt bremsen Sollte es nicht gelingen, die Anteile von Strom im Wärme- und Verkehrssektor sehr schnell stark zu steigern, wovon aktuell kaum ein Experte ausgeht, so müsste die Bundesregierung zur Umsetzung ihrer Eckpunkte die aktuelle Ausbaudynamik im Windsektor massiv bremsen. Wurden im Jahr 2014 laut Statistik der Branchenverbände VDMA und BWE 4386 Megawatt (MW) Wind zugebaut und sollen es im laufenden Jahr laut BWE-Prognose rund 4250 MW werden, so will das BMWi 2017 nur noch 2900 MW brutto ausschreiben, wovon die „repowerten“, also abgebauten Anlagen noch abzuziehen sind (siehe Grafik). Später würden es voraussichtlich noch deutlich weniger MW sein, denn dann käme eine Formel zum Tragen, die das Ministerium ins Gesetz schreiben möchte und mit der sie Windkraft an Land gewissermaßen zum Puffer für die anderen Erneuerbare-Energien-Sektoren und die Stromerzeugung im Bestand machen will, aber auch für das Repowering im Windsektor selbst. Nach dieser Formel ergibt sich die jährliche Zubauleistung bei Wind onshore aus dem noch fehlenden Regenerativstromanteil bis zum Jahr 2025, nachdem zuvor die Strommenge aller anderen Erneuerbare Energie-Technologien im Bestand und Neubau abgezogen wurde. „Die Formel ist Murks“ Dieses Aufrechnen der Erneuerbaren gegeneinander ist es, was die Verbände als geradezu perfide empfinden. Sollte sich beispielsweise die Offshore-Windkraft, für die die Ausschreibungspflicht erst 2020 beginnen soll, bis dahin schneller entwickeln oder sollte die Photovoltaik – und sei es durch Eigenverbrauchs- oder Mieterstrom-Anlagen – deutlich erstarken, so würde sich damit automatisch die ausgeschriebene Menge im Land-Wind-Sektor verringern. „Die Formel ist Murks. Die darf nicht ins Gesetz – da sind wir uns mit allen anderen Branchenverbänden einig“, sagt Solarlobbyist Körnig. Die Branchenverbände hoffen in diesem Punkt auf Unterstützung durch die Bundesländer. Carsten Pfeiffer, Leiter Strategie und Politik beim Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) sagt: „Das BMWi hat den Ländern den Kompromiss aus dem EEG 2014 gekündigt.“ Damals hatte sich der Bund mit den Ministerpräsidenten auf einen Ausbaukorridor von jährlich 2,5 MW geeinigt – und zwar ausdrücklich netto, also zuzüglich der repowerten Leistung. Nun will das BMWi lediglich noch eine Mindestausschreibung von 2000 MW Wind an Land garantieren – allerdings brutto, das heißt die repowerte Menge wird nicht hinzugezählt. Carsten Körnig vom Solarverband BSW erinnert daran, dass neben den Ausschreibungsmengen weiterhin laut BMWi-Papier auch die Korridore im EEG gelten sollen, die für die Degression der Förderung bei den kleineren Anlagen und auch für die Bestimmung der maximalen Förderung über Ausschreibungen sorgen sollen: „Und natürlich können wir mit jeweils 2,5 Gigawatt Photovoltaik und Wind an Land die Ziele der Energiewende nicht erreichen.“ PV nicht auf der sicheren Seite Trotz aller Kritik seien allerdings für die Solarbranche sinnvolle Details in die Eckpunkte hinein verhandelt worden. Neben der bestätigten 1-MW-Grenze für Ausschreibungen, die Gabriel bereits im Juni genannt hatte, nennt Körnig vor allem den verkürzten Bemessungszeitraum für die Degression der Vergütung. Künftig solle nicht mehr das Marktvolumen innerhalb von 12, sondern nur noch innerhalb von 6 Monaten zum Maßstab genommen werden – der BSW plädiert für einen noch kürzeren Zeitraum von 4 Monaten. Unterhalb von 2000 MW jährlichem Ausbau kündigt das BMWi außerdem an, die Degression schneller sinken zu lassen. Körnig warnt allerdings davor, die Eckpunkte schon mit dem künftigen Gesetz zu verwechseln. „Bislang haben wir noch nicht einmal einen Gesetzentwurf, und wir können nur hoffen, dass die Abgeordneten im parlamentarischen Verfahren die Tatsache akzeptieren werden, dass eine Ausschreibung von Dachanlagen unterhalb von 1 MW einfach keinen Sinn macht.“ Ausgeschrieben werden sollen laut BMWi 500 MW, also 100 MW mehr als bisher. Dafür kommen große Dachanlagen über 1 MW und Kraftwerke auf baulichen Anlagen wie Deponien oder Lärmschutzwällen hinzu. Körnig fordert, dass hier noch ein Korrekturfaktor zwischen Dach- und Freilandanlagen berücksichtigt werden müsse, weil sonst aufgrund der höheren Kosten große Dachanlagen keine Chance hätten. Zeitplan des Ministers Schon im Januar will Gabriel den ersten offiziellen Referentenentwurf des EEG 2016 vorlegen, um im Februar – also noch vor den Landtagswahlen im März in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt – mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer die Novelle weitgehend unter Dach und Fach zu bringen. So hatte er es auch mit dem EEG 2014 erfolgreich praktiziert. Zwar haben die Bundesländer beim EEG formal keine Entscheidungsbefugnis. Gleichwohl könnten sie das Gesetzgebungsverfahren massiv erschweren und Gabriels ehrgeizigen Zeitplan torpedieren. Im Sommer 2016 soll das Gesetzgebungsverfahren nach den Vorstellungen des Ministeriums abgeschlossen sein und Ende 2016/Anfang 2017 sollen dann schon die ersten Ausschreibungsrunden beginnen. Text:Guido Bröer